Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens
Autoren: Ildefonso Falcones
Vom Netzwerk:
einer leichten Rechenschaft unterzogen sein und wird fröhlich zu seinen Angehörigen …«
    Nach den Waschungen begannen sie mit dem Nachtgebet. Da für verbeugten sie sich zweimal und berührten mit den Händen die Knie.
    »Lob sei Gott«, begannen sie einstimmig.
    Gerade als sie auf Hamids einziger Decke knieten, mit Stirn und Nase den Stoff berührten, klopfte es an der Tür.
    Die beiden erstarrten.
    Es klopfte noch einmal, diesmal lauter.
    Hamid schaute besorgt zu Hernando, der seinen Blick erwiderte. Seine blauen Augen funkelten im Licht der Öllampe. Er war ein alter Mann, aber Hernando …
    »Hamid, mach auf!«
    Hamid? Kein Christ hätte ihn bei diesem Namen gerufen. Der Alfaquí stand auf und öffnete die Tür.
    »Salam aleikum.«
    »Aleikum salam«, grüßte der Fremde zurück. Ein kleiner Mann mit dunkler, ledriger Haut, der erheblich jünger war als Hamid, betrat den nur schwach erleuchteten Raum.
    »Das ist Hernando«, sagte Hamid ruhig. »Hernando, das ist Ali. Er kommt aus Órgiva und ist der Mann meiner Schwester. Was führt dich so spät noch zu mir? Du bist weit weg von zu Hause.« Statt einer Antwort deutete Ali mit dem Kinn fragend auf Hernando. »Dem Jungen können wir vertrauen«, versicherte Hamid.
    Ali beobachtete Hernando, der aufstand und nickte. Hamid bat seinen Schwager, auf der Decke Platz zu nehmen. Er selbst setzte sich auf ein verschlissenes Kissen.
    »Bring frisches Wasser und ein paar Rosinen«, bat er Hernando.
    »Zum Jahreswechsel wird es eine neue Welt geben«, prophezeite Ali feierlich.
    Die kaum zwanzig Rosinen in der Schale, die Hernando zwischen die beiden Männer stellte, waren Almosen der Dorfbevölkerung für den Alfaquí.
    Hamid begleitete die Worte seines Schwagers mit einem wissenden Nicken. »Das habe ich gehört.«
    Hernando beobachtete die beiden Männer neugierig. Er wusste nicht, dass Hamid Verwandte hatte, aber diesen Satz hörte er nicht zum ersten Mal. Sein Stiefvater sagte ihn immer wieder, vor allem wenn er von seinen Reisen aus Granada zurückkehrte. Der Sakristan hatte ihm erklärt, es gehe um die neue königliche Verordnung, die die Morisken zwang, sich wie Christen zu kleiden und nicht mehr Arabisch zu sprechen.
    »In der Karwoche der Christen ist der Versuch dieses Jahr doch schon einmal gescheitert«, sagte Hamid weiter. »Warum sollte es dieses Mal anders sein?«
    Hernando war verwirrt. Wovon sprach Hamid? Was für einen gescheiterten Versuch meinte er?
    »Dieses Mal wird der Aufstand gelingen«, versicherte Ali. »Beim letzten Mal wussten alle in den Alpujarras von den Plänen. Deshalb hat auch der Marquis von Mondéjar in Granada davon erfahren, und unsere Glaubensbrüder im Albaicín-Viertel trauten sich nicht aus ihren Häusern.«
    Hamid bat ihn weiterzusprechen. Hernando erstarrte, als er das Wort »Aufstand« hörte.
    »Diesmal wurde entschieden, dass die Leute in den Alpujarras erst dann etwas erfahren, wenn die Eroberung von Granada kurz bevorsteht. Unsere Leute im Albaicín haben genaue Anweisungen, und es gab geheime Versammlungen mit den Männern aus der Vega von Granada, aus dem Lecrín-Tal und aus Órgiva. Die verheirateten Männer haben die verheirateten Männer angeworben, die Junggesellen die Junggesellen und die Witwer die Witwer. Mehr als achttausend Mann stehen für den Angriff auf die Alhambra bereit. Wir rechnen damit, dass die ganze Region hunderttausend Mann bewaffnen kann.«
    »Wer steht diesmal hinter dem Aufstand?«
    »Die Treffen finden im Haus eines Wachsziehers im Albaicín statt, er heißt Adelet. An den Versammlungen beteiligen sich auch Hernando El Zaguer, der Büttel von Cádiar, Diego López aus Mecina de Bombarón, Miguel de Rojas aus Ugíjar und Farax ibn Farax, Tagari, Mofarrix, Alatar …«
    »Ich traue diesen Monfíes nicht«, unterbrach ihn Hamid.
    Ali zuckte mit den Schultern.
    »Du weißt«, setzte er zu ihrer Verteidigung an, »dass vielen von uns nichts anderes übrig bleibt, als in die Berge zu flüchten. Uns tun die Monfíes nichts! Du selbst wärst einer von ihnen, wenn du nicht …« Ali vermied, auf Hamids lahmes Bein zu schauen. »Die meisten von ihnen wurden Monfíes, weil ihnen das gleiche Unrecht zugefügt wurde wie dir.«
    Ali sprach nicht weiter. Er wartete die Reaktion seines Schwagers ab. Hamid gab sich einige Sekunden seinen Erinnerungen hin und stimmte dann zu.
    »Was für ein Unrecht …«, begann Hernando, aber angesichts der abweisenden Handbewegung, mit der Hamid auf seine Frage reagierte,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher