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Die kuriosesten Faelle vor Gericht

Die kuriosesten Faelle vor Gericht

Titel: Die kuriosesten Faelle vor Gericht
Autoren: Walter Schlegel
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bekanntesten und berüchtigsten Urteilen in der jüngeren deutschen Justizgeschichte ist, aber immer der Reihe nach:
     
    ***
     
     
     

Von Gäulen und Hufen....
     
     
    Berüchtigt und vermutlich unter Juristen ein Kopfschütteln hervor rufend ist das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 02. Oktober 1984, welches dort unter dem Aktenzeichen 225 V 356/84 gefällt wurde und als „Bierkutscher Urteil“ in die Geschichte einging. Es mag nicht gerade seriös sein und hier und da einige typisch juristische Wort- und Satzstellungen aufweisen, aber lassen Sie sich daran nicht hindern, es komplett zu lesen, liebe Leser. Dieses Urteil zeigt, wie schnell sich ein Richter von unterschwelliger Ironie hin in die teils derbe Veralberung hinreißen lassen kann und ob Sie es glauben oder nicht, dieses Urteil wurde tatsächlich so gefällt, wie es jetzt in Auszügen wiedergegeben wird. Ein Richter, der Heinz Erhard, Aristoteles, das Telefonbuch, Märchenbücher aus den Dreißigern und sogar „Sponti-Sprüche“ als Urteilsbegründung zitiert mag nicht sonderlich seriös sein, aber immerhin hat er Originalität bewiesen. Sie werden sehen, es lohnt sich, auch wenn man ansonsten juristische Texte meidet. Ist der Beginn noch vergleichsweise „trocken“ und vom unterschwelligen Humor (oder Verachtung des Richters an die Adresse des Klägers?) geprägt, so drückt der Richter am Ende unverhohlen seinen Missmut über diese eingereichte Klage aus, indem er ganze Absätze voller Witze reißt, die jede Seriosität missen lassen. Auch so kann man Verachtung für unsinnige Klagen ausdrücken, aber lesen Sie selbst:
     
     
    AUZÜGE AUS DER ENTSCHEIDUNG
 
    Orientierungssatz
    (Zur Frage der Schadstoffverringerung bei Pferden)
Zurecht zieht die derzeitige Bundesregierung die Einführung eines Abgas-Katalysators für Pferde nicht in Erwägung. Sie hätte ökologisch wie ernährungspolitisch nur das unerwünschte Ergebnis, daß unsere Spatzen noch mehr als bisher auf manche warme Mahlzeit verzichten müßten.
     
    Sonstiger Orientierungssatz
    (Huftritte eines Brauereigauls gegen parkenden Pkw)
    1. Ein Pferdefuhrwerk ist, obwohl durch PS in Bewegung gesetzt, kein Fahrzeug im Sinne der StVO.
    2. Auch wenn ein Brauereigaul am Straßenverkehr teilnimmt und nicht zu Hause wohnt, gehört er zu den Haustieren im Sinne des BGB § 833 S 2.
 
    3. Ein Ausschluß der Tierhalterhaftung gemäß BGB § 833 S 2 kommt nicht in Betracht, wenn das Pferdegespann einer Brauerei zur Reklame ständig mit leeren Bierfässern durch die Stadt fährt (zumal dies dem Umsatz nicht gerade förderlich ist).
    4. Beschädigt ein Brauereigaul durch Huftritt einen geparkten Pkw, hat sich damit die typische Tiergefahr im Sinne des BGB § 833 verwirklicht. Der Beweggrund des Tieres ist rechtlich ebenso unbeachtlich wie der Umstand, daß auch Menschen sich gelegentlich so zu verhalten pflegen.
    5. Ein Bierkutscher, der diensteifrig dem Gebräu der eigenen Brauerei zugesprochen hat, verstößt gegen StGB § 316, wenn er in fahruntüchtigem Zustand das Pferdegespann führt. Die Fahrerlaubnis kann ihm allerdings nicht entzogen werden.
    6. Ein "Führen" im Sinne des StGB § 316 ist gegeben, wenn der Bierkutscher durch Zurufe (zB "Hüh" oder "Hott") auf die Gäule einwirkt. Dies gilt jedoch nicht für Zurufe des Beikutschers.
    Tatbestand
     
    Der Pkw der Kl. wurde am 31.1.1984, einem Dienstag, in Köln auf der B-Straße vor der Postschänke von einem Pferd getreten und dabei hinten beschädigt. Die Bekl. ("Beklagte" – Anmerkung des Autors), die eine Privat-Brauerei in K. betreibt, besitzt ein Pferdegespann mit 2 Pferden, das zu Werbezwecken sommers wie winters auf bestimmten Routen durch die Stadt fährt. Die Kl. ("Kläger" bzw. "Klägerin" – Anmerkung des Autors) behauptet, es sei ein Pferd der Bekl. gewesen, das ihren Pkw beschädigt hatte. Die Bekl. behauptet, ihr Pferdewagen sei am 31.1.1984 in E. auf Tour gewesen, nicht aber in der Süd-Stadt. Das AG hat die Bekl. antragsgemäß zur Zahlung von 1.950 DM verurteilt.
    Entscheidungsgründe
    Die Bekl. haftet als Halterin des Pferdefuhrwerks insgesamt, weil dieses das Auto der Kl. beschädigt hat.
    Die Bekl. haftet allerdings nicht schon als Halterin des Fahrzeugs selbst. Ein Pferdefuhrwerk, das zweifelsfrei nicht zu den "Rodelschlitten, Kinderwagen, Rollern und ähnlichen Fortbewegungsmitteln" gehört, ist zwar ein richtiges Fahrzeug im Sinne der Straßenverkehrsordnung (§ 24 I StVO). Es ist nämlich ein zweispuriges, nicht
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