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Ein diebisches Vergnügen

Ein diebisches Vergnügen

Titel: Ein diebisches Vergnügen
Autoren: P Mayle
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vorschützen«, sagte Sam. »Zeit, sich an die Arbeit zu begeben. Und vergessen Sie nicht, die Scheinwerfer auszuschalten, bevor Sie in die Zufahrt einbiegen.« Bei seiner Antwort versuchte Philippe den Eindruck zu vermitteln, er sei hellwach und zu allen Schandtaten bereit, was auch mäßig gelang. »Drei Minuten, mon général. Ich bringe den Korkenzieher mit. Ende der Durchsage!«
    Sam grinste und schüttelte den Kopf. Sobald der Spuk vorbei war, würde er nach einem traditionsreichen militärischen Orden Ausschau halten – nach einer der höchsten Auszeichnungen Napoleons – und ihn Philippe an die Brust heften, für Verdienste, die weit über das gewöhnliche Maß an Pflichterfüllung hinausgingen. Er hatte ihn sich redlich verdient. Und er würde das verdammte Ding vermutlich sogar tragen.
    Sam eilte die Auffahrt entlang und nahm seine Position im Schatten der Statue von Kaiserin Eugénie ein. Hinter ihm befand sich der riesige schlafende Komplex des Palastes, der bis auf zwei glimmende Lampen über dem Portal unbeleuchtet war; die Umrisse des zweiflügeligen Eingangstores
vor ihm zeichneten sich gegen die Lichter des Boulevards ab, der um diese Zeit wie ausgestorben wirkte. Mit einer stummen Entschuldigung an Kaiserin Eugénie wegen seines dreisten Übergriffs tastete er unter ihrer wallenden Marmorrobe umher, bis seine Hand den Mechanismus fand, den Rebouls Chauffeur betätigt hatte, um das Tor zu öffnen. Er drückte den Knopf, als er auch schon das Geräusch eines Motors hörte, der sich den Hügel hinaufquälte, und sah, wie die beiden Flügel des Tores aufschwangen. Merci, madame.
    Philippe hatte den Blick unverwandt auf Sams Taschenlampe gerichtet, deren Strahl einem Nadelstich glich, und fuhr dicht an den Stapel Kartons heran, der draußen vor der Kellertür aufgestapelt war. Er hatte sich für die nächtliche Expedition von Kopf bis Fuß schwarz vermummt: in einen Ninja-Tarnanzug und in eine eng anliegende Wollkapuze mit Sehschlitzen, wie sie Terroristen und Bankräuber benutzten.
    »Alles in Ordnung«, flüsterte er mit zufriedener Miene. »Ich habe mich vergewissert, dass mir niemand gefolgt ist.«
    Während sie die Kartons einluden, ließ Sam so taktvoll wie möglich anklingen, dass die Kapuze auf einer öffentlichen Straße Aufmerksamkeit der falschen Art erregen könnte. Philippe gab sich die größte Mühe, seine Enttäuschung zu verbergen, und nahm sie ab, bevor er auf dem Fahrersitz Platz nahm. Er spähte durch die Windschutzscheibe zum Eingangstor hinüber. » Merde! Das Tor ist geschlossen.« Er schien in sich zusammenzusacken, am Ende aller Hoffnungen auf seine große Titelstory.
    »Eine Zeitschaltuhr«, erklärte Sam aufreizend ruhig. »Ich mach das schon. Unten an der Statue steige ich wieder zu.«
    Langsam fuhren sie durch das Tor; Philippe schaltete das Licht wieder ein, und der Lieferwagen rumpelte über die
menschenleeren Straßen, den Wegweisern folgend, die sie aus Marseille heraus in Richtung Autobahn führten.
    Sam sank auf seinem Sitz zusammen, wie benommen von dem überwältigenden Gefühl der Erleichterung, das ihn überkam. Der schwierigste Teil der Aufgabe war geschafft. Die losen Enden miteinander zu verknüpfen würde das reinste Vergnügen sein. »Haben Sie mit Sophie gesprochen? Alles okay mit ihr?«
    »Alles bestens, würde ich sagen. Sie hat mich gestern Nacht noch angerufen. Nach einem Drink im Hotel hat Vial sie zum Essen ins Le Petit Nice eingeladen, ein Gourmetrestaurant im gleichnamigen Hotel an der Corniche. Der Küchenchef hat gerade seinen dritten Michelin-Stern erhalten – es heißt, dass er Fischgerichte zaubert, von denen man nur träumen kann. Wie dem auch sei, sie hat sich jedenfalls prächtig amüsiert. Ich glaube, sie findet Vial sehr sympathisch. Ich habe ihr gesagt, dass ich anrufe, falls es ein Problem geben sollte, notfalls auch nachts, oder am Morgen, wenn alles gut gegangen ist.« Philippe hielt an der Zufahrt zur autoroute , um aus dem Automaten an der Mautstation ein Billett zu ziehen. Sie fuhren in nördliche Richtung und hatten das breite Band der Straße ganz für sich allein. »Sophie ist ein Schatz. Von Zeit zu Zeit ein wenig rechthaberisch, aber ansonsten eine Frau, mit der man Pferde stehlen kann. Ich kannte sie bisher nur oberflächlich – Sie wissen ja, wie das so ist mit Cousinen. Auch wenn sie zur Familie gehören, trifft man sich nur zu Hochzeiten und Beerdigungen, wo sich alle mustergültig benehmen. In Amerika ist es bestimmt
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