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Dornenschwestern (German Edition)

Dornenschwestern (German Edition)

Titel: Dornenschwestern (German Edition)
Autoren: Philippa Gregory
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du», fahre ich vieldeutig fort. «Aber man hat mir versichert, dass sie nicht im Tower getötet wurden, und sie werden dort auch nicht festgehalten.»
    Mehr als zu nicken wagt sie nicht.
    «Ich nehme an, du hast geschworen, nichts zu verraten?»
    Wieder diese winzige Kopfbewegung.
    «Dann wirst du deinen Edward vielleicht in diesem Leben wiedersehen. Und ich meinen im Himmel.»
    Sie sinkt vor meinem Bett auf die Knie und sagt ernst: «Gnädige Tante, ich bete darum, dass du gesund wirst.»
    «Jedenfalls kannst du deiner Mutter ausrichten, dass ich nichts mit dem Verschwinden ihrer Söhne zu tun hatte», sage ich. «Unsere Fehde ist vorüber. Mein Vater hat ihren getötet, meine Schwester ist tot, ihr Sohn und mein Sohn sind begraben, und ich werde es auch bald sein.»
    «Wenn du wünschst, werde ich ihr diese Nachricht überbringen. Doch sie ist nicht deine Feindin. Das weiß ich.»
    «Besaß sie eine emaillierte Dose», frage ich, «und lag darin ein Papierfetzen? Und auf diesem Fetzen standen, mit ihrem Blut geschrieben, zwei Namen?»
    Das Mädchen sieht mir in die Augen. «Ich weiß nicht», erwidert sie ruhig.
    «Waren es die Namen Isabel und Anne? War sie all die Jahre meine Feindin und die meiner Schwester? Habe ich sie zu Recht gefürchtet?»
    «Die Namen lauteten George of Clarence und Richard of Warwick», sagt sie schlicht. «Das Blatt stammte vom letzten Brief meines Großvaters. Ihr Vater schrieb in der Nacht vor seiner Hinrichtung an ihre Mutter. Meine Mutter schwor, sie würde sich an George und deinem Vater rächen, die für seinen Tod verantwortlich waren. Das waren die Namen. Keine anderen. Und sie hat Rache geübt.»
    Ich lehne mich in meinem Kissen zurück und lächele. Isabel starb nicht durch den Fluch der Woodville. Mein Vater starb auf dem Schlachtfeld, George hat sie hinrichten lassen. Sie hat mich nicht mit ihrem Bann belegt. Sie weiß wahrscheinlich seit Jahren, dass ihre Söhne in Sicherheit sind. Vielleicht ist mein Sohn gar nicht aufgrund ihres Fluches gestorben. Ich habe keinen Fluch über ihn gebracht. Von dieser Angst bin ich nun befreit. Vielleicht sterbe ich nicht an ihrem Gift.
    «Merkwürdig», sage ich zu Prinzessin Elizabeth. «Margarete von Anjou hat mich alles über das Dasein einer Königin gelehrt, und vielleicht habe ich wiederum dich gelehrt, Königin zu sein. Dies ist das Rad des Schicksals.» Mit dem Zeigefinger zeichne ich einen Kreis in die Luft. «Man kann sehr hoch aufsteigen und sehr tief fallen, aber man kann das Rad nicht drehen, wie es einem beliebt.»
    Es wird sehr dunkel im Zimmer. «Versuch, eine gute Königin zu sein», fahre ich fort, obwohl die Worte jetzt bedeutungslos sind. «Ist es schon Nacht?»
    Sie steht auf und geht ans Fenster. «Nein. Aber etwas Seltsames geschieht.»
    «Sag mir, was du siehst.»
    «Soll ich dir zum Fenster helfen?»
    «Nein, nein, ich bin zu müde. Sag mir nur, was du siehst.»
    «Die Sonne wird ausgelöscht, als würde jemand eine Scheibe davorschieben.» Sie legt sich die Hand über die Augen. «Sie ist so hell wie immer, doch eine dunkle Scheibe wandert darüber.» Sie schaut zum Bett und blinzelt, als sei sie geblendet. «Was kann das bedeuten?»
    «Eine Bewegung der Planeten?», antworte ich.
    «Der Fluss ist ruhig geworden. Die Fischerboote rudern an Land, und die Männer ziehen die Boote hoch, als fürchteten sie eine hohe Flut.» Sie lauscht. «Die Vögel haben aufgehört zu singen, selbst die Möwen schreien nicht mehr. Es ist, als wäre plötzlich die Nacht hereingebrochen.» Dann schaut sie hinunter in den Garten. «Die Jungen sind aus den Ställen und den Küchen gekommen, sie blicken hinauf in den Himmel. Meinst du, es ist ein Komet?»
    «Wie sieht es aus?»
    «Die Sonne ist ein goldener Ring, und die schwarze Scheibe verbirgt sie, bis auf den Rand, der wie Feuer lodert, zu hell, um hinzuschauen. Doch alles andere ist schwarz.»
    Sie tritt vom Fenster zurück, und ich sehe, dass es hinter den kleinen rautenförmigen Scheiben schwarz ist wie die Nacht.
    «Ich zünde die Kerzen an», sagt sie eilends. «Es ist so dunkel. Es könnte Mitternacht sein.»
    Sie nimmt eine dünne Wachskerze vom Kamin und entfacht in den Wandleuchtern auf beiden Seiten des Feuers und auf dem Tisch neben meinem Bett Kerzen. Ihr Gesicht im Kerzenschein ist blass.
    «Was kann das bedeuten? Ist es ein Zeichen, dass Henry Tudor kommt? Oder dass mein Lord siegen wird? Es kann doch gewiss nicht das Ende der Welt sein?»
    Ich frage mich, ob dies das
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