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Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)
Autoren: Annette Dutton
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neben Margarete saß, bedachte Katja mit einem Blick, als sähe er seine Tochter zum ersten Mal. Katja war bewusst, dass die Erwähnung der Hilfsorganisationen für eine gewisse Spannung im Raum sorgte, doch Albert lächelte so liebenswürdig, als hätte er nichts anderes von seiner Enkelin erwartet. Sie nahm ihre Rede wieder auf:
    »Ich bin meinerseits auch nicht mit leeren Händen gekommen. Ich habe dir etwas aus Australien mitgebracht. Es war nicht leicht, das Richtige zu finden. Ich meine, was schenkt man schon einem Mann wie Albert von Beringsen?«
    Katjas Vater und ihr Bruder sahen sich an und lachten zustimmend.
    Während sie sprach, übergab einer der Bediensteten Albert ein kleines Päckchen, der es vor sich auf den Tisch legte. Seine Nachbarn auf beiden Seiten forderten ihn gutmütig auf, das Geschenk zu öffnen. Als er das Papier abstreifte, fiel sein Blick auf einen Gegenstand, der ihn unwillkürlich erstarren ließ. Seine Hand glitt hinab zum Oberschenkel, und Katja sah, wie er für den Bruchteil einer Sekunde zusammenzuckte. Dann nahm er den dreieckigen Gegenstand und betrachtete ihn von allen Seiten. Als er zu seiner Enkeltochter aufschaute, hatte sein Blick etwas Unergründliches.
    »Großvater, ich weiß, wie sehr du schrullige Geschichten liebst. Diese Speerspitze der Aborigines passt meines Erachtens nahtlos in deine Sammlung historischer Artefakte. Sie wurde benutzt, um Besessene von bösen Geistern zu erlösen. Dem Besessenen wurde hierbei das Bein durchbohrt, genau genommen der Oberschenkel. Da diese Speerspitze mit einem Widerhaken versehen ist, musste sie in einer äußerst komplizierten Prozedur durch den Schenkel getrieben werden, damit sie entfernt werden konnte. Die Folge waren lebenslange Schmerzen.«

    Am nächsten Tag rief Margarete ihre Tochter an, um ihr mitzuteilen, dass es ihrem Großvater nicht gutgehe.
    »Die Feier war wohl doch ein bisschen zu viel für den alten Herrn. Er hat übrigens nach dir gefragt. Er sagt, er hätte da einige Fragen zum Projekt.«
    »Kein Problem. Ich treffe mich mit ihm, wann immer es ihm passt, und beantworte alle seine Fragen. Allerdings hätte ich euch alle gerne dabei. Dich, Vater, Bernhard und auch Reuter. Könntest du dafür sorgen? Ich bringe Lambert mit.«

    Margarete hatte die Zusammenkunft des Clans, wie erwartet, bestens organisiert. Dem Blauen Salon sah man nicht an, dass er erst kürzlich zweihundert Gäste beherbergt hatte.
    Als Albert von seiner Sekretärin in den Salon gerollt wurde, fiel Katja erneut die Kälte seiner Augen auf. Doch dieses Mal war sie vorbereitet und ließ sich davon nicht einschüchtern. Ihre Eltern dagegen fühlten sich sichtlich unwohl. Einzig Lambert schien die Ruhe selbst, aber er war ja auch nicht Teil der Familie und saß ein wenig abseits.
    Die Sekretärin positionierte den Rollstuhl so, dass Albert die ganze Familie im Blick hatte.
    Nach einer allgemeinen Begrüßung wandte er sich mit heiserer, fast flüsternder Stimme an Katja.
    »Ich muss mich bei dir entschuldigen, dass ich es bisher versäumt habe, dir persönlich für dein Geschenk zu danken. Wie du schon sagtest, fügt es sich tatsächlich ganz hervorragend in meine bescheidene Sammlung ein. Es stimmt: Ich habe ein Faible für Objekte, die eine Geschichte haben. Geschichte ist schließlich das, was uns als Menschen und Familien auszeichnet und verbindet. Meine Gäste mögen wegen deiner Bemerkungen gestern vielleicht ein wenig irritiert gewesen sein, ich bin es nicht.« Er pausierte nach diesen Worten, um ihr die Gelegenheit für eine Antwort zu geben, doch Katja blieb still, erwiderte standhaft seinen Blick.
    »Woher hast du diese Speerspitze überhaupt?«, fragte er daher nach.
    »Von den Waanyi people im Nordwesten Queenslands. Wieso fragst du?«
    Er nickte kaum merklich und legte den Kopf schief. Ihre Frage ignorierte er, antwortete stattdessen mit einer Gegenfrage.
    »Was hat dich an mich denken lassen, als man dir die Speerspitze gezeigt hat?«
    »Lass uns mit dem Versteckspiel aufhören!«, brach es aus Katja heraus. »Ich weiß Bescheid, was damals in Mt. Isa passiert ist und wer dich dort verletzt hat. Über Tasmanien bin ich ebenfalls im Bilde, und ich weiß, was es mit deiner Herkunft auf sich hat.«
    Ein Murmeln erhob sich.
    »Nun mal schön langsam und der Reihe nach, wenn ich bitten darf«, sagte Albert und hob beide Hände, wie um sie zu bremsen. »Ich hab keine Ahnung, wovon du sprichst, und ich bin sicher nicht der Einzige, dem es so
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