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Die Kunst, frei zu sein

Die Kunst, frei zu sein

Titel: Die Kunst, frei zu sein
Autoren: Tom Hodgkinson
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ist eine der größten Wonnen, die das Leben zu bieten hat, und kann die bestehenden Angstgefühle auslöschen, hauptsächlich dadurch, dass man sie miteinander teilt. Es ist ungeheuer hilfreich, Zeitungen und Fernsehen aus seinem Leben zu verbannen. Mir ist es gelungen, mich auf eine Zeitung pro Woche zu beschränken, so dass ich viel mehr Zeit habe, mich auf die wichtigen Dinge des Lebens zu konzentrieren, zum Beispiel auf das Trinken und die Musik. Ersetze das Fernsehen durch Freunde und die Zeitungen durch Bücher.
    Jenen von uns, die »eingepfercht in der Großstadt« sind, wie Coleridge es ausdrückte, würde ich dringend empfehlen, auf die U-Bahn zu verzichten und stattdessen mit dem Rad zu fahren. Ich bin zwei Jahre lang mit dem Fahrrad nach London gependelt, rund 25 Kilometer täglich, was fast zwei Stunden dauerte. Welch eine Freude das war! Das Fahrradfahren erzeugt ein berauschendes Gefühl der Freiheit und der Selbstbestimmung sowie eine sehr angenehme Genugtuung darüber, kein Geld auszugeben. Du rollst durch die Stadt – in ihr, doch kein Teil von ihr, lebst in ihr, doch bist nicht von ihr kontrolliert. In Bussen und Zügen bist du eine leichte Beute für die Nutzer von Plakatwänden. Auf einem Fahrrad kannst du einfach an ihnen vorbeisausen. Manche nennen »Gefahr« als Grund dafür, nicht mit dem Rad zu fahren, aber das ist ein lächerlicher Vorwand und ein Beispiel für die Jämmerlichkeit, die ich mit diesem Buch bekämpfen will. Was macht es schon, wenn unser Leben ein wenig Gefahr enthält? Das ist doch gut. Wach auf! Wenn du dich aber partout mit dem Gedanken an ein Fahrrad nicht anfreunden kannst, dann plane viel Zeit für deine Reise ein und setz dich auf das Oberdeck des Busses. Auch das kann ein großes Vergnügen sein, und zwar aus dem gleichen Grund: Du schwebst durch die Stadt, als distanzierter Beobachter. Ich habe im Bus Momente wahrer Freude erlebt, Momente, in denen ich fast alles, was ich eben geschrieben habe, in der Überzeugung hätte bestreiten können, dies sei eine wunderschöne Welt. Oder geh zu Fuß! Spaziere durch die Parks und bewundere die prächtigen Gärten! Aber verzichte in jedem Fall auf die U-Bahn. Mein Freund Mark Manning, auch bekannt als Zodiac Mindwarp, sagt: »Ich kann nicht schweigend dasitzen und Leute anstarren, die ich nicht kenne.«
    Eine weitere Strategie für die Bewältigung der Angst besteht darin, seinen Tag abwechslungsreich zu gestalten. Es ist eine der Freuden des Lebens auf dem Lande, dass man eine Menge körperlicher Arbeit verrichten muss. An drei oder vier Nachmittagen pro Woche stapfe ich zu meinem Gemüsegarten und pflanze, grabe, jäte, karre Mist oder gucke einfach vor mich hin. Rein geistige Arbeit ist erstickend. »Offensichtlich ist es viel leichter für einen schwer arbeitenden Bauern, seinen Geist auf das Göttliche einzustellen, als für einen überstrapazierten Büroangestellten«, sagte Schumacher. Mein Nachbar, Farmer John, liefert den Beweis dafür. Eines der großartigen Dinge daran, Bauer zu sein, meint er, sei die viele Zeit, die man zum intensiven Nachdenken habe.
    Ein weiterer Vorschlag: Geh nicht ins Fitness-Studio. In ihnen zählen nur Eitelkeit und Geld und das absurde Streben nach Perfektion. Hier wird das Konsumethos auf den Körper übertragen. Sie richten sich gegen das Denken, und ihre riesigen Bildschirme löschen unseren Geist aus und lenken uns von uns selbst ab. Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir im Leben kaum noch etwas anderes tun, als auf Bildschirme zu starren. Bei der Arbeit starren wir den ganzen Tag lang auf einen Bildschirm. Im Fitness-Studio tun wir das Gleiche. Auch in Bussen sind Minibildschirme angebracht worden. Ebenso in Zügen. Dann kommen wir nach Hause und starren auf unseren Computermonitor, bevor wir uns dem Fernseher zuwenden. Zur Unterhaltung blicken wir Kinoleinwände an. Arbeit, Erholung und Spiel – überall betrachten wir Bildschirme. Sie machen uns zu passiven Empfängern. Zertrümmere den Bildschirm und such dir stattdessen einen Bleistift und ein Stück Papier. Leb wohl, Fernsehen; hallo, Kreide!
    Der Neo-Luddit Kirkpatrick Sale war auf der richtigen Fährte, als er auf der Bühne einen Monitor zerschmetterte. Dadurch, dass Bildschirme uns ständig das Leben anderer vorführen, entheben sie uns der Verantwortung, uns ein eigenes Leben aufzubauen. Wir schauen zu, wie andere etwas tun, statt selbst etwas zu unternehmen. Dadurch werden wir ganz und gar ohnmächtig, und Ohnmacht
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