Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Zeitreisenden in Callahans Saloon

Titel: Die Zeitreisenden in Callahans Saloon
Autoren: Spider Robinson
Vom Netzwerk:
Noch während sie zersplitterte, schickte er ihr einen Zellophanbeutel mit weißem Pulver nach, und das Pulver brannte mit grüner Flamme, während die Stille weiterhin in der Luft hing. Dem Kerl mit den Augen war es offenbar nahegegangen, und er blieb steif aufgerichtet sitzen.
    Im nächsten Augenblick stand Callahan vor der Theke, reichte dem jungen Janssen ein Glas Bier, das er irgendwie herbeigezaubert hatte, und dröhnte: »Willkommen daheim, Tommy!« Keiner im Lokal war eigentlich darüber erstaunt, daß nur Callahan den Vornamen des Jungen kannte.
    Wir drängten uns um den Jungen, klopften ihm auf die Schulter, und er weinte sogar ein wenig, bis wir ihm Bier über den Kopf gossen, und bald sah es so aus, als würde es doch noch eine fröhliche Nacht.
    In diesem Augenblick stand der Kerl mit den Augen auf, und alle verstummten und sahen ihn an. Das klingt vielleicht melodramatisch, aber es war so. Wenn er sich bewegte, stand er unweigerlich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Er war groß, unglaublich groß, beinahe zwei Meter zehn, und ich habe nie begriffen, warum er uns nicht sofort aufgefallen war. Er trug einen schlechtsitzenden schwarzen Anzug aus dem letzten Schlußverkauf, und auch mit seinen Schuhen stimmte etwas nicht. Irgendwann erfaßte ich, daß er den rechten Schuh am linken Fuß trug und umgekehrt, aber das überraschte mich dann auch nicht mehr. Er war dünn, braungebrannt, sein Mund war zusammengepreßt, aber sein Gesicht bestand vor allem aus Augen; ich träume immer noch ab und zu von diesen Augen und wache dann schweißgebadet auf. Sie waren wie Fenster zur Hölle, zu der sehr persönlichen, geheimen Hölle eines Mannes, der vor einem Dilemma steht, das er nicht lösen kann. Sie blinzelten kein einziges Mal.
    Er schlurfte zur Theke, und etwas stimmte auch mit seinem Gang nicht – als klettere er mit magnetischen Schuhen die Wand hoch und habe den Trick noch nicht ganz heraus. Er nahm zehn Eindollarscheine aus der Jackentasche – meiner Ansicht nach ein merkwürdiger Aufbewahrungsort für Kleingeld – und legte sie nebeneinander auf die Theke.
    Callahan kehrte aus weiter Ferne zurück und hastete wieder hinter die Theke. Er sah den Fremden von oben bis unten an und stellte dann zehn Schnapsgläser vor ihn. Er füllte jedes mit Whisky, trat schweigend zurück, fuhr sich mit seiner großen, roten Hand durch das langsam schütter werdende Haar und sah den Fremden unbeteiligt an.
    Der dunkle Riese kippte den ersten Drink, schlurfte zur Kreidelinie, sagte mit einem merkwürdigen Akzent: »Auf meinen Beruf«, und warf das Glas in den Kamin.
    Dann kehrte er zur Theke zurück und wiederholte den Vorgang. Zehnmal.
    Beim letzten Glas fielen Ziegelstückchen in den Kamin.
    Als das letzte »Auf meinen Beruf« verklungen war, drehte er sich um und sah uns an. Er wartete gespannt auf Fragen oder eine Herausforderung. Nichts kam. Er drehte sich halb um, hielt inne, wandte sich uns wieder zu und holte ein paarmal tief Luft. Als er dann sprach, marterte seine Stimme unsere Ohren.
    »Mein Beruf, meine Herren«, sagte er mit seinem komischen Akzent, den ich nicht lokalisieren konnte, »ist der eines vorgeschobenen Spähers. Und zwar für eine Rasse, deren Heimat viele Lichtjahre von der Erde entfernt liegt. Viele, viele Lichtjahre.« Er unterbrach sich und wartete unsere Reaktion ab.
    Zehn Whiskies genügen anscheinend, damit er sich als Marsianer fühlt, dachte ich. Na so was! Freue mich, Sie kennenzulernen. Ich bin Popeye, der Seemann. Es war offenbar nicht zu übersehen, daß wir alle das gleiche dachten, denn er stellte müde fest: »Um besoffen zu werden, brauche ich wesentlich mehr Äthan, meine Herren.« Niemand antwortete, und er wandte sich an Callahan. »Sie wissen, daß ich nicht betrunken bin.«
    Callahan musterte ihn fachmännisch und verkündete schließlich: »Nein, Sie sind nicht blau. Ich versteh es nicht, verdammt, aber Sie sind nicht blau.«
    Der Fremde nickte dankbar und wandte sich von nun an direkt an Callahan. »Ich bin seit drei Tagen hier. In zwei Stunden bin ich fertig. Wenn ich fertig bin, begebe ich mich nach Hause. Nachdem ich fort bin, wird euer Planet verdampft werden. Ich habe Daten gesammelt, die zur Vernichtung eurer Rasse führen, sobald meine Herren sie in Händen halten. Meine Herren werden euch als Krebszellen betrachten, die alles infizieren, was mit ihnen in Berührung kommt. Wir werden euch nicht erlauben, weiter zu existieren. Ihr werdet geheilt werden. Und ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher