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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt
Autoren: Ralf Isau
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schon so manche Seele einverleibt haben.
    Als Taramis den Dreizack auf seine Brust zuschießen sah, fiel die Benommenheit endlich von ihm ab. Die Gabe der Zähen Zeit schärfte seine Sinne. Obwohl das Wasser des Grünsees von Algen getrübt war, erschien ihm die Umgebung so klar wie die Luft an einem trockenen Wintertag. Er neigte sich gleich einem Schilfrohr im Wind und lenkte den Stoß mit dem Kurzschwert ab.
    Der Feuermensch rammte seine Füße in den Schlick, um festen Stand zu finden. Er grunzte wütend, als seine Waffe wirkungslos ins Leere rauschte.
    Aus den Augenwinkeln sah Taramis, wie sich aus dem Kragen des Riesen ein Stachel löste und auf seinen Kopf zuschoss. Er duckte sich, und der Dorn zischte an seinem Ohr vorbei. Cellions Schauergeschichte kam ihm in den Sinn. Vom Antischgift gelähmt, habe der Häuptling von Samunia sich nicht einmal wehren können, als die Fischköpfe ihn mit ihren dreizackigen Lanzen getötet hatten.
    Wütend führte Taramis einen Befreiungsschlag gegen den Hals des Gegners. Dabei rasierte er ihm mehrere Giftstacheln ab. Gulloth wich zwei Schritte zurück. Das Wasser ließ ihn so plump wie ein Flusspferd erscheinen und auch ebenso gewaltig. Feindselig starrte er aus kalten Glubschaugen auf seinen Widersacher herab.
    Eine Weile lang umschlichen sich die beiden. Ihre trägen Bewegungen trogen darüber hinweg, wie angespannt sie waren. Von dem vermeintlich friedlichen Tanz getäuscht, schwamm ein Fisch mitten zwischen ihnen hindurch. Genau in dem Moment, als dem Zeridianer die Sicht auf die Augen des Gegners genommen war, stieß der Dreizack abermals zu.
    Taramis wirbelte zur Seite. Im ersten Moment glaubte er, dem Angriff knapp entgangen zu sein, doch dann spürte er einen brennenden Schmerz am Bauch. Eine der mit Widerhaken bewehrten Spitzen der Stoßwaffe hatte ihm die Haut aufgeritzt. Blut ergoss sich ins Wasser, es kräuselte sich wie Rauch in ruhiger Luft.
    Der Antisch witterte seine Chance. Jede Zurückhaltung fiel jäh von ihm ab und die Lethargie wich einer tödlichen Schnelligkeit. Flink wie ein Stör attackierte er den Gegner, deckte ihn mit einem ganzen Hagelschauer von Giftpfeilen ein und stieß immer wieder mit dem Dreizack zu.
    Mit schier übermenschlichen Reaktionen setzte sich Taramis verbissen zur Wehr. Gulloth schoss einen weiteren Giftstachel auf ihn ab – und verfehlte abermals sein Ziel. Noch einer löste sich aus seinem Kragen. Taramis schlug ihn mit dem Schwert zur Seite. Seine Muskeln brannten wie Feuer. Der Kampf unter Wasser war ungleich kräftezehrender als an der Luft.
    Schließlich sauste der letzte Stachel auf ihn zu. Erneut drehte er sich, um dem Geschoss weniger Angriffsfläche zu bieten. Um Haaresbreite schoss es an seiner blutenden Wunde vorbei. Er wankte zurück. Gulloth gönnte ihm jedoch keine Verschnaufpause und setzte sofort nach.
    Plötzlich befiel Taramis ein heftiger Schwindel. Er blinzelte benommen. Offenbar hatte sich das Antischgift im Wasser gelöst und war so in seine Blutbahn eingedrungen. Eine bleierne Schwere kroch langsam in seine Glieder. Er drängte die aufkommende Panik zurück und zwang seinen Verstand zu klarem Denken: Noch kannst du etwas tun! Erzwinge die Entscheidung, ehe du die Kontrolle über deinen Körper verlierst. Die stärkste Kraft von Berith ist der Geist .
    Zur Überraschung von Gulloth wirbelte er jäh mit den Füßen Schlick und Sand empor. Die damit verbundene Anstrengung drohte ihn von den Beinen zu reißen. Während die aufsteigende Schmutzwolke ihn umhüllte, sammelte er seinen Willen.
    Auf einmal erschienen um ihn herum wie aus dem Nichts ein halbes Dutzend Zeridianer. Es waren Trugbilder, so perfekt wie echte Doppelgänger. Diese mentale Gabe, die er von Kindesbeinen an besaß, führte ein Schattendasein in seinem Kriegerleben – der Argwohn gegen die Waffen des Geistes saß tief. Und die Einsicht kam fast zu spät.
    Der Dreizack rauschte heran, durchbohrte links von Taramis eine Fata Morgana. Der nächste Stoß ging nach rechts. Die Attacken kamen schnell näher.
    Mit einem Mal kehrte Stille ein.
    Taramis’ Beine konnten das Gewicht des eigenen Körpers nicht länger tragen. Die Lähmung erfüllte ihn mit eisiger Kälte. Er sank auf die Knie. Seine Kiemenspalten sogen angestrengt das Wasser an. Jeden Moment erwartete er den tödlichen Angriff aus den Sand- und Schlickwolken, die ihn umgaben.
    Er kam aber nicht.
    Stattdessen legte sich das Gewirbel, und nur zwei Schritte von ihm entfernt erschien die
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