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Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Titel: Eigentlich bin ich eine Traumfrau
Autoren: Jana Seidel
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natürlich nicht, aber wenigstens zerspringt er auch nicht vor Schreck in tausend Teile.

    E s ist ziemlich hart, die verliebten Blicke zwischen PaPi und Toni aushalten zu müssen. Anna und Klaus schrecken mich weniger, hinter so viel aufgesetzten Emotionen können die Gefühle nicht sehr tief sein. Ich bin schon fast geneigt, mich doch noch mit Diana anzufreunden – eigentlich müssen zwei missmutige Single-Frauen zusammenhalten. Ich kann mich nur deswegen gerade noch zusammenreißen, weil ich die ganze Zeit den kleinen Gott in meiner Hosentasche streichle, der mir zuraunt, dass für mich noch Hoffnung besteht. Als ich gerade darüber nachdenke, ob es nicht vielleicht auch eine sexuelle Komponente hat, immer die Rundungen der kleinen Statue nachzufahren, kommt Picard auf mich zu.
    Â»Ihr Finanzkrisenthema hat mir gefallen«, sagt er nachdenklich. »Ich wollte schon längst mal den Kulturbegriff etwas weiter gefasst sehen. Diese bloßen Kritiken zu Theater-, Literatur- und Musikereignissen der Region sind doch etwas für Provinzblätter. Ich will Kultur im eigentlichen Sinn, ich meine als Begriff für alles, was der Mensch selbst gestaltend hervorbringt.«
    Mist, jetzt kann ich nicht einmal mehr die Augen in Tonis
Richtung verdrehen, wenn er mal wieder seine althumanistische Bildung heraushängen lässt. Sie strahlt ihn bewundernd an. Liebe macht offenbar taub. Dummerweise habe ich keine Ahnung, worauf das Gespräch hinauslaufen soll.
    Â»Ich meine den Klimawandel«, sagt er.
    Ein großes Thema, zu dem ich so gar keine Idee habe.
    Macht nichts, Picard hat eine: »Ich habe neulich eine Werbeanzeige für einen energiesparenden Vibrator gesehen. Vielleicht könnte man untersuchen, ob das rationale Bewusstsein der drohenden Gefahr inzwischen so verankert ist, dass auch die eher triebhaften Bereiche nicht mehr ausgeklammert werden können.«
    Ich verstehe kein Wort, befürchte aber stark, meine sexuellen Gedanken an den kleinen Gott haben sich aus Versehen auf den ganzen Raum übertragen. Das meint er doch wohl nicht ernst. Was mache ich hier überhaupt? Ich bin zu Höherem berufen. Meine Hände zittern vor Schlafmangel. Es muss an dieser tiefen Erschöpfung liegen, dass ich gegen meinen Willen gleichgültig brummele: »Gute Idee.«
    Zufrieden sieht er sich im Raum um.
    Und ich mache mich also an die Recherche. Dabei will ich viel lieber nach Hause gehen, um dort mein Werk zu beenden. Ich will mich nicht mit Vibratoren beschäftigen. Wenn ich den Zeitschriften und Fernsehsendungen glauben darf, bin ich die einzige Frau auf der Welt ohne Vibrator. Ich habe nie einen vermisst. Warum auch, ich bin eine ernstzunehmende Filmkritikerin und habe Besseres zu tun. Aber leider bin ich auch eine, die mehr Geld braucht, als drei bis vier neue Filme die Woche einbringen. Also verschaffe ich mir bei amazon.de erst mal einen Überblick über die Lage
an der Sexspielzeugfront. Erstaunlich viele Lustspender sind mit erstaunlich vielen Kundenbewertungen versehen. Irgendwie finde ich es komisch, die Gummiknüppel nach ihren Funktionen aufgeschlüsselt und bewertet zu sehen wie Stabmixer.
    Immerhin haben sich die meisten Kundinnen Tarnnamen à la »Samantha Jones« gegeben. Dafür beschreiben sie den Packungsinhalt (» … die mitgelieferte Probe des Gleitgels ›Flutschi‹ war hinreißend«) umso detaillierter.

    E ndlich wieder zuhause bin ich sehr trostbedürftig. Ich werde – ebenfalls bei amazon.de – eine CD mit Charles-Aznavour-Schnulzen ordern. Schockiert starre ich auf die Startseite. Wenn man sich einloggt, erhält man ja immer diese Empfehlungen, welche Produkte einem gefallen könnten – basierend auf den bislang angeklickten Produkten. Bisher sind das bei mir hochwertige Arthaus-Filme, Schnulzen und gute CDs gewesen. Aber ich habe mich wohl vorhin in der Redaktion aus Versehen eingeloggt. Nun springen mir nur noch Pornoprodukte entgegen – mit dem Hinweis: »Hallo, Juli Sommer, wir haben Empfehlungen für Sie«: ›Horny Love Rabbit‹, ›Paulchen III‹ oder die nur auf den ersten Blick unschuldig aussehende, gelbe Badeente ›Vibro Love Duckie‹. Da fehlt wirklich nur noch eines: eine wirklich gute Idee, wie man diese Produkte mit dem Klimawandel in Verbindung bringen könnte. Mein Gott, was für Aufträge werden diesem folgen?

    V ermutlich die
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