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Dracyr – Das Herz der Schatten

Dracyr – Das Herz der Schatten

Titel: Dracyr – Das Herz der Schatten
Autoren: Susanne Gerdom , Susanne
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Füße und hohe Fesseln hat sie, das konnte er erkennen, als sie vor ihm in die Knie brach. Ihre Gelenke sind zart wie die eines edlen Fräuleins. Was für eine Verschwendung von Schönheit und Rasse an ein Trampel aus der Küche!
    Er seufzt, ohne es zu bemerken, und lehnt sich gegen die Wand. Wie der Zorn in ihren Augen geflammt hatte! Sie hatte Angst, ihr Körper bebte vor Furcht, aber sie ballte ihre Fäuste und drohte mit ihrer Gegenwehr, mit ihrem Fluch. Wie köstlich. Wie rührend und wie reizvoll. Wenn er in der Lage wäre, etwas zu empfinden, dann wäre dies der Zeitpunkt, an dem sein Herz oder seine Seele zu ihm sprechen dürfte.
    Er legt die Hand auf den Türpfosten, fühlt das weiche, glatte Holz, liebkost es wie einen menschlichen Leib. Manchmal vergisst er, dass er keine Seele besitzt und sein Herz ein Klumpen totes Gestein ist. Etwas schmerzt in seinem Inneren, das er nicht benennen kann.
    Er stößt sich von der Wand ab und lächelt. Magendrücken, würde sein Vater sagen. Verdorbenes Essen ruft solche Empfindungen hervor. Sei ein Mann und ergehe dich nicht in mädchenhaften Grübeleien. Denke immer daran, wer du bist. Du bist der Sohn des Dracyrmeisters. Wir leiden nicht unter dieser Krankheit der gewöhnlichen Leute, die man » Gefühle « nennt und deren wahrer Name Schwäche ist.
    Â» Damian? « , ruft Esbeth. » Wo bleibst du? «
    Â» Ich komme « , sagt er. Der Dracyrmeister hat recht: Gefühle sind etwas für Schwächlinge.
    Während er zum Unterrichtsraum geht, denkt er über eine Bestrafung für das aufsässige Hausmädchen nach. Exquisit soll sie sein, so exquisit wie das Mädchen selbst. Er lächelt.

Kapitel 5
    Berthas Mitgefühl tat ihr wohl. Das oberste Hausmädchen hatte sie empfangen, als sie aufgelöst vor Angst, mit zerschnittener Bluse und blutender Wange in den Gesinderaum gestolpert kam, das Tüchlein fest gegen ihr Gesicht gepresst.
    Bertha schob sie auf einen Stuhl, stellte ihr einen Becher mit dampfendem Tee hin und löste dann mit sanfter Gewalt Kays verkrampfte Finger von dem blutgetränkten Tuch. » Lass sehen. « Sie schnalzte mitleidig mit der Zunge. » Das ist ein glatter Schnitt « , sagte sie schließlich beruhigend. » Ich säubere ihn und gebe etwas von dieser Tinktur darauf, dann wird er sich nicht entzünden. « Ihre Handgriffe waren sicher und Kay entspannte sich langsam.
    Â» Es war einer der Zöglinge, nehme ich an? « , fragte Bertha nach einer Weile in beiläufigem Ton. » Sie sind wild und grausam. Es ist besser, wenn du ihnen aus dem Weg gehst, Kay. « Sie betupfte den Schnitt mit einer rötlichen Lösung, die scharf roch und auf der Wunde brannte wie flüssiges Feuer. Kay sog den Atem durch die Zähne, aber sie hielt still. Sie war nicht sehr wehleidig, es war mehr der ausgestandene Schreck, der ihre Knie zittern ließ. Sie griff nach dem Becher und trank durstig.
    Â» Er hat gedroht, mich zu töten « , sagte sie. » Und dass er mich auspeitschen wolle. Das kann er doch nicht einfach so tun, Bertha, nur weil ich noch im Zimmer war, als er hereinkam? «
    Das oberste Hausmädchen trat einen Schritt zurück und sah sie ernst an. » Dies hier ist Lord Harrynkars Burg « , sagte sie. » Er bestimmt, was Recht und was Unrecht ist. « Sie hob die Schultern. » Wenn einer der Zöglinge sich über dich bei seinen Erziehern beklagt, dann kann es durchaus sein, dass du härter bestraft wirst, als es dir gerecht erscheint. « Sie zog die Brauen zusammen. » Wer von ihnen war es? Der Hitzkopf Evan? Dunkelblond, spitznasig? Dann ist es schon vergessen, er trägt einen Groll nie lange mit sich herum. «
    Kay betastete ihre Wange und schüttelte den Kopf. » Er hatte weißes Haar. «
    Der blanke Schrecken, der über Berthas Gesicht glitt, sandte ein Frösteln durch ihre Glieder. » Es war der junge Lord, habe ich recht? « , flüsterte sie.
    Bertha nickte und rieb unbeholfen über Kays nackten Arm. » Es tut mir leid, dass du gleich an deinem ersten Tag auf ihn treffen musstest « , sagte sie. » Aber sieh es einmal so: Jetzt kann dir nicht viel Schlimmeres mehr passieren. « Sie versuchte ein Lächeln, das ihre Augen nicht erreichte. » Komm, du brauchst eine neue Bluse. Und dann gebe ich dir frei, damit du dich einrichten kannst. Ich werde Mamsell Ellinor erzählen, was
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