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Die Sünderinnen (German Edition)

Die Sünderinnen (German Edition)

Titel: Die Sünderinnen (German Edition)
Autoren: Irene Scharenberg
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dem angrenzenden Wohnzimmer fielen ihm sofort die vielen Fotografien an den Wänden auf. Fast ausnahmslos zeigten sie Katharina. Katharina allein am Strand, Katharina bei der Gartenarbeit, Katharina mit Ehemann vor dem Traualtar. Nur auf einem vergilbten Foto fehlte sie. Es zeigte vier junge Männer in schwarzen Anzügen. Sicher war einer von ihnen der junge Burgmeister.
    In diesem Zimmer herrschte genau die gleiche penible Ordnung wie in der Küche. Die Möbel empfand Mark als etwas altbacken, aber schließlich war er nicht hier, um sich Anregungen für die eigene Einrichtung zu holen. Fast automatisch wanderte sein Blick zu dem monströsen Eichenschreibtisch an der gegenüberliegenden Wand. Er ging näher heran und zog die oberste Schublade auf. Abgesehen von Füllfederhaltern in allen Variationen enthielt die Schublade ein rot verschnürtes Päckchen mit Briefen, daneben lag ein weißes Blatt Papier mit schwarzer Umrandung, ähnlich einem Totenbrief.
    Am Absender erkannte Mark sofort, dass die Briefe von Katharina Kaspers stammten. Sie waren an Burgmeister, ihren zukünftigen Mann adressiert, der damals offensichtlich in Trier wohnte. Burgmeister musste diese Frau sehr geliebt haben. Nachdenklich legte Mark die Briefe in die Schublade zurück und zog das schwarz umrandete Blatt hervor. Tatsächlich handelte sich dabei um Katharinas Totenbrief.
    Er hielt ihn eine Weile in der Hand und versuchte, sich zu konzentrieren. Genau in der Mitte erschien ihm das Papier irgendwie uneben, so als hätte jemand die Rückseite beschrieben und dabei den Füllfederhalter zu fest aufgedrückt. Neugierig wendete er das Blatt. Zuerst sah er ein handgemaltes, schwarzes Kreuz. Ungläubig starrte er auf die Namen, die Burgmeister neben das Kreuz gekritzelt hatte. Barbara Winkler, Eva Maria Garden und Marion Karsting. Burgmeister hatte die Namen seiner drei ermordeten Patientinnen mit einem dicken Filzstift durchgestrichen. Der vierte Name jedoch brachte Mark völlig aus der Fassung. Am unteren Ende des Kreuzes stand: Susanne Milton.

    Während Burgmeister auf der Autobahn 40 in Richtung Essen fuhr, überschlugen sich seine Gedanken. Alles in ihm schrie Alarm. Zuerst hatte er nur dieses vage Gefühl verspürt, als habe jemand die Bannmeile um seine Person durchbrochen. Leider hatte sich diese Befürchtung recht schnell als Realität erwiesen. Obwohl der Kontakt zu seinen Nachbarn sich normalerweise auf einen kurzen Gruß beschränkte, hatte Herr Bierbaum von nebenan ihn vor seinem Wagen abgefangen. Aufgeregt hatte er ihm erzählt, dass sich ein Fremder auffallend für seine Haustür und den Vorgarten interessiert hätte. Nur mit Mühe hatte Burgmeister seine Erregung vor dem Nachbarn verbergen können. Er hatte ihm kurz gedankt und war dann in den Wagen gestiegen.
    Sicherlich handelte es sich bei dem Fremden um Mark Milton oder einen Polizeibeamten in Zivil. Eigentlich machte es keinen Unterschied, wer tatsächlich vor seiner Tür herumgeschnüffelt hatte. So oder so musste er diesen Besuch als ein Zeichen deuten. Die Häscher folgten seiner Spur, um die Vollendung der Sühne zu vereiteln. Deshalb musste er sein Werk noch heute vollenden. Er konnte es kaum erwarten, seinem letzten Opfer gegenüberzustehen. Während er von der Autobahn abfuhr und sich mit dem Wagen in Richtung Süden quälte, kannte er nur noch einen Gedanken. Susanne Milton musste ihm eine Gelegenheit bieten, ihr allein zu begegnen. Er wagte es sich gar nicht auszumalen, wenn er heute keine Chance bekommen würde.
    An der nächsten roten Ampel schaltete er das Navigationsgerät ein. Nachdem ihn eine sympathische Stimme noch zweimal zum Abbiegen aufgefordert hatte, hielt er den Wagen an. Hektisch beugte er sich zur Beifahrerseite, öffnete dort das Handschuhfach und zog seine blonde Perücke heraus. Er zog sie eilig über sein kurz geschnittenes, schwarzes Haar, dann kramte er die eigens für diesen Zweck gekaufte Hornbrille hervor. Eigentlich jedoch war die Verkleidung unwichtig. Susanne würde ihn hinterher sowieso nicht beschreiben können, allenfalls ihre Eltern, sollte er ihnen nahe genug begegnen, aber das war ihm inzwischen egal. Sobald er seine Mission erfüllt hatte, wäre sein Leben sowieso sinnlos. Eigentlich ergab sein Leben schon seit Luisas tödlichem Unfall keinen Sinn mehr. Nur der Gedanke an seine Aufgabe ließ ihn weiterleben.
    Während er jetzt im Autospiegel sein verändertes Äußeres betrachtete, fiel die Hektik plötzlich von ihm ab. Gefährliche
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