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Die letzten ihrer Art

Die letzten ihrer Art

Titel: Die letzten ihrer Art
Autoren: Douglas Adams
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öde wirkte, waren die Krater, mit denen die Oberfläche übersät war, voll von blendend-weißschwänzigen Tropikvögeln, glänzenden Telfair's-Glattechsen und Riesen-Taggechos.
Man sollte meinen, daß man, wenn man sich einen Namen für eine solche Insel ausdenken soll, ein paar Freunde einlädt, Wein besorgt und einen netten Abend daraus macht und nicht einfach sagt, och, die ist so 'n bißchen rund, also nennen wir sie doch »Round Island«. Davon abgesehen, ist sie nicht mal besonders rund. Am Horizont lag, gerade noch in Sichtweite, eine andere Insel, die schon wesentlich eher rund war, aber Serpent Island, also Schlangeninsel, heißt, wohl um der Tatsache Rechnung zu tragen, daß es auf ihr – im Gegensatz zu Round Island – keine Schlangen gibt. Und es war noch eine weitere Insel zu sehen, die sich von einem Gipfel auf der einen Seite ausgehend zur anderen Seite ins Meer neigt und unerklärlicherweise Fiat Island heißt. Mir wurde langsam bewußt, daß derjenige, der den Inseln ihre Namen gegeben hatte, zu diesem Anlaß vermutlich doch eine ganz schöne Feier veranstaltet hatte.
Daß Round Island ein Zufluchtsort für einzigartige Eidechsen-, Gecko-, Boa-, Palmenarten und sogar Gräser geblieben ist, die auf Mauritius schon vor langer Zeit verschwunden sind, liegt nicht nur daran, daß Menschen nur unter größten Schwierigkeiten auf die Insel gelangen, sondern auch daran, daß sie sich als vollkommen landeuntauglich für Ratten erwiesen hat. Round Island ist eine der größten tropischen Inseln der Welt (mit einer Fläche von etwas mehr als einhundertzwanzig Hektar), auf der es keine Ratten gibt.
Nicht daß Round Island unbeschädigt wäre – ganz und gar nicht.
Vor hundertfünfzig Jahren, bevor Seefahrer Ziegen und Hasen auf der Insel einführten, war sie mit Hartholzwäldern bedeckt, die von den nicht heimischen Tieren zerstört wurden. Deshalb wirkt die Insel aus der Ferne und mit einem ungeschulten Auge wie meinem betrachtet, auf den ersten Blick verhältnismäßig öde. Nur ein Naturforscher kann einem sagen, daß die paar komisch geformten Palmen und die auf das heiße, trockene, staubige Land getupften Grasbüschel einzigartig und unbeschreiblich kostbar sind.
Kostbar für wen? Und warum?
Spielt es wirklich für irgend jemanden außer diesem Rudel besessener Naturforscher eine so große Rolle, daß die acht Flaschenpalmen von Round Island die weltweit einzigen sind, die in der Wildnis wachsen? Oder daß die im Botanischen Garten Curepipe auf Mauritius stehende Hyophorbe amaricaulis (eine Palme, die so selten ist, daß sie keinen anderen als ihren wissenschaftlichen Namen hat) das letzte noch existierende Exemplar ihrer Art ist? (Der Baum wurde rein zufällig entdeckt, als der Boden, auf dem er stand, wegen des Baus des Botanischen Gartens gerodet werden sollte. Man hätte ihn um ein Haar gefällt.)
Meines Wissens gibt es kein »tropisches Inselparadies«, das auch nur annähernd dem von diesem Begriff heraufbeschworenen, idealen Phantasiegebilde gleicht oder auch nur dem, was man in Urlaubsprospekten beschrieben findet. Es ist ganz natürlich, das auf die Diskrepanz zu schieben, die wir üblicherweise zwischen dem, was Werber versprechen, und dem, was die Welt zu bieten hat, entdecken. Es überrascht uns nicht mehr sonderlich.
Deshalb kann einen die Erkenntnis wie ein Schlag treffen, daß die Welt, die wir aus den Beschreibungen von Reisenden aus vergangenen Jahrhunderten (oder auch nur vergangenen Jahrzehnten) und Biologen aus unserer Zeit kennen, tatsächlich existiert hat. Der Zustand, in dem sie sich heute befindet, ist lediglich Folge dessen, was wir mit ihr angestellt haben, und die allenfalls milde Enttäuschung, die wir empfinden, wenn wir irgendwo hinfahren und alles ein bißchen heruntergekommen vorfinden, ist nur ein Gradmesser dafür, wie weit wir unsere eigenen Erwartungen schon zurückgeschraubt haben und wie wenig uns bewußt ist, was wir verloren haben. Die Leute, denen genau dies bewußt ist, sind diejenigen, die in heller Aufregung durch die Gegend rasen und das bißchen zu retten versuchen, was noch zu retten ist.
Da sich das Leben auf diesem Planeten nach einem so verblüffend komplexen System abspielt, dauerte es sehr lange, bis der Mensch wenigstens begriff, daß es sich überhaupt um ein System handelt und nicht um irgend etwas, das einfach da ist. Um zu verstehen, wie etwas Hochkomplexes funktioniert, oder zumindest zu wissen, daß irgend etwas Komplexes am Werk ist, muß
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