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Die Zweierbeziehung

Die Zweierbeziehung

Titel: Die Zweierbeziehung
Autoren: Jürg Willi
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plötzlich durchstarten und die so begabten und engagierten Mädchen bisher doch nicht im großen Stil die Karriereleiter erklimmen?»
    Pinker zeigt, dass die Unterschiede zwischen Männern und Frauen nach wie vor eine fundamentale Rolle spielen. Die Mädchen sind fleißig und konzentriert, in der Schule zeigen sie mehr Interesse und Engagement. Die Jungen sind viel unberechenbarer, sie haben häufig Konzentrationsschwierigkeiten, langweilen sich im Unterricht und haben Mühe, gute Leistungen zu erbringen. Dabei zeigt sich eine Polarisierung bei den Männern: Es gibt weit mehr als bei den Mädchen hochbegabte und sehr erfolgreiche Schüler, aber daneben auch andere, die zerstreut sind und wenig Lernbegabung zeigen. Mädchen sind demgegenüber berechenbarer, sie entsprechen den Anforderungen und Erwartungen der Lehrer und der Schule. Frauen sind deshalb in der Schule und im Universitätsstudium erfolgreicher als Knaben. Sie bewähren sich auch in der Forschung und erreichen in zunehmender Häufigkeit eine lebenslange Professur. Aber – und das ist das Überraschende – trotz bester Chancen für eine Spitzenkarriere vollziehen viele Frauen einen Kurswechsel. Sie äußern, sie befänden sich in einer Tretmühle gefangen und seien an einem Punkt, wo sie Bilanz ziehen. Die Frauen geben um die 40 Jahre herum ihre Spitzenpositionen auf, trotz bester Chancen zur Weiterbeförderung, nachdem sie festgestellt haben, dass der berufliche Erfolg ihnen nicht das gebracht hat, was sie erwarteten. Sie scheiden 13-mal häufiger als Knaben aus dem Berufsleben aus, unabhängig von ihrem Familien- und Eheleben.
    In der Berufskrise der mittleren Jahre konfrontieren sich die jungen Frauen vermehrt mit der Frage, was sie eigentlich vom Leben erwarten. Viele kommen zur Erkenntnis, dass die beruflichen Höchstleistungen und der höhere Verdienst sie wenig interessiert. Ein echtes Interesse haben sie dagegen an der beruflichen Arbeit mit Menschen. Sie möchten auch durch den Beruf weiterhin ihre privaten Beziehungen pflegen, was häufig mit einer Karriere schwer zu vereinbaren ist. Manche Mädchen haben die Befürchtung, dass sie durch die berufliche Karriere Kontakt mit Freundinnen und Erfolg beim anderen Geschlecht einbüßen.
    Es stellt sich für die Frauen also die wichtige Frage, wie hoch der Preis für ihre Karriere ist. Manche haben den Eindruck, das Leben zu verpassen oder dass wichtige Aspekte ihres Lebens, insbesondere die Pflege der Beziehungen und Freundschaften, aber auch die tätige Hilfe gegenüber Menschen, die in Not sind, zu kurz kommen. Junge Männer dagegen suchen eher den Wettbewerb. Sie haben Freude an aggressiver Konkurrenz und unterscheiden sich darin vom Durchschnitt der Mädchen.
    Frauen haben heute Zugang zu jedem Beruf. Sie zeigen in ihren Leistungen keine Unterschiede im Vergleich zu Männern. Sie können Lastwagenfahrerin werden, Chirurginnen, Schreinerinnen, Managerinnen, Politikerinnen u.v.a.m. Sie bewähren sich in jedem Beruf und sind sogar in vielen technischen Berufen den Männern überlegen. Trotzdem wählen sie bestimmte universitäre Studienrichtungen überdurchschnittlich häufig wie: Pädagogik, Sprachwissenschaften, Psychologie und Medizin. Hingegen wählen sie selten technische Berufe oder mathematisch-naturwissenschaftliche Richtungen, seltener Jura und Wirtschaftswissenschaft. Wie Studien ergeben, verfügen Mädchen über mehr Selbstdisziplin und haben in den meisten Fächern bessere Noten als die Jungen. Das lässt sich nicht durch einen Unterschied im IQ erklären, sondern mit anderen Berufsvorlieben und höherer Selbstdisziplin.

1.3. Die Wiederaufwertung des Verliebtseins
    Die neue gesellschaftliche Unabhängigkeit führte zu einer starken Zunahme von Scheidungen, die Zahl alleinerziehender Mütter nahm deutlich zu. Finanziell sind allerdings viele alleinerziehende Frauen heute noch in einer schwierigen Situation.
    Am wichtigsten war die Wahrung der persönlichen Freiheit und Autonomie. Geschiedene verfügten oft über die erstrebte Freiheit und Selbstbestimmung. In den 70er- und 80er-Jahren wurde Scheidung als ein Zeichen von Mut und Selbstbestimmung gesehen. Scheidung war kein Zeichen des Scheiterns mehr, sondern ein Hinweis auf den Mut zu einem selbstbestimmten Leben. Das führte oft zu einer defensiven, ja misstrauischen Grundhaltung gegenüber dem Verliebtsein und starken Liebesgefühlen. Im Verliebtsein wurde die Gefahr gewittert, die persönliche Autonomie zugunsten der
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