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Dracyr – Das Herz der Schatten

Dracyr – Das Herz der Schatten

Titel: Dracyr – Das Herz der Schatten
Autoren: Susanne Gerdom , Susanne
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sang mit ihrem Brausen, wiegte sich im Takt der stummen Musik.
    Die Feuersäule wanderte auf die Bahre zu, verharrte, wartete. Worauf? Das Bewusstsein, das nicht menschlich war und nicht Dracer, das Feuer war und Essenz, Wille und Hitze, Leidenschaft und Zorn, Trauer und Zielstrebigkeit, wartete. Sehnte sich. Streckte Flammenzungen aus, die nach Berührung riefen. Erfüllung. Vollkommenheit. Streckte sich danach aus und fand das, was es suchte, worauf es wartete. Feuer traf auf Feuer, Glut verschmolz mit Glut, Flammen verschränkten sich mit Flammen, wuchsen, streckten sich, breiteten sich aus, erfassten die Bahre, den Körper darauf, fraßen sich durch Leder, Stoff, kaltes Fleisch und Knochen, verzehrten den Leichnam, glühten die Knochen zu Asche, vernichteten die dunklen, kalten Reste des toten Bewusstseins, das sich immer noch mit Eisfingern, Steinkrallen an das tote Fleisch klammerte. Der Gesang der Flammen wurde triumphierend, donnerte durch das Gewölbe und schlug gegen die Wände. Hitze, so stark, dass Felsgestein Blasen schlug und glasig herabtropfte.
    Die Säule zog sich zusammen, knackend kühlte kochender Stein, weiße Glut wanderte durch das Farbspektrum, bis sie in dunklem Rot verdämmerte.
    Dunkelheit kehrte zurück. Immer noch strahlte Hitze von den Wänden. Flämmchen tanzten über den schwarz gebrannten Boden, flackerten, erloschen. Dunkelheit.

    Sie umklammerte Damian so fest, dass er stöhnte. Kay lockerte hastig ihren Griff, öffnete die Augen, deren Lider schwer und verklebt waren. Ruß hing in ihren Wimpern, es roch nach verschmortem Horn und verbranntem Fleisch. Sie lagen auf dem harten Boden, ihre Glieder ineinander verschränkt, Damians Kopf ruhte auf ihrer Brust, sie hatte die Arme um ihn gelegt und ihre Beine verschränkten sich ineinander wie Ranken. Eigentlich hätte diese Position unbequem oder schmerzhaft sein müssen, aber Kay fühlte sich so behaglich wie in einem weichen Federbett. Eine ungeheure Mattigkeit lähmte ihre Glieder. Sie entspannte ihre Schultern und Arme, zog Damian wieder in eine vorsichtige Umarmung und schloss die Augen. Es war gut, so zu liegen, nicht zu wissen, was geschehen war, keine Schmerzen und keine Angst zu empfinden, nur tiefe Seelenruhe. Sie schlief ein.
    Etwas hatte sich verändert. Tief in ihrem Inneren. Dort wohnte nun etwas, das vorher nicht dort gewesen war. Ein Funke, eine winzige Bewegung. Lebte, atmete, drehte sich. Fremd und vertraut zugleich. Neugierig. Wartend…

    Â» Was ist geschehen? « , fragte Kay und half Damian hoch. Er stützte sich schwer auf sie und suchte mit Blicken nach seinem Stock. Kay entdeckte ihn neben der Tür auf dem Boden liegend und hob ihn auf. Damian nahm ihn dankend entgegen und stieß einen langen Seufzer aus.
    Â» Ich weiß es nicht « , gab er zu. » Du bist die Dracyrmeisterin. Erklär du es mir. « Sein Blick schweifte über das schwarze Innere des Gewölbes. Nichts hatte der immensen Hitze standgehalten. Bahren und Leichname waren vollständig und ohne jegliche Rückstände verbrannt worden.
    Â» Wie kann Stein schmelzen? « , fragte Kay verblüfft und sah eine Wand an, von der glasige Tränen hinunterzurinnen schienen. Sie berührte eine der Tränen mit der Fingerspitze, sie war hart, glatt und fest wie ein zu Stein gewordenes Weinen.
    Damian hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. » Ich erinnere mich nicht. « Er runzelte die Stirn. » Nicht an alles… « , setzte er zögernd hinzu. In seinem Blick glomm dunkle Glut, tanzten goldene Flämmchen. Er gab ein schnurrendes Geräusch von sich und ließ den Stock fallen, legte seine Hände um Kays Gesicht und küsste sie. Kay japste und erwiderte den Kuss nach einem Moment mit einer Leidenschaft, die sie selbst überraschte.
    Â» Daran erinnere ich mich auch « , sagte sie atemlos, als Damian sie losließ, und bückte sich ein zweites Mal nach seinem Stock. » Und anscheinend haben wir erledigt, wozu wir gekommen waren. « Sie sah sich noch einmal in dem leeren Gewölbe um und schüttelte den Kopf. » Alle Geister der Vergangenheit sind gebannt, hoffe ich. «
    Â» Das hoffe ich auch « , erwiderte Damian leise. Er reichte ihr galant seinen Arm. » Dann sollten wir uns jetzt der Zukunft stellen, meine Liebste. «
    Â» Das sollten wir » , bestätigte Kay und sah ihm voller Liebe in die Augen. » Mit dir an
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