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Die Rückkehr der Jungfrau Maria

Die Rückkehr der Jungfrau Maria

Titel: Die Rückkehr der Jungfrau Maria
Autoren: Bjarni Bjarnason
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zusammenzustellen, in denen er Marias Jungfräulichkeit anzweifelte und über die Notwendigkeit sprach, diese zu widerlegen, um die Sekte Kinder Marias zu vernichten. Die Journalistin produzierte eine Sendung mit dem Titel Ein Bischof im Kampf mit der Jungfräulichkeit und zeigte Ausschnitte aus Interviews mit Sebastian sowie Gespräche mit zwei namentlich genannten Zeugen, die bestätigten, dass Sebastian Marias Jungfräulichkeit durch einen Roboter überprüfen lassen wollte, da Ärzte sie nicht berühren konnten. Nach der Ausstrahlung der Sendung war der Bischof das meistdiskutierte Thema in den Medien, und sein Ruf wurde ernsthaft in Frage gestellt. Führende Persönlichkeiten übertrafen sich gegenseitig darin, ihr Erstaunen und ihre Empörung über das Verhalten des Kirchenmannes auszudrücken, und Sebastian wurde von allen wichtigen Ämtern freigestellt.
    Aber das reichte mir nicht. Ich brachte mehrere kleine Tageszeitungen und die großen Boulevardblätter dazu, Spekulationen abzudrucken, ob der Bischof Maria womöglich irgendwo als Geisel hielt. Auf mein Betreiben bat einer der wichtigsten Vorreiter der Kinder Marias die Menschen öffentlich, ein Auge auf Sebastians Aktivitäten zu haben, da Maria dadurch gefunden werden könne, und forderte Sebastians Mitstreiter auf, sich zu stellen und ihn nicht länger zu decken. Als mein Prozess näherrückte, konnte ich eine Reihe von Journalisten davon überzeugen, den Standpunkt zu verbreiten, dass Sebastian seine Schuld indirekt eingestehen würde, wenn er nicht zu meinem Prozess erschiene.
    Am Morgen des Prozessbeginns waren neun Tage seit meiner Inhaftierung vergangen.
    Die erste Anklage gegen mich, die Ermordung Salomes, wog schwerer und wurde daher zuerst verhandelt. Ich hatte entschieden, mich bei der zweiten Anklage selbst zu verteidigen, überließ die Verteidigung der ersten jedoch meinem Anwalt.
    Die Spezialisten der Kriminalpolizei hatten an Salomes Kleidung winzige Hautpartikel von mir gefunden. Das bewies zwar, dass ich sie angefasst, aber nicht, dass ich sie ermordet hatte. Salome trug an dem Abend ihrer Ermordung dieselben Sachen wie auf dem Marktplatz, als Maria und ich die Messernummer vorgeführt hatten. Es gab Zeugen, die gesehen hatten, dass ich sie auf dem Marktplatz umarmt hatte, was die Hautpartikel auf ihrer Kleidung erklärte. Als Nächstes wurde die Frage erörtert, wo ich in der letzten Nacht vor Salomes Tod gewesen sei. Judith bezeugte, dass ich bei ihr gewesen sei. Außerdem hatte die Polizei bei Marias Festnahme in ihrer Wohnung verschiedene Dinge von mir gefunden, was darauf hinwies, dass ich mich zumindest in diesem Zeitraum im Haus aufgehalten hatte und ebenso gut in der Wohnung gegenüber hätte gewesen sein können. Dann wurde die Mordwaffe diskutiert. Ich wurde nach den Messern gefragt, die ich bei der Wurfnummer benutzt hatte, und erklärte wahrheitsgemäß, dass sie sich zusammen mit anderen Zirkusutensilien auf einem Wagen mit der Aufschrift Zirkus der Göttlichen Ordnung im Hof hinter der Pension befänden, in der Maria und ich eine Woche lang gewohnt hätten. Man fand den Wagen und untersuchte die Messer. Spezialisten stellten fest, dass keines davon die Mordwaffe gewesen sein konnte, denn die Klingen waren breiter als die Wunde in Salomes Brust. Das Mädchen musste mit einem kleinen Messer erstochen worden sein, vermutlich mit einem Taschenmesser. Als ich gefragt wurde, ob ich ein solches Messer besäße, verneinte ich. Trotz ausgiebiger Suche in Blomsterfeld, in meinen Sachen, im Auto und anderswo fanden die Kriminalbeamten kein Taschenmesser. Die erste Anklage wurde fallengelassen, und so kam die zweite, die illegale Befreiung Marias, an die Reihe.
    Jean Sebastian war bei der Verhandlung der Mordanklage gegen mich nicht anwesend gewesen. Doch am dritten Prozesstag, als die Erörterung der zweiten Anklage beginnen sollte, erschien Sebastian und weckte damit eine hohe Erwartung im Saal. Es hieß, er wolle sich rächen und verfüge über neue Beweise, die Maria und mich entlarven würden. Ich war immer noch fest entschlossen, mich nun selbst zu verteidigen und wusste nach Rücksprache mit Anwälten, dass es relativ leicht war. Die Anklage war zum Scheitern verurteilt: Das Gesetz konnte Maria nicht belangen, da es keine Unterlagen gab, die ihre Existenz bewiesen. Sie stand nicht im Volksregister, hatte keine Geburtsurkunde, keine Personalausweisnummer – kurz gesagt, es gab keine eindeutigen Hinweise, wen genau ich auf
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