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Ein skandaloeser Kuss

Ein skandaloeser Kuss

Titel: Ein skandaloeser Kuss
Autoren: Margaret Moore
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während Sie das arme Tier von seinem Elend erlösen“, bot der junge Gentleman an.
    „Sie wollen, dass ich den Gaul erschieße?“ Der Begleitreiter schüttelte entgeistert den Kopf. „Ausgeschlossen. Mich am Eigentum der Krone vergreifen? Das wäre ja noch schöner! Davon abgesehen bin ich für die Post zuständig, nicht für die Pferde.“
    „Das Tier hat ein gebrochenes Bein. Da kann man sicher eine Ausnahme machen.“
    „Ich sage Ihnen doch, ich bin für die Post zuständig, nicht für das Gespann!“
    „Und ich weigere mich mit anzusehen, wie das arme Geschöpf unnötig leidet.“
    „ Sie weigern sich …? Wer zum Teufel sind Sie?“
    „Halten Sie das Maul, Snicks“, rief der Kutscher dazwischen, „und lassen Sie den Viscount tun, was getan werden muss.“
    Er war ein Viscount? Ein Viscount hatte sie geküsst?
    „Wenn nötig, zahle ich für das Pferd.“ Der junge Adlige machte eine so grimmige Miene, als er auf die umgekippte Kutsche zumarschierte, dass man hätte meinen können, es mit einem komplett anderen Menschen zu tun zu haben.
    Der Begleitreiter schwieg, als der Viscount den Waffenkasten öffnete und eine Pistole herausnahm, die, ebenso wie die Donnerbüchse, aussah, als stamme sie aus dem vorigen Jahrhundert.
    Die Hand mit der Waffe hinter dem Rücken haltend, trat der Viscount vor das verletzte Tier. Er murmelte etwas, das wie eine Bitte um Verzeihung klang, dann hob er die Pistole, zielte zwischen die großen, klaren braunen Augen und schoss.
    „Ging nicht anders“, murmelte der Kutscher rau. „Dem Gaul war nicht mehr zu helfen.“
    Ja, das stimmte wohl. Nell wandte sich wieder Thompkins’ Kopfwunde zu und fuhr fort, das Blut abzutupfen. Das Herz war ihr schwer, wenn sie an das bedauernswerte Tier dachte und an den Mann, der es hatte erschießen müssen.
    Der Viscount steckte sich die Pistole in den Hosenbund und kam zu ihr und dem Kutscher zurück. Mit der Waffe, der sonnengebräunten Haut und dem unordentlichen Haar sah er aus wie ein sehr attraktiver, sehr eleganter Pirat.
    Pirat. Die See. Ein Viscount, der sich mit Spinnen beschäftigte. Spinnen, die aus Übersee stammten …
    Du liebe Güte! Er musste Lord Bromwell sein, der Naturforscher, der durch sein Buch über seine Reiseabenteuer in aller Welt zum Stolz der Londoner feinen Gesellschaft und zum Liebling der Klatschpresse geworden war. Wie so viele andere, hatte auch Lady Sturmpole Das Spinnennetz besessen und darüber geredet, ohne sich indes die Mühe gemacht zu haben, das Werk zu lesen.
    Kein Wunder, dass er trotz der misslichen Lage so gelassen blieb. Ein Mann, der einen Schiffbruch und die Angriffe von Kannibalen überlebt hatte, steckte einen Kutschenunfall sicher spielend weg. Und was den Kuss anging – zweifellos sah er sich häufig weiblicher Aufmerksamkeit und Begierde ausgesetzt, und wahrscheinlich hatte er gedacht, sie gehöre auch zu den Frauen, die sich ihm scharenweise an den Hals warfen, betört von seinem guten Aussehen und seiner Berühmtheit.
    Und weil er berühmt war, würde die Presse sich gewiss für den Postkutschenunfall interessieren. Und möglicherweise herausfinden, dass es außer ihm noch einen Fahrgast gegeben hatte, nach ihrem Namen und ihrem Reiseziel fragen und den Gründen für ihre Reise …
    Ihr wurde so mulmig bei dem Gedanken, dass sie sich wünschte, diese Kutsche nicht erwischt zu haben, nie nach London gefahren zu sein, nicht Bath als Reiseziel gewählt und vor allem, niemals ihn getroffen zu haben.

2. KAPITEL
    Glücklicherweise bin ich mit einem nüchternen Wesen gesegnet, das mir ohne emotionalen Ballast zu handeln gestattet. Daher blieb ich gelassen, als das Schiff unterging, und versuchte, meinen Kameraden so gut wie möglich zu helfen. Erst nachdem das Schiff gesunken war und der Sturm nachließ, als wir es geschafft hatten, ein paar überlebenswichtige Dinge zu retten und uns auf dem winzigen Eiland im weiten Ozean wiederfanden, legte ich den Kopf auf die Knie und weinte.
    – aus Das Spinnennetz von Lord Bromwell
    G enau wie Bromwell es vermutet hatte, erregte ein unordentlich gekleideter Reiter ohne Hut und ohne Mantel, der auf einem schweißbedeckten Pferd in den Hof des Crown and Lion preschte, beträchtliches Aufsehen.
    Ein Stallknecht, der mit einem Mehlsack über der Schulter auf dem Weg zur Küchentür war, blieb wie angewurzelt stehen und gaffte ihn offenen Mundes an. Zwei nachlässig gekleidete Männer, die im Eingang herumlungerten, reckten die Hälse. Der Waschfrau
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