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Die verborgene Wirklichkeit

Die verborgene Wirklichkeit

Titel: Die verborgene Wirklichkeit
Autoren: B Greene
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Ergebnissen. In einem gleichförmigen Universum ist es genauso. Jeden Planeten, jeden Stern und jede Galaxie beschreiben zu wollen, wäre eine hoffnungslose Aufgabe. Die durchschnittlichen Eigenschaften eines gleichförmigen Kosmos zu beschreiben, ist sehr viel einfacher – und seit es die Allgemeine Relativitätstheorie gibt, ist es machbar.
    Das geht folgendermaßen: In groben Zügen kann man den Inhalt eines großen Raumvolumens durch die Angabe beschreiben, wie viel Material es enthält; genauer gesagt: durch die Dichte der Materie oder, noch genauer: durch die Dichte der Materie und Energie, die in dem betreffenden Volumen enthalten sind. Die Gleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie beschreiben, wie sich diese Dichte im Laufe der Zeit verändert. Aber wenn man nicht das kosmologische Prinzip zu Hilfe nimmt, ist die Analyse der Gleichungen hoffnungslos kompliziert. Insgesamt sind es zehn, und jede Gleichung hängt auf komplizierte Weise von den anderen ab – insgesamt bilden sie einen festen mathematischen gordischen Knoten. Wie Einstein glücklicherweise herausfand, vereinfachen sich die mathematischen Verhältnisse, wenn man die Gleichungen auf ein homogenes Universum anwendet; dann reduzieren sich die zehn Gleichungen letztlich auf eine einzige. Das kosmologische Prinzip durchschlägt den gordischen Knoten, indem es die mathematische Beschreibung der Auswirkungen der im Kosmos enthaltenen Materie und Energie auf eine einzige Gleichung zusammenschnurren lässt (die in den Anmerkungen abgedruckt ist). 5
    Weniger glücklich war aus Einsteins Sicht etwas anderes: Als er diese Gleichung untersuchte, stieß er auf etwas Unerwartetes und für ihn Unverdauliches. Nach der allgemein herrschenden wissenschaftlichen und philosophischen Überzeugung war das Universum auf großen Skalen nicht nur homogen, sondern auch unveränderlich. Ganz ähnlich wie die schnellen Molekülbewegungen in unserem Tee, die sich im Durchschnitt zu einer unbeweglich aussehenden Flüssigkeit summieren, sollten auch die astronomischen Bewegungen – beispielsweise der Planeten, die um die Sonne kreisen, und der Sonne, die in der Galaxis kreist – einen im Durchschnitt unveränderlichen Kosmos ergeben. Einstein hielt an dieser Sichtweise fest, merkte jedoch zu seiner Bestürzung, dass sie im Widerspruch zur Allgemeinen Relativitätstheorie stand. Die Gleichungen
zeigten, dass die Dichte von Materie und Energie im Laufe der Zeit nicht konstant bleiben kann . Die Dichte wird mit der Zeit entweder größer oder geringer.
    Die mathematische Analyse, die zu dieser Schlussfolgerung führt, ist kompliziert, aber die dahinter stehenden physikalischen Verhältnisse sind leicht zu begreifen. Stellen wir uns einen Baseball vor, der vom Standort des Schlagmanns aus in Richtung des Spielfeldzauns fliegt. Anfangs steigt der Ball aufwärts; dann verlangsamt er seinen Flug, erreicht den höchsten Punkt seiner Bahn und fällt schließlich wieder nach unten. Dass er nicht träge wie ein Luftschiff in der Luft schweben bleibt, liegt an der Schwerkraft: Sie ist eine Anziehungskraft, wirkt nur in einer Richtung und zieht den Ball zur Erdoberfläche. Eine Situation des Stillstandes, beispielsweise ein Patt beim Tauziehen, erfordert gleich große, entgegengesetzt gerichtete Kräfte, die sich gegenseitig aufheben. Beim Luftschiff stammt der Auftrieb, die Gegenkraft zu der abwärts gerichteten Gravitation, vom Luftdruck (das Luftschiff ist mit Helium gefüllt, das leichter ist als Luft); auf den Ball in der Luft dagegen wirkt keine Gegenkraft zur Gravitation ein (der Luftwiderstand bremst den in Bewegung befindlichen Ball zwar ab, würde aber, sobald sich der Ball nicht mehr bewegt, keine Rolle mehr spielen), und deshalb kann der Ball nicht in einer festen Höhe verbleiben.
    Wie Einstein feststellte, ähnelt das Universum einem Baseball stärker als einem Luftschiff. Da es keine nach außen gerichtete Kraft gibt, die der Anziehung der Schwerkraft entgegenwirkt, lässt sich mit der Allgemeinen Relativitätstheorie zeigen, dass das Universum nicht unbeweglich sein kann. Der Raum expandiert entweder, oder er zieht sich zusammen, aber er kann nicht einfach unverändert bleiben: Galaxien, die sich heute gemeinsam in einem Raumvolumen mit 100 Millionen Lichtjahren Seitenlänge befinden, können sich morgen nicht in einem gleich großen Raumvolumen befinden. Stattdessen ist das Volumen entweder größer, und die Dichte der darin enthaltenen Materie hat sich
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