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Die Spinne - Niederrhein-Krimi

Die Spinne - Niederrhein-Krimi

Titel: Die Spinne - Niederrhein-Krimi
Autoren: emons Verlag
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dem
     Ankunftsbereich des Flughafens in den ersten Wagen in der Reihe gesetzt hatte,
     prallten ihre Versuche der höflichen, oberflächlichen Kommunikation
     erbarmungslos an ihm ab. Sie blieb hartnäckig, er hingegen sprach nicht viel,
     erst recht nicht mit einer wildfremden, dahergelaufenen Angestellten einer
     Berufssparte, die seiner Ansicht nach nur darauf aus war, jeden Kunden zu
     bescheißen. Trau, schau, wem, hatte sein Vater immer gesagt und dabei breitflächig
     und auf lange Sicht Misstrauen gesät. Söhne lernen von ihren Vätern. Fahren
     soll sie, dachte der Mann, fair abrechnen und ihn ohne Umwege vom Airport Niederrhein
     in Weeze aus nach Wesel bringen.
    Seine Maschine aus Innsbruck war pünktlich gelandet, er hatte erleichtert
     aufgeatmet, als sein Koffer unter den ersten Gepäckstücken auf dem Laufband in
     Sicht kam, und wollte nur noch weg. Er hasste die kleinen regionalen Flughäfen,
     die Mischung aus Asphalt, Gummiabrieb und Kerosin, die auf den Rollfeldern in
     der Luft lag, die man stets zu Fuß überqueren musste. Es gab aber keine
     schnellere Verbindung in die Berge. Mehrmals im Jahr zog es ihn dorthin, um die
     Gipfel zu begehen, reines Quellwasser durch die Finger rinnen zu lassen, um zur
     Ruhe zu kommen. Niemand quatschte ihn dort an, manchmal begegnete ihm stundenlang
     keine einzige Menschenseele. Stille, Abstand, stets weiteten sich seine Sinne
     angesichts eines Bergpanoramas. Dort oben war er Gott.
    Ob er geschäftlich dort gewesen sei oder zur Erholung, wollte die
     Fahrerin bereits wissen, bevor sie das weitläufige Flughafengelände verlassen
     hatten. Sie liebe die Berge ja auch, brauche keine exotischen Reiseziele, ihr
     reiche der Schwarzwald oder das Allgäu. Er schwieg.
    Knapp vor der Auffahrt zur A 57 bei Sonsbeck schien sie verstanden zu
     haben, dass dieser wortkarge Fahrgast offenbar nicht zu knacken war, und
     seitdem musterte sie ihn in regelmäßigen Abständen im Rückspiegel, während die
     niederrheinische Tiefebene an ihnen vorbeizufliegen schien.
    Stocksteif saß er da, umklammerte seine abgegriffene Aktentasche. Eine
     unauffällige Erscheinung, stellte die Taxifahrerin fest, ein grauer Haarkranz
     umgab eine gebräunte Glatze, seine Augen blieben hinter einer verspiegelten
     Sonnenbrille verborgen. Einzig die naturfarbenen Baumwollhandschuhe, die seine
     Hände bedeckten, wirkten befremdlich. Ihr blieb nicht verborgen, dass er mit
     leicht gerümpfter Nase ständig seine direkte Umgebung taxierte. Er schien den
     Innenraum des in die Jahre gekommenen Benz genau zu betrachten.
    Da sei nichts drin, rief die Frau unvermittelt von der Fahrerseite aus
     nach hinten, wenn er vorhabe, sich über die Sauberkeit zu beschweren, dann sei
     er bei ihr an der falschen Adresse. Der Wagen sei in Ordnung, ihre Firma lege
     größten Wert darauf, es gebe hier nichts zu bemängeln. Er holte tief Luft,
     neigte den Kopf zum Fenster und ließ sich dazu herab, direkt zu antworten.
    »Wenn Sie auch nur die geringste Ahnung davon hätten, wie viele
     Erregerkeime und Bakterien sich auf Griffen, Geldmünzen und unverpackten
     Lebensmitteln befinden, wären Sie nicht so leichtfertig mit Ihren Bemerkungen.
     Um diesen Innenraum für drei Minuten steril zu bekommen, müssten Sie ihn
     komplett mit Wasser auffüllen und zehn Minuten abkochen. Hier wird doch immer
     nur oberflächlich durchgewienert, und die Gerüche von Putzmitteln und der
     dämlichen Tanne an Ihrem Rückspiegel sollen dem Fahrgast Sauberkeit und Frische
     suggerieren. Sparen Sie sich für den Rest der Strecke Ihre Weisheiten, machen
     Sie einfach nur Ihren Job und fahren Sie mich ohne Umwege nach Wesel.«
    Die strenge Kälte in seiner Stimme ließ die Frau am Steuer frösteln,
     während sie beobachtete, wie er an seinen Handschuhen nestelte.
    In den Bergen ging es seinen Händen prima; sobald er die flache Rheinebene
     erreicht hatte, begann sein altes Problem, ihn zu malträtieren. Seine
     Handflächen reagierten extrem empfindlich auf den Dreck der Welt, den
     sichtbaren, spürbaren und den, der nur zu erahnen war. Seine Verpflichtungen
     ließen ihn jedoch nicht von hier fort. Das fast verwaiste Elternhaus stand
     hier, und in Wesel wartete eine neue Arbeitsstelle auf ihn.
    Dies sei nur eine Mitteilung, sagte die Fahrerin, als sie an der Abfahrt
     Alpen/Wesel die Autobahn verließen, eine Umleitung, die durch Büderich geführt
     werde, könne zu einer zeitlichen Verzögerung von bis zu dreißig Minuten
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