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Die Verschwörung der fetten Frauen (German Edition)

Die Verschwörung der fetten Frauen (German Edition)

Titel: Die Verschwörung der fetten Frauen (German Edition)
Autoren: Catrin Alpach
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weg, weil sie genau weiß, dass ich sie nicht anrühre. Weißbrot, oh mein Gott!
    Nein, den Mut bringe ich einfach nicht auf. Elvira schlurft an mir vorbei Richtung Kuchentheke, sie beugt sich hinunter zur – Schwarzwälderkirschtorte! Sie schneidet ein großzügiges Stück ab, legt es auf einen Teller, schlurft zurück in den Gastraum, wieder an mir vorbei – oh, ich glaube die Köstlichkeit zu riechen! - und stellt die kulinarische Todsünde vor die Hagere. Deren Gesicht mutiert augenblicklich zu einem Honigkuchen. Ich hasse hagere Frauen!
    Sie scheint keine Leserin meiner Kolumne zu sein, sonst wüsste sie, was sie gerade ihrem Körper antut. Sie überschwemmt ihn mit Fett, Kohlehydraten und Cholesterin, sie bringt ihre Körperzellen in unfassbare Bedrängnis, sie verplempert drei Minuten Lebenszeit, die ihr der gerechte Schöpfer am Ende gnadenlos abziehen wird. Und warum? Genuss! Damit sie das Teufelszeug hemmungslos in ihr Honigkuchengesicht schaufeln kann!
    Wie kann ein erwachsener Mensch nur so unvernünftig sein! Wenn sie wenigstens ein schlechtes Gewissen hätte! Aber nein, sie scheint es tatsächlich zu genießen! Ob ich eine Bürgerinitiative starten sollte, die das Genießen in Cafés verbieten will? Mit dem Rauchen hat es ja auch geklappt. Wer partout nicht auf seine Schwarzwälderkirsch verzichten möchte, soll sie gefälligst draußen vor der Tür verzehren! Bei Wind und Wetter! Mit einem schlechten Gewissen! Und aus einem versteckten Lautsprecher liest eine anklagende Stimme meine Kolumnen vor!
    Reg dich ab, Paula. Widme dich deinem Salat, er kann doch nichts dafür. Er gibt sich solche Mühe, deine eh schon miserable Laune noch schlechter werden zu lassen. Und es gelingt ihm. Braver Salat. Blöder Salat. Ich werde dich am Leben lassen, wenigstens deine grünen Blätter. Vielleicht sammelt sie Elvira in einer großen Tüte und gibt sie später den Kaninchen.
    Ich trinke meinen unglaublich gesunden grünen Tee aus und begebe mich in die sanitäre Einrichtung. Okay, ich könnte auch Toilette oder gar Klo sagen, aber meine Laune ist mittlerweile so schlecht, dass ich nicht auch noch sprachlich ordinär werden möchte. Der Spiegel. Ich werde in das Glas schauen und meinen Lippenstift nachziehen müssen. Mir muss das unfassbare Kunststück gelingen, dabei die tiefen Falten auf meiner Stirn zu übersehen, gar nicht zu reden von den Mundwinkeln, die inzwischen selbst dann herunterhängen, wenn ich zu lächeln versuche.
    »Sieht aber noch gut aus!«
    Die Hagere. Hab sie gar nicht kommen hören, was kein Wunder ist. So wenig wie die wiegt, schwebt sie fast über den Boden und die Tür zu den sanitären Anlagen ist gefährlich lautlos.
    Will die mich etwa anmachen? So sieht sie nämlich aus. Kurze dunkle Haare, das Gesicht nicht uneben, aber eher maskulin. Jeansanzug. Oder macht sie sich über mich lustig?
    Gott sei Dank gibt es hier zwei Spiegel. Sie parkt ihr Gesicht im zweiten und zieht ihre Lippen nach. Lila. Aha. Ich enthalte mich jeglichen Kommentars und ordne meine Haare.
    »Also ich finde, für einen kleinen Snack ist das Café Meier ideal. Kommen Sie oft hierher?«
    Kleiner Snack? Die hat in zehn Minuten mehr vertilgt als ich am ganzen Tag! Und was geht es die an, wie oft ich hier bin? Ich brumme etwas Undeutliches, das wie »jaja« klingt und schiebe ein etwas verständlicheres »Kommt drauf an« nach.
    »Auf was?« fragt sie lachend und schaut zu mir rüber.
    »Wie ich es zeitlich gebacken kriege mit der Mittagspause«, antworte ich und prüfe noch einmal den korrekten Sitz des Lippenstifts.
    »Arbeiten Sie hier in der Nähe?«
    Mensch, ist die neugierig!
    »Direkt gegenüber«, sage ich knapp und wende mich zum Gehen. Ob ich »Auf Wiedersehen« sagen soll? Sie ist schneller.
    »Aha, beim Feind also!«
    Aha? Ich schicke ihr meinen durchdringendsten Hexenblick hinüber. Konkurrenz! Drei Straßen weiter residiert die Redaktion von Frau mit Verstand . Eigentlich beackern sie die gleichen Themen wie wir, nur streuen sie mehr Fremdwörter in ihre Artikel ein und nennen das dann »intellektuell«. Da hat Prinz Harry »eine potente Aversion gegen Erwerbsarbeit« - bei uns ist er einfach nur ein fauler Partylöwe. Frauen mit Übergewicht sind »adipös«, was mich immer an einen Sportartikelhersteller erinnert, und wenn für uns eine Sache klar wie Kloßbrühe ist, dann für Frau mit Verstand natürlich »unbezweifelbar evident«.
    Eigentlich verirrt sich keine der Redakteurinnen unseres Konkurrenzblattes
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