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Diverses - Geschichten

Diverses - Geschichten

Titel: Diverses - Geschichten
Autoren: Sigrid Lenz
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flüsterte sie, “du kannst es sagen.”
    Eleonore seufzte. “Vielleicht so viel. Ich habe einen Job zu erfüllen, und wenn ich diesen nicht zur Zufriedenheit meiner Auftraggeber erledige, dann werde ich untertauchen müssen. Und das möchte ich nicht allein tun.” Sie richtete ihren Blick auf den Boden, weigerte sich Notiz davon zu nehmen, wie sie Hanna erstarren fühlte.
    “Ich verstehe kein Wort”, brachte sie hervor, ihre Augen groß und dunkel. “Das hört sich an wie... das hört sich an, als ob... “. Eleonore schwieg immer noch, ihre Arme an Hannas Rücken gepresst, den Kopf an ihre Brust gelehnt.
    “Ich möchte mit dir fortgehen, ich möchte den Winter mit dir verbringen, möchte mich mit dir an den Kamin kuscheln und die Welt mit ihrem Wahnsinn draußen in der Kälte erfrieren lassen.”
    “Eleonore, ich...“, Hanna stammelte, unsicher darüber, was das alles zu bedeuten hatte. Eleonore hob ihren Kopf und sah sie an. In ihren Augen schimmerten Tränen. “Jetzt sofort, wir könnten von hier aus verschwinden. Sobald der Sturm vorbei ist, hätten wir die Möglichkeit nach Norden weiterzuziehen. Es ist alles vorbereitet, wir müssten nie wieder zurücksehen.”
     
    “Das ist verrückt”, murmelte Hanna. “Das kannst du unmöglich ernst meinen.”
    “Das meine ich todernst.”
    Eiseskälte umklammerte Hannas Herz, als ihr Blick mit dem der Geliebten verschmolz. Diese Entschlossenheit hatte sie schon oft gesehen, schon viel zu oft. Sie war das Resultat aus langjährigen Erfahrungen und dem Wissen, dass ein kurzes Zögern, ein kleiner Irrtum irreparable Folgen haben konnte. Sie hasste diesen Blick.
    “Was soll der Unsinn? Du hörst dich an wie mein Vater.” Ihre Stimme wurde schrill, überschlug sich. Sie spürte Panik in sich aufsteigen.
    “Hanna!” Eleonore hielt sie fest, versuchte sie zu beruhigen, sie an sich zu drücken, aber Hanna hatte sich bereits mit einer geschickten Drehung aus ihrem Griff befreit.
    Mühsam rang sie nach Atem, spürte Eleonores Augen, die sie keinen Moment los ließen, fühlte die angespannte Kälte, die von der Anderen ausging.
     
    Ihr Agententraining setzte ein, sie zog Schlüsse, erahnte Zusammenhänge und weigerte sich doch zu glauben, was sie vor sich sah. “Es war alles eine Lüge, alles geplant!”
    “Nein, nein!” Eleonore sprang auf, wollte auf sie zugehen, und blieb dann doch vor ihr stehen, die Hände hilflos erhoben, der Blick flehend. “Das zwischen uns ist keine Lüge, war niemals eine gewesen, von Anfang an nicht.”
    “Ich wünschte, ich könnte dir glauben”, erwiderte Hanna trocken. “Und selbst wenn, was sollte es für einen Unterschied machen?”
    “Es macht einen Unterschied. Es ändert alles.” Eleonore verschränkte schützend die Arme vor ihrer Brust.
    “Ich liebe dich, Hanna. Und vollkommen egal wie oder aus welchem Grund wir uns gefunden haben, ich werde alles tun, das in meiner Macht steht, damit es nicht endet.”
    “Vielleicht solltest du dann mit der Wahrheit anfangen.” Hannas Stimme wurde leise, erschöpft, sie musterte konzentriert den groben Holzboden, lauschte auf den Regen, der inzwischen in gleichmäßigen Rhythmus auf das Dach prasselte.
     
    “Die Wahrheit? Was willst du wissen?” Eleonore atmete ruhig. Ihre Stimme klang leise und gefasst, und doch wagte sie es nicht, sich Hanna zu nähern, die sich in ihr Inneres zurückgezogen hatte, offensichtlich in ihren Gedanken weit entfernt.
    “Ich glaube, du weißt bereits, dass wir uns nicht durch Zufall begegnet sind. Du musst es geahnt haben.”
    “Also hattest du einen Auftrag, der mich betraf.” Hanna lachte bitter auf. “Es ist ja nicht so, als würde mir so etwas zum ersten Mal passieren. Warum wundere ich mich eigentlich noch darüber.”
    “Es ist anders. Ich... sie wussten nicht...”, Eleonore stockte. “Ich sollte nur beobachten, nur eingreifen, wenn sie es für nötig erachten sollten.”
    “Lass mich raten.” Hannas Augen verloren den abwesenden Ausdruck, funkelten, fixierten Eleonore dunkel und unerbittlich.
    “Irgendjemand, und mittlerweile kümmert es mich auch nicht mehr, um wen es sich handelt, hielt es für eine großartige Idee, sich ein Druckmittel gegen meinen Vater zu sichern. Ich weiß zwar nicht warum, denn er ist schon wieder spurlos verschwunden, und der Himmel weiß, was mit ihm los ist. Aber da es ja offensichtlich nicht um mich geht, kann es mir letztendlich auch egal sein.” Sie hob ihr Kinn, verschränkte wütend die Arme und
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