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Dolly - 06 - Abschied von der Burg

Dolly - 06 - Abschied von der Burg

Titel: Dolly - 06 - Abschied von der Burg
Autoren: Enid Blyton
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halten“, meinte Evelyn. „Du machst so ein komisches Gesicht.“
„Nein, ich werde nicht predigen“, sagte Dolly und hoffte, daß sie sich beherrschen konnte.
„Schau, Evelyn, ich kann mir nicht helfen, dein Vater tut mir schrecklich leid.“
Evelyn war sehr erstaunt. „Mitleid mit meinem Vater? Warum? Was geht er dich denn an?“
„Nun, du hast uns so oft von diesem Familienstreit erzählt, daß es mich jetzt sehr wohl etwas angeht. Du hast mich zum Teilnehmer an diesem Streit gemacht. Ich muß mich ja geradezu als Zuschauer fühlen.“
Evelyn schwieg, Dolly fuhr fort.
„Ich will kein Wort darüber verlieren, wer recht hat und wer nicht, Evelyn“, sagte Dolly ernst. „Ich will niemanden kritisieren.
Dolly versuchte ihr Bestes, Evelyn zu überzeugen
    Ich will nur eines sagen. Mit allem, was du erzählt hast, machst du deinen liebenswerten Vater schlecht. Du hast deinen Willen durchgesetzt, aber um einen hohen Preis, um den Seelenfrieden deines Vaters.“
„Ich habe mich auf meine eigenen Füße gestellt“, widersprach
    Evelyn.
„Dabei hast du einen anderen grausam auf die Zehen getreten“,
sagte Dolly und kam langsam in Fahrt. „Liebst du deinen Vater denn
nicht, Evelyn? Ich könnte meinen Vater niemals so behandeln. Wenn
du all diese häßlichen Dinge wirklich gesagt hast, dann müßtest du
dich schleunigst entschuldigen.“
„Es tut mir nicht im mindesten leid“, sagte Evelyn hart. „Mein
Vater sagt mir ja auch oft unfreundliche Sachen.“
„Ja, weil du es nicht anders verdienst. Aber er hat es nicht
verdient“, sagte Dolly und verlor allmählich die Geduld. „Ich habe
deinen Vater oft genug getroffen; er ist ein großartiger Mensch. Du
verdienst solch einen Vater einfach nicht.“
„Du wolltest doch keine Predigt halten“, sagte Evelyn verächtlich.
„Wie lange willst du denn noch weiterreden?“
Dolly schaute in Evelyns dummes, eingebildetes Gesicht und
wunderte sich, daß eine so alberne Person so hart und unbarmherzig
sein konnte. Sie machte noch einen Versuch, obwohl sie fühlte, daß es
nutzlos war. Niemand auf der Welt konnte auf Evelyn einwirken. „Evelyn, du sprachst davon, dein Vater habe gesagt, er könne es
sich nicht leisten, dich in die Schweiz zu schicken. Wenn er dich nun
trotzdem gehen läßt, da muß er sich doch sehr einschränken.“ „Es war falsch, als er sagte, er könne es sich nicht leisten“,
erwiderte Evelyn. „Mama sagt, er könne es sich wohl leisten. Das war
bloß ein Vorwand, um meinen Wunsch abzulehnen. Er war
abscheulich zu mir. Er sagte… er sagte… ich… ich sei d-d-dumm
genug, und b-b-b-brauche nicht n-n-n-noch dümmer zu werden, und
richtig a-a-a-arbeiten würde m-m-mir den Un-Un-Unsinn schon
austreiben!“
Stotternd vor lauter Selbstmitleid brach Evelyn in Tränen aus. Dolly
schaute sie an und schüttelte den Kopf. Hoffnungslos!
„Könntest du nicht zu deinem Vater gehen und sagen, daß es dir
leid tut, daß du alles zurücknimmst und tun wirst, was er möchte?“
fragte Dolly geradeheraus. Ihr schien das ganz einfach zu sein. Evelyn begann zu schluchzen. „Das verstehst du nicht. Das könnte
ich niemals tun. Ich kann mich nicht selbst erniedrigen. Papa, der
würde dann triumphieren. Ich bin froh, daß ich ihn so heruntergeputzt
habe, ich werde es ihm schon zeigen“, schloß Evelyn so boshaft, daß
Dolly auf die Füße sprang.
„Du bist abscheulich, Evelyn! Du liebst weder deinen Vater, noch
sonst irgend jemand. Du liebst nur dich. Du bist ekelhaft!“ Sie verließ
das Zimmer und ging geradewegs zu Frau Greiling. Ihr Versuch mit
Evelyn war völlig fehlgeschlagen. Wenn Frau Greiling Evelyn ändern
wollte, dann mußte sie es selbst versuchen.
Sie berichtete Frau Greiling alles. Die Direktorin hörte ernst zu.
„Ich danke dir, Dolly“, sagte sie. „Du hast dein Bestes gegeben, und
du hast es gut gegeben. Eines Tages wird Evelyn ihre Strafe
bekommen, und es wird eine schreckliche Strafe sein.“
„Wie meinen Sie das?“ fragte Dolly erschrocken.
„Ich meine nur, daß jemand, der einen schlimmen Weg geht und
noch stolz darauf ist, statt voll Reue zu sein, eine schlimme Lehre
erwarten muß“, sagte Frau Greiling. „Irgendwann in ihrem Leben
wird Evelyn ihre Strafe bekommen. Ich weiß nicht, was das für eine
Strafe sein wird, aber sie kommt bestimmt. Ich danke dir, Dolly, du
hast dein Bestes getan.“
    Mehr als einen Tag dieser kostbaren Wochen wollte sich Dolly durch Evelyn nicht verderben lassen. Ein paar Stunden grübelte sie noch in
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