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Ehrenhüter

Ehrenhüter

Titel: Ehrenhüter
Autoren: Rose Gerdts
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Bademdschan, eine Auberginen-Lamm-Pfanne, würde kochen können. Sie hatte so lange gezögert die Einladung auszusprechen. Ihre Vorfreude auf den Abend hatte mit dem Tod der Unbekannten nichts zu tun. Frank hatte recht, sie musste sogar Freude am eigenen Leben haben, selbst, wenn sie gleich vor dem Leichnam einer jungen Frau stehen würde.
    Kurz vor der Ampel bog Navideh vom Fahrradweg auf die Straße und überquerte vor den Autos die Kreuzung. Um ein Haar wäre sie mit dem Reifen in das Schienenbett der Straßenbahn geraten. Sie riss ihr Rad nach links und hoffte inständig, dass das Auto hinter ihr ausreichend Abstand halten möge. Haarscharf fuhr der Wagen an ihr vorbei. Aus dem Augenwinkel sah Navideh, wie die Frau am Lenkrad sich wütend an die Stirn tippte. Kurz darauf bog sie in eine Seitenstraße ab. Ein Müllwagen kam ihr entgegen und nahm die gesamte mit Kopfsteinpflaster ausgelegte schmale Fahrbahn ein. Navideh wich auf den Bürgersteig aus und umrundete gekonnt einige Mülltonnen. Wenige Minuten später schulterte sie ihr Rad mit geübtem Griff, schloss die Haustür auf und stellte es im Wohnungsflur ab. Es war zu riskant, das Rad an den Zaun anzuketten. Ständig wechselten die Räder in Bremen die Besitzer. Selbst eine eigens eingerichtete «Ermittlungsgruppe Rad» hatte die Diebstahlzahlen nicht entscheidend senken können. Es gab zu viele Junkies mit Geldnot und zu viele Radfahrer, die sich zwar ein teures Gefährt, aber nicht das entsprechende Schloss dazu leisteten.
    ‹Vanessa hätte darauf bestanden, dass ich das Rad in den Keller schleppe.› Der Gedanke an ihre Exfreundin löste immer noch einen leisen Schmerz in ihr aus. Vor einem Vierteljahr hatten sie sich getrennt. Drei Jahre waren sie ein Paar gewesen. Keine von beiden hatte den Wunsch geäußert, gut befreundet bleiben zu wollen. Mit Vanessa geht es nur ganz oder gar nicht, dachte Navideh und räumte noch schnell die Lebensmittel in den Kühlschrank. Sie steckte sich ein paar Schokoriegel und eine kleine Flasche Wasser in die Tasche und zog sich ihre Jacke über. Im Hinausgehen warf sie einen flüchtigen Blick in den Spiegel. Mit ihren langen dunklen Haaren und den Jeans sah sie eher aus wie eine Studentin als wie eine Kriminaloberkommissarin.
    Mit den Haaren muss dringend was passieren, dachte Navideh, während sie ihre Haustür abschloss.
    Sie musste nicht lange warten. Schon von weitem erkannte sie den metallicblauen Audi, der in ihre Straße einbog. Steenhoff saß am Steuer, neben ihm ein zweiter Mann. Sie gab den Kollegen ein Handzeichen.
     
    «Da steht sie ja, unsere schöne Kollegin.» Michael Wessel pfiff leise durch die Zähne.
    Frank Steenhoff erwiderte nichts. Er stoppte das Fahrzeug so, dass Navideh Petersen direkt in den Fond des Wagens einsteigen konnte.
    «Danke fürs Abholen.»
    «Frank und ich hätten dich lieber zum Tanzen abgeholt als zu einer Leichenbesichtigung», sagte Wessel und grinste. Navideh meinte im Rückspiegel zu erkennen, wie Steenhoff die Augen verdrehte. Doch Wessel hatte sich Petersen zugewandt und beachtete Steenhoff gar nicht. «Ich hab gehört, Navideh, du weilst auch wieder unter den Singles?»
    «Vanessa und ich haben uns getrennt, wenn du das meinst», antwortete Navideh knapp.
    «Diese Neuigkeit wird die Männerwelt begeistern», sagte Wessel und lachte dreist.
    «Michael   …», setzte Steenhoff an, und sein Ton klang eine Spur schärfer als sonst. Doch Navideh unterbrach ihn. «Was erwartet uns am Fundort? Wisst ihr schon etwas?» Von der Seite sah sie, wie sich Wessels Gesichtsmuskeln anspannten. Steenhoff räusperte sich.
    «Die Leiche ist direkt beim U-Boot -Bunker Valentin hinterm Deich entdeckt worden», erklärte er, und etwas in seiner Stimme ließ sie aufhorchen.
    «Ja, und?»
    «Der Körper lag auf dem Bauch. Mit dem Gesicht im Gras», fügte Wessel hinzu, als würde dies alles erklären.
    «Nach der Beschreibung der beiden Beamten, die als Erste am Fundort waren, soll das Opfer ausländisch aussehen», ergänzte Steenhoff. Dann verstummte er und schien sich ganz auf den Verkehr zu konzentrieren.
    Navideh verstand immer noch nicht. Ungeduldig lehnte sie sich zu den beiden Männern nach vorne. «Könnt ihr bitte mal Klartext sprechen?»
    Wessel antwortete mit einer Gegenfrage. «Seit wann bist du bei der Polizei, Navideh?»
    «Das war vor ihrer Zeit», gab Steenhoff zu bedenken, ohne Navidehs Antwort abzuwarten.
    «Vielleicht ist es gar nicht schlecht, wenn zumindest einer von uns ganz
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