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Ein diebisches Vergnügen

Ein diebisches Vergnügen

Titel: Ein diebisches Vergnügen
Autoren: P Mayle
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Genau genommen wurde sie ihrer Aufgabenstellung nicht ganz gerecht. Ihre Rechtschreibung war beklagenswert, ihr Gedächtnis gelegentlich ziemlich bruchstückhaft und ihre Einstellung gegenüber einem Großteil seiner Mandanten von hoheitsvoller Verachtung geprägt. Dennoch hatte sie auch ihre guten Seiten, sozusagen als Trostpflaster: Sie besaß höchst ansehnliche Beine, lang und permanent gebräunt, die durch den unerschöpflichen Fundus an Schuhen mit zehn Zentimeter hohen Absätzen noch länger wirkten. Und sie war die Tochter von Myron Volpé, dem derzeitigen Oberhaupt der Volpé-Dynastie, die vor zwei Jahren die Filmindustrie aufgemischt hatte und als heimlicher Drahtzieher hinter den Kulissen noch heute über beträchtlichen Einfluss verfügte. Die Volpés waren, wie Cecilia bisweilen verlauten ließ, die Entsprechung einer königlichen Familie in Hollywood.
    Und so nahm Roth die Schwächen seiner Sekretärin – endlose persönliche Telefongespräche, ständige Schminkpausen und eine barbarische Rechtschreibung – klaglos in Kauf. Sie verfügte nun einmal über erstklassige Verbindungen. Cecilia selbst sah in der Arbeit wohl eher einen Zeitvertreib
zwischen zwei Verabredungen, mit Aufgaben, die weitgehend dekorativer und repräsentativer Natur waren. Roths Kanzlei bot ihr eine gesellschaftlich annehmbare Operationsbasis (sie hatte ihre eigene persönliche Assistentin, die sich der ermüdenden, wenngleich unerlässlichen Einzelheiten annahm) und gelegentlich den Nervenkitzel eines hautnahen Kontakts mit den Berühmten und Berüchtigten, aus denen sich Roths Klientel zusammensetzte.
    Die Reibungen zwischen Roth und Cecilia waren gelinde und normalerweise auf einen kurzen verbalen Schlagabtausch wegen der Termine zu Beginn eines jeden Arbeitstages beschränkt. So auch heute Morgen.
    »Hören Sie«, sagte Roth, als er einen Blick auf den ersten Namen in seinem Terminkalender warf, ein abgehalfterter Filmschauspieler, der jetzt eine zweite Karriere beim Fernsehen genoss. »Ich weiß, dass er nicht zu Ihren Lieblingsmandanten gehört, aber es würde Sie nicht umbringen, ein wenig netter zu ihm zu sein. Ein Lächeln, das ist alles.«
    Cecilia verdrehte schaudernd die Augen.
    »Ich verlange ja kein herzliches Lächeln. Nur ein freundliches. Übrigens, was stimmt denn nicht mit ihm?«
    »Er nennt mich ›Babe‹ und versucht ständig, mir den Hintern zu tätscheln.«
    Roth konnte es ihm nicht verübeln. Seine eigenen Gedanken schweiften ziemlich häufig in diese Richtung ab. »Das ist nichts weiter als kindliche Begeisterung«, erwiderte er. »Jugendlicher Übermut.«
    »Danny.« Sie verdrehte abermals die Augen. »Er ist zweiundsechzig, behauptet er.«
    »Schon gut, schon gut. Dann muss ich mich eben mit eisiger Höflichkeit abfinden. Übrigens – mir schwebt da ein privates Projekt vor, bei dem ich Ihre Hilfe gebrauchen könnte,
eine Lifestyle-Kampagne mit einem berühmten Zugpferd im Mittelpunkt. Ich denke, das ist der richtige Augenblick, an die Öffentlichkeit zu gehen.«
    Cecilias Augenbrauen, zwei perfekt gezupfte Bögen, schnellten in die Höhe. »Wer ist das Zugpferd?«
    Roth überhörte die Bemerkung geflissentlich. »Sie wissen ja, dass ich diese sagenhafte Weinsammlung besitze«, fuhr er fort. Er hielt vergebens nach einer Veränderung in Cecilias Gesichtsausdruck Ausschau, einem kaum merklichen Zittern der ungerührten Augenbrauen, das Hochachtung verriet. »Nun, sie befindet sich jedenfalls in meinem Besitz, und ich bin bereit, ein Exklusivinterview in meinem Keller zu geben, einem Journalisten von Rang und Namen, versteht sich. Der springende Punkt ist: Ich bin nicht nur ein Erfolgsmensch, sondern auch ein Connaisseur, ein Mann mit Geschmack, der die erlesenen Dinge des Lebens zu schätzen weiß – Châteaus, Jahrgänge, Bordeaux, den ganzen französischen Bockmist, der wie ein Spinnennetz miteinander verwoben ist. Was halten Sie von der Idee?«
    Cecilia zuckte die Schultern. »Da sind Sie nicht der Einzige. In L.A. wimmelt es von Weinfreaks.«
    Roth schüttelte den Kopf. »Sie verstehen offenbar nicht. Es handelt sich um eine einzigartige Sammlung. Sie enthält rote Bordeaux-Weine, Erste Lage, erstklassige Jahrgänge – über fünfhundert Flaschen.« Er machte eine Pause, des Effekts wegen. »Der Wert beläuft sich auf mehr als drei Millionen Dollar.«
    Drei Millionen Dollar stellten eine Größenordnung dar, die offenbar auch Cecilia Respekt abverlangte. »Cool«, sagte sie. »Jetzt kapiere
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