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Dunkles

Titel: Dunkles
Autoren: Tommie Goerz
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drehte sich eine Zigarette. Die würde guttun jetzt, zusammen mit dem Bier. Auch der Große drehte sich eine.
    »Was spielen Sie für Instrumente?«, fragte Behütuns dann, noch immer etwas hilflos. Er hatte ganz einfach das Gefühl, etwas sagen zu müssen. Als ob man das von ihm erwartete. Und so etwas war unverfänglich. »Also, ich meine, wer spielt was?«
    »Gitarre«, antwortete der Große.
    »Keyboard, Gitarre«, dann der Hausherr, der mit dem kahlen Kopf.
    »Schlagzeug«, der Schmächtige, den er als Ersten überwältigt hatte, und »Bass«, der mit der großen Nase.
    Behütuns spielte kein Instrument. Im Gegenteil, es war ihm eher ein großes Rätsel, wie man solchen Dingern überhaupt brauchbare Tone entlocken konnte. Man hatte ihn sogar schon in der Schule vom Mitsingen befreit. Null Musikalität, nur störend für die anderen. Treffsicher im Danebensingen. Ihm hatte das nichts ausgemacht, obwohl er gerne Musik hörte. Aber selber welche machen? Das war ein anderes Land. Er würde es wohl nie betreten.
    »Und woher kennen Sie den Doktor Hartung?«, nahm der Hausherr den Gesprächsfaden auf.
    »Beruflich nur. Ich hatte einmal mit ihm zu tun, er hatte mich beraten.«
    »Die Sache da mit Oberndorf und Hetzles? Der Verrückte mit Savitas und den Clubtrikots?«, fragte der Schmächtige ins Blaue hinein.
    »Da haben wir uns kennengelernt, ja«, gab Kommissar Behütuns zurück. »Ein kluger, netter Mensch. Intelligenz und Witz, sehr gute Mischung. Obwohl«, fügte er hinzu, »manchmal vielleicht auch ein wenig spröde. Und manchmal auch nicht ganz durchschaubar in seinem Humor.«
    »Das ist ja witzig«, sagte jetzt der mit der Nase. »Ich habe heute erst, nein, gestern, also auf der Feier, mit ihm darüber gesprochen. Dass er in diesen Fall durch Zufälle verwickelt worden ist, dass man ihn sogar für verdächtig hielt, nur weil er Fahrrad fährt und schwimmen geht. War das tatsächlich so? Oder hat er nur wieder Geschichten erzählt? Er nimmt nämlich die Leute gern auf den Arm.«
    Behütuns musste lächeln, als er an die Einzelheiten dieses Falles dachte.
    »Na ja, das mit dem Verdacht, das war nicht wirklich ernst gemeint«, sagte Behütuns, jetzt komplett entspannt. »Aber es stimmt schon, was Sie sagen und was Dr. Hartung Ihnen erzählt hat, da war was dran.« Wie schnell man doch, nur wenn man redet und ein Thema findet, das verbindet, Eis brechen und Unsicherheiten überwinden kann. Oder war das womöglich schon das Bier? Egal, er war entspannt.
    »Er war aber nie wirklich in dem Fall verdächtig. Das waren mehr so Zufälle, die sich da zugetragen haben. Wir haben mehr darüber geschmunzelt und uns auch gewundert. So richtig Ernst war nie dabei.«
    Behütuns machte eine kurze Pause.
    »Ich habe viel von ihm gelernt, wir haben auch oft gelacht. Ich sagte ja: ein Mann mit Witz.«
    »Genau so hat er's auch erzählt, von Ihnen, wenn Sie dieser Kommissar sind«, lachte jetzt der mit der Nase. »Natürlich hat er keine Namen genannt, nur von der Sache gesprochen, da ist er ganz korrekt. Aber die Verwicklungen hatten ihn wohl sehr belustigt. Und – der Beschreibung Dr. Hartungs nach könnten Sie das ganz gut gewesen sein.« Er sah an Kommissar Behütuns hinauf und hinunter, nickte und versteckte auch ein vielsagendes Lächeln nicht.
    Behütuns trank die Flasche aus.
    »Noch eins?«, fragte der Hausherr.
    »Gerne, wenn ich darf?«
    »Noch einmal Aufseß Dunkel?« Der Hausherr war schon aufgestanden.
    »Ja, bitte.« Nein, jetzt auch nicht »wenn es keine Umstände macht«.
    Kurz darauf kam er zurück. »Leider kein Aufsesser mehr da«, und stellte ihm ein Dietzhofer hin. Auch gut.
    Behütuns saß und trank sein Bier, genoss die Wirkung, die sich jetzt schön langsam einstellte. Die so schön langsam breit machte und ruhig, so versöhnlich mit der Welt, vor allem an einem so frühen Morgen. Die Vögel zwitscherten, ein Grünfink tschilpte auf dem Dach, die leichten Nebel auf den Wiesen hatten sich verflüchtigt.
    Die Musiker ließen ihn sein und unterhielten sich. Über den neuen Bus, den sich der Hausherr wohl gekauft hatte. Dass dort viel mehr hineinpasse, dass man die Teile der Anlage viel besser in ihm verstauen könne.
    »Der alte war doch viel zu klein.« Der alte Bus. Das Büschen. Der alte Mitsubishi, dieses kleine Alibigerät, nichts Halbes und nichts Ganzes.
    Behütuns war jetzt ganz in sich, bei sich und mit der Welt im Reinen. Hans, Hans, Hans und Hans, schmunzelte er. Vier Hänse hier, vier Peters da,
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