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Die Verfluchte

Die Verfluchte

Titel: Die Verfluchte
Autoren: Claire Gavilan
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hoch.
    Es dauerte lange, bis sie eingeschlafen war.
     
    Als Rose am nächsten Morgen erwachte, kam sie sich vor wie durch den Fleischwolf gedreht. Ihr Kopf schmerzte, und sie fühlte sich, als würde sie eine schwere Krankheit ausbrüten. Sie hatte tief geschlafen und – zum ersten Mal, seit sie hier in Erdevan war – auch völlig traumlos.
    Jetzt, im Licht des frühen Morgens, war sie niedergeschlagen. Es schien, als hätte sie nach schier unendlicher Suche endlich gefunden, was sie überlebensnotwendig brauchte – nur um es im nächsten Augenblick wieder zu verlieren. Ihre Gedanken wanderten zu Alan und zu ihren überwältigenden Gefühlen für ihn. Sie schwang die Füße aus dem Bett, blieb aber auf der Kante sitzen, weil sie sich nicht sicher war, ob ihre Beine sie tragen würden. Wahrscheinlich würden sie allein beim Gedanken an Alan wieder anfangen zu zittern. Sie sehnte sich mit jeder Faser ihres Körpers nach ihm. Sie wollte seine Berührung spüren, seine Hand auf ihrer Haut, seinen Atem ...
    Unbändige Hitze flammte in ihrem Leib auf.
    Sie kämpfte dagegen an, weil es ihr gleichzeitig peinlich und sehr unheimlich war. Was war es nur, das dieser geheimnisvolle Mann mit ihr tat? Wer war er? Und woher zum Teufel kannte sie ihn? Kannte sie ihn überhaupt? Oder hatte er sie mit irgendeinem magischen Bann belegt, damit sie das dachte und sich ihm hingab?
    Sie grübelte eine Weile über die letzte Frage nach und kam dann zu dem Schluss, dass sie wirklich den Verstand verlor. Magie? Was für ein Unsinn!
    Sie schloss die Augen und rief sich jeden Zentimeter von Alans Gesicht ins Gedächtnis. Sein markantes Kinn, die gerade Nase. Die durchdringenden blauen Augen und die schwarzen Locken, die ihm in die Stirn hingen. Beim Gedanken an seinen Mund wurde die Sehnsucht danach, seine Lippen auf ihren zu spüren, so mächtig, dass sie aufseufzte.
    Entschlossen stand sie auf. Und wie vermutet musste sie um ihr Gleichgewicht kämpfen. Allein an Alan zu denken, hatte ihren Körper in warmes Wachs verwandelt.
    Unsicher wankte sie zu dem Waschbecken in der Ecke ihres Zimmers. Sie warf einen Blick in den Spiegel und staunte. Sie hatte eigentlich erwartet, in ein blasses, zerknittertes Gesicht mit triefenden Augen und roter Nase zu schauen. Stattdessen schien sie von innen heraus zu leuchten. Ihre Wangen waren rosig, ihre Lippen hatten eine gesunde Farbe, fast so, als hätte sie Lippenstift aufgetragen. Sie berührte ihre Unterlippe, und ein Bild erschien in ihren Gedanken.
    Alans Lippen. Ganz dicht vor ihren. Seine Augen. Fragend. Und dann die erste, zögerliche Berührung, die einen Stromstoß durch ihren gesamten Körper gejagt hatte ...
    Eine Gänsehaut lief Rose den Rücken hinunter und explodierte irgendwo in der Nähe ihres Beckens in purer Hitze. Schon wieder seufzte sie. Diesmal klang es eher wie ein wohliges Stöhnen. Sie wurde sich der Tatsache bewusst, dass sie wieder mal unter dem Nachthemd kein Höschen anhatte.
    Sie beugte sich vor und legte die Stirn gegen das kühle Spiegelglas.
    Du liebe Güte!
     
    Beim Frühstück war Enora sonderbar nachdenklich. Rose saß ihr gegenüber und wartete darauf, dass ihre Freundin sie auf das ansprach, was in der Nacht geschehen war. Rose hatte gebeten, Erdeven heute zu verlassen, und darauf hatte Enora ihr keine Antwort gegeben. Würde sie es jetzt tun?
    Rose lauschte in sich hinein. Wollte sie überhaupt weg von hier? Ihre Wangen wurden warm bei dem Gedanken an die Hitze zwischen ihren Beinen, die sie vor dem Spiegel schon wieder empfunden hatte.
    „Worüber grübelst du nach?“, fragte Enora.
    Rose kämpfte um ein möglichst gleichmütiges Gesicht. Wahrscheinlich waren ihre Wangen inzwischen flammend rot und ihre Ohren gleich mit, dachte sie. Und vermutlich wusste Enora genau, woran sie dachte.
    Als sie sich vor anderthalb Jahren nach der ersten Nacht mit Serge mit Enora zum Frühstück getroffen hatte, hatte die ihr auf den Kopf zugesagt, was geschehen war.
    „Du hattest Sex“, hatte sie damals geschmunzelt.
    Jetzt musterte Enora Rose über den Rand ihrer Kaffeetasse hinweg und wartete auf eine Antwort auf ihre Frage.
    Rose unterdrückte ein resigniertes Seufzen. „Der Mann, von dem ich träume“, begann sie und brach ab, weil sie es einfach nicht über die Lippen brachte. Was sollte sie sagen?
    Er hat mich verhext?
    Sie lebten im einundzwanzigsten Jahrhundert, zum Kuckuck! Und Rose war nicht der Mensch, der an Magie glaubte.
    „Nenn mich verrückt, aber ich habe
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