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Die Spur des Dschingis-Khan

Titel: Die Spur des Dschingis-Khan
Autoren: Hans Dominik
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weißes Kulturland zu schaffen versprachen, erschienen ihm jene Länder begehrenswert.
    Ein neues Schlagwort war bald gefunden: Panmongolismus! Vereinigung aller Gelben mit dem großen Himmlischen Reich. Schnell wurde es aufgenommen. Bald war eine rege Irredenta in den bis dahin politisch völlig indifferenten Gegenden im Gange.
    Die gelben Emissionäre fanden einen Boden, dessen Bearbeitung ihnen die Siedlungsgesellschaft notgedrungen erleichterte. Da die dort ansässigen mongolischen Stämme durch die europäischen Siedler in ihrer Nomadenwirtschaft gehindert oder gar verdrängt wurden, gab es Unzufriedene genug. Das diplomatische Spiel hatte bereits begonnen, da krachte der verhängnisvolle Schuß.
    Über den Gärten von Schehol lag eine milde Frühlingssonne. Auf einer weiten Dachterrasse des Palastes stand das niedere Lager, auf dem der Kaiser ruhte. Auf den weißen Seidenkissen wirkte das Antlitz wie das eines Toten.
    Die Blicke des Kaisers hingen starr am Horizont. Dort hinten … hinter den Schneegipfeln des Thian-Schan lag das Reich seiner Feinde, der Westländischen.
    Ein leichter Glanz belebte die starr blickenden Augen. Wie sie ihn fürchteten … da drüben hinter den Mauern des Himmelsgebirges !
    Und jetzt? … Wie würden sie frohlocken, wenn er tot … Er stöhnte unterdrückt. Seine Hand tastete nach einer Schale mit goldenen Kugeln und ließ eine davon in ein klingendes Bronzebecken fallen. Hinter einem seidenen Vorhang wurde ein Diener sichtbar.
    »Toghon-Khan!«
    Seit er die Gewißheit hatte, daß er sterben müsse, hatte er sie zu sich gerufen … die Großen seines Landes … einen Starken zu finden, der für seinen unmündigen Sohn das große Reich leiten und schützen könne.
    Und alle hatte er wieder weggehen lassen, als zu leicht befunden. Keiner darunter, der würdig war, den Ring zu tragen, der den vierten Finger der kaiserlichen Rechten umschloß.
    Ein einziger noch … der letzte, der in Frage kam. Schanti, der Herr von Dobraja und Aksu. Nicht nur ein tüchtiger General, sondern auch ein hervorragender Staatsmann, hatte er es in zäher Energie verstanden, hinter das Geheimnis des Schmelzpulvers der Weißen zu kommen. Zwar war es ihm noch nicht gelungen, Arbeiten in so großzügiger Weise auszuführen, wie sie die Europäische Siedlungsgesellschaft in RussischTurkestan betrieb, doch war immerhin ein Anfang gemacht.
    Aber würde Toghon-Khan auch der gewaltigen Aufgabe gewachsen sein, die ihm die Regentschaft über das ganze Riesenreich bringen mußte?
    Wieder ließ der Kaiser eine Kugel in die Schale fallen. Die seidenen Vorhänge rauschten auseinander, und ein Mann in Generalsuniform trat auf die Terrasse. Ein markantes Gesicht. Das ganze Äußere zeugte für ein glutvolles und leidenschaftliches Temperament.
    Einen kurzen Moment ruhten die Augen des Eingetretenen auf dem todgeweihten Herrn.
    Langsam ließ er sich auf die Knie nieder und beugte die Stirn, bis sie den Boden berührte.
    Schwach, wie aus weiter Ferne kommend, schlug eine Stimme an sein Ohr.
    »Ich danke dir, Toghon, daß du meinem Ruf schnell gefolgt bist … meine Zeit ist kurz, die Ahnen rufen mich …«
    Regungslos verharrte Toghon-Khan, die Stirn am Boden. Leise kam seine Antwort:
    »Himmlische Weisheit, du wirst das Reich noch lange lenken …«
    »Nein, Toghon … die Ahnen rufen mich. Ich gehe bald … Aber schwer ist mein Herz … Die Sorge um mein Land und mein Haus …«
    Erschöpft schwieg der Kaiser. Minuten verflossen, bis er neue Kraft fand. Toghon-Khan sprach: »Die Blüte des Lotos ist von der allerhöchsten Weisheit gesegnet …«
    »Nein, Toghon … Mein Sohn ist ein Knabe und spielt mit den Frauen im Palast. Jetzt wollte ich ihn zu mir nehmen … einen Mann aus ihm machen … Die Vorsehung hat es nicht gewollt.«
    »Du wirst genesen …«
    Toghon-Khan fühlte, wie die matte Hand auf seinem Haupte zitterte.
    »Nein, Toghon. Ich sterbe … in Sorge um das Reich. Wolken stehen am Himmel. Von Westen drohen sie. Wer wird das Reich führen? … Ich habe sie alle gehört … Die Statthalter des Nordens und des Südens … den Hohen Rat und die Ratskammer … Kleine Köpfe … kleine Mittel … alle … alle. Du bist der letzte! … Wirst du mich auch enttäuschen? … Was hast du zu sagen …«
    »Die Wolken, die das Land bedrohen, werden vor der Sonne weichen … Aber wenn sie der Sonne nicht weichen, wird ein Blitzstrahl sie zerreißen. Ein Blitzstrahl des Himmels wird den Himmel wieder klarmachen.«
    »Ein
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