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Ein Earl kommt selten allein

Ein Earl kommt selten allein

Titel: Ein Earl kommt selten allein
Autoren: Lynsay Sands
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Gemahlin
schläft noch. Ihr hättet wirklich einen Boten mit einer Nachricht schicken sollen, dass ihr euch mit ihr treffen wollt. Dann hätte ich einen angemessenen Zeitpunkt für einen solchen Besuch nennen können. Nach dem momentanen Stand der Dinge müsst ihr jetzt wohl ins Stadthaus eures Vaters zurückkehren und diese Nachricht schreiben.«
    »Können wir nicht einfach hochgehen und mit ihr sprechen, Dicky? Wir sind schließlich ihre Schwestern, und es ist wirklich wichtig.« Suzettes Stimme war eine Mischung aus Verzweiflung, Wut und etwas, das Schock sein mochte. Die Wut richtete sich zweifellos gegen Dickys hochtrabende Worte. Wahrscheinlich galt ihnen auch der Schock, dachte Christiana; sie wusste, dass sich der Mann, dem ihre Schwestern jetzt gegenüberstanden, gewaltig von dem unterschied, den sie bis zur Hochzeit erlebt hatten. Christiana hegte keinerlei Zweifel daran, dass sie über die Veränderung genauso verwirrt und verblüfft waren, wie sie es selbst in den ersten sechs Monaten ihrer Ehe gewesen war. Was ihr Sorgen bereitete, war allerdings die Verzweiflung, die ebenfalls mitgeschwungen hatte. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht.
    »Schon gut, Gemahl. Ich bin wach«, rief Christiana, als sie die Treppe erreichte und die Stufen hinunterzugehen begann.
    Dicky drehte sich um und blinzelte zu ihr hoch. Christiana konnte nicht erkennen, ob seine Wut den Worten ihrer Schwestern galt oder ihren eigenen. Dicky legte Wert darauf, dass man ihm gehorchte, und zwar unverzüglich; er würde Suzettes Beharrlichkeit ganz sicher nicht gutheißen. Allerdings wäre er auch alles andere als glücklich darüber, dass sie aufgetaucht war, bevor er Suzette und Lisa hatte wegschicken können, wie er es offenbar bereits mit anderen Besuchern getan hatte.
    Christiana zwang sich zu einem beruhigenden Lächeln, während sie die letzten Stufen hinter sich brachte und zu ihm trat. Ihr Gemahl hatte ein ziemlich aufbrausendes Naturell und konnte gemeine Dinge sagen, wenn man ihn wütend machte. Sie selbst musste mit seinen Beleidigungen und Vorwürfen leben, aber es war nicht recht, dass ihre Schwestern gezwungen waren, seinen Zorn zu ertragen, der ihnen noch dazu entsetzliche Angst machte. Dabei war es weniger die Wut selbst, die Christiana so verstörte, sondern vielmehr ihr enormes Ausmaß. Dicky war ständig in einen dunklen Umhang aus Zorn gehüllt. Wenn er provoziert wurde, rötete sich sein Gesicht und verzerrte sich zu einer angespannten, grausamen Maske, und er fauchte und knurrte mit so viel Bösartigkeit, dass ihm die Speichelfäden förmlich von den Lippen flogen und sich – wie bei einem tollwütigen Hund – in den Mundwinkeln sammelten. Die Gefühle in seinem Innern ließen ihn darüber hinaus zittern, als könnte er sich kaum noch beherrschen und müsste jeden Moment explodieren. Einer solchen Explosion wollte Christiana unbedingt aus dem Weg gehen. Dicky war sehr kräftig, und sie wollte nie die Trümmer sehen müssen, die er bei einem unkontrollierten Wutausbruch zurücklassen würde.
    »Guten Morgen, Dicky«, hauchte Christiana nervös, als sie zu ihm trat. Sie beugte sich vor und gab ihm einen Kuss auf die kalte, harte Wange, als wäre alles in Ordnung und sie würde nicht gerade gegen den starken Drang ankämpfen, vor der brodelnden Wut davonzulaufen, die sie in ihm aufwallen spürte.
    Dicky ging mit keiner Silbe auf ihre Begrüßung ein, sondern fauchte: »Ich hatte deinen Schwestern gerade erklärt, dass es ziemlich unhöflich ist, so früh am Morgen unangemeldet hier aufzutauchen.«
    »Nun, ja, wir gestehen doch aber Familienmitgliedern ein kleines bisschen mehr Spielraum zu, oder?«, fragte Christiana und zuckte zusammen, als sie merkte, wie flehentlich es sogar in ihren eigenen Ohren klang. Es war unmöglich zu überhören, dass sie ihn anbettelte, keine Szene zu machen, und an den Mienen ihrer Schwestern konnte sie nur zu gut erkennen, dass sie dies sehr wohl bemerkten – was genauso demütigend war. Noch demütigender war allerdings, dass sich Dicky entschied, ihre Bitte einfach zu überhören.
    »
Meine
Familie würde nie uneingeladen und ohne Voranmeldung hier auftauchen«, fauchte er und lächelte ihre Schwestern verächtlich an, als wäre ihr Verhalten unter aller Kritik.
    »Natürlich würde deine Familie das nicht tun. Sie sind ja alle tot«, versetzte Suzette, und Christiana starrte sie sofort alarmiert an. Dann schoss ihr Blick besorgt wieder zu Dicky, der die Luft zwischen den Zähnen
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