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Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)
Autoren: Maryla Krüger
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ka-kann hier helfen.“
    „Und was soll ich deiner Mutter sagen? Dass du keine Lust hast, deine gesellschaftlichen Verpflichtungen mit der Familie zu erfüllen und stattdessen lieber auf Geisterjagd gehst? Das kommt gar nicht in Frage.“
    Der Sohn ließ den Kopf hängen.
    „Nun, Sir, wenn Sie gestatten“, sagte ich. „Ich halte es für durchaus erforderlich, dass jemand von der Familie hier vor Ort ist. Nach meinen Erkenntnissen verbessern sich die Resultate einer paranormalen Forschung, wenn ein Mitglied des Hauses sich den Untersuchungen anschließt.“
    Ryan, Lucas und Finn starrten mich an, als hätte ich gerade Materie definiert.
    „Sind Sie sich sicher, Miss Bergman?“, fragte der Duke und warf seinem Sohn einen skeptischen Blick zu.
    „Ich denke, Professor Sutherland würde mir da zustimmen. Was sagst du?“ Ich sah Ryan eindringlich an, und ich konnte mich auch irren, aber ich glaubte, beinahe so etwas wie Bewunderung in seinen Augen zu sehen. Er holte Luft und sagte: „Ich vertraue voll und ganz auf Miss Bergmans Urteil, Sir.“
    „Nun, wenn das so ist“, meinte der Duke, „dann vertraue ich Ihrem Urteil natürlich auch. Du kannst bleiben“, gestattete er seinem Sohn.
    Dieser hob den Blick von seinem Teller, ein kleines, dankbares Lächeln überzog sein Gesicht. Ich schlug die Augen nieder und widmete mich voll und ganz meinem Essen.
    „Das war nett von dir“, sagte Ryan leise, als wir den Speisesaal verließen, und stieß mich vertraulich an.
    „Danke, dass du mitgespielt hast“, erwiderte ich, stieß zurück und lächelte.
    „Das habe ich gern getan. Malcolm ist in Ordnung. Ich kenne ihn schon lange und kann ihn verstehen. Diese blöden Anlässe haben ihm schon immer zu schaffen gemacht. Kein Wunder. Sein Handicap kommt nicht bei jedem so gut an.“
    „Du scheinst dich mit diesen blöden Anlässen auch auszukennen.“
    Sein Lächeln wurde breiter. „Ich bin ein Niemand, Jo“, sagte er, doch sein ganzes Gebaren während des  gesamten Tages entlarvte die Äußerung als Lüge.
    Eine Stunde später, während der ich mit Finn und Olivia in der langgestreckten Ahnengalerie einen amüsanten Spaziergang unternommen hatte, reiste der Duke mit seiner Tochter und der halben Belegschaft ab, und wir trafen uns mit Malcolm und Rupert in der Vorhalle.
    Ich war überrascht, hatte ich doch den Mann, den ich vom Fenster aus gesehen hatte, für Rupert gehalten, doch dieser war graubärtig, klein und etwas rundlich.
    „Ich würde sagen“, brummte er mit unerwartet tiefer Stimme, „wir fangen hier an, gehen in den Ostflügel, über beide Galerien bis hoch in den alten Bedienstetentrakt, von dort in den Westflügel, durch die Privaträume und die Bibliothek zurück. Erst zum Schluss nehmen wir uns die alten Wirtschaftsräume vor.“
    „In welchem Teil befindet sich der eingestürzte Rundbogen?“, fragte Ryan und drehte den Plan in den Händen.
    „In den Wirtschaftsräumen. Unten, neben dem Weinkeller“, entgegnete Rupert, und Malcolm beugte sich über den Plan und wies auf einen Punkt der Skizze. „Da.“
    „Okay, danke, Malcolm! In Ordnung, Rupert! Auf geht’s!“ Er warf Finn einen Blick zu und nickte unauffällig in meine Richtung.
    Als Finn sich kurz darauf scheinbar ohne Absicht an meine Fersen heftete, sprach ich ihn darauf an.
    „Was meinst du denn?“, sagte er. „Pass auf! Stufe.“
    „Na, eure wortlose Absprache eben.“ Ich folgte den anderen in den breiten Säulengang. „Hat er Angst, dass ich mich hier verlaufe oder dass ich in einen Kaminschacht falle?“
    Ich blickte hoch in Finns Gesicht und erkannte, dass ich richtig geraten hatte – in beiderlei Hinsicht.
    „Kleinkarierter Provinzschotte!“, knurrte ich und durchbohrte Ryans Rücken mit einem bösen Blick.
    Finn lachte. „Sei nicht sauer, Darling! Er hat nun mal einen Narren an dir gefressen.“ Er legte seine Hand beschützend in meinen Rücken, und ich überlegte, was dieser Spruch wohl zu bedeuten hatte.

Hundert Flure
    Auf Caitlin Castle schien die Vergangenheit noch immer Gegenwart. Es war wie eine Reise durch die Zeit. Ich hätte mich wahrlich kaum gewundert, wenn irgendwann einer dieser Schotten, die allgegenwärtig waren – auf Gemälden, Gobelins oder in mannshoher Plastik –, in voller Montur um die nächste Ecke gebogen wäre. Überall traf man auf die Geschichte der Menschen, die hier gelebt hatten, und der Staubsauger, der in einem der vielen Korridore verlassen im Weg lag, wirkte geradezu
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