Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Titel: Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler
Autoren: Glenda Larke
Vom Netzwerk:
Schwüle hier als drückend«, erklärte er. » Das ist meistens so bei Euch von der Himmelsebene, hat man mir gesagt.« Er wischte fröhlich den verschütteten Met auf, der auf den Tisch geschwappt war.
    » Hier gibt’s andere Leute von der Himmelsebene?« Das überraschte mich. Nicht viele Selberhirten verließen die Ebenen, und das aus gutem Grund. Warum sollte man sich freiwillig dem entsetzlichen Wetter an der Küste aussetzen, ganz zu schweigen von dem Schmutz auf den Straßen und der Engstirnigkeit der Stadtbewohner? Wir alle waren Mekaténer, aber die Selberhirten der Himmelsebene und die Stadtbewohner und die Fischersleute der feuchtwarmen Küste hatten wenig miteinander gemein.
    » Ob Hochländer hierherkommen? Oh, manchmal, um Selberwolle zu verkaufen oder Steuern zu bezahlen«, sagte er und blieb dabei absichtlich etwas ungenau. Ich begriff, dass er nicht damit gerechnet hatte, beim Wort genommen zu werden. Ich unterdrückte eine kurz aufflackernde Gereiztheit. Wir im Dach von Mekaté verließen uns so sehr auf den Geruch, dass es manchmal schwer war, die gesellschaftlichen Spiele und Nettigkeiten der Küste zu befolgen und zu verstehen. Ich machte immer noch Fehler; das Küstenvolk empfand mich häufig als abrupt, sogar schroff, und ihre Höflichkeitsbezeugungen kamen mir oft wie Lügen vor.
    Er musste meine Frage als Einladung zu einem Gespräch aufgefasst haben, denn er beugte sich näher zu mir und sagte in vertraulichem Flüsterton: » Habt Ihr die cirkasische Schönheit dahinten in der Ecke gesehen?«
    Tatsächlich hatte ich sie zuvor nicht bemerkt, aber nachdem ich einen Blick auf sie geworfen hatte, bezweifelte ich, dass er mir das je glauben würde. Die Frau, die da allein in der Ecke saß, war tatsächlich erstaunlich schön. Sie hatte goldblonde Haare und Augen in der Farbe von Saphiren, wie wir sie manchmal in den Bächen und Flüssen der Himmelsebene fanden. Ihr einziger Makel war, dass sie nur einen Arm hatte; der andere endete gleich oberhalb des Ellenbogens. Die Reisekleidung, die sie trug, war mit Salzwasser befleckt. Sie roch nach Salz und Müdigkeit und ganz schwach nach einem Tier, das ich nicht kannte. Alles war durchdrungen vom starken Duft eines Parfüms. Es handelte sich um einen dieser überaus intensiven tropischen Düfte: Chypre? Patschuli? Nardenöl? Ich war mir nicht sicher.
    » Nun, was hat ein gestaltgewordener Meerestraum wie der da mitten in der Nacht allein in einer Bar zu suchen?«, fragte der Wirt. » Das würde ich wirklich nur zu gern wissen.«
    Ich zuckte mit den Schultern, und er seufzte. » Das Geschäft läuft immer schlechter«, sprach er weiter und beugte sich so weit über den Tisch, dass sein fülliger Bauch auf dem Holz zu ruhen kam. » Daran sind die Fellih-Priester schuld. Sie haben was gegen das Trinken. Sie haben was gegen das Kartenspielen. Sie haben was gegen Musik. Und gegen Tanzen. Oder Hurerei. Oder Wetten. Einfach gegen alles, was irgendwie Spaß macht. Was mir egal wäre, wenn sie das unter sich abmachen würden, aber nein, sie müssen auch denjenigen ein schlechtes Gewissen machen, die ihrem Gott gar nicht huldigen, und Fellih-Gläubige, die sich gehen lassen, werden ins Gefängnis gesteckt. Inzwischen ist es schon so weit, dass diejenigen, die zum Trinken hier sind, weggehen, sobald eine Gruppe von Fellih-Leuten zum Essen aufkreuzt.«
    Das verblüffte mich. So schlimm hatte es noch nicht gestanden, als ich das letzte Mal an der Küste gewesen war.
    Ich reiste nicht mehr so oft, seit Jastriá und ich uns getrennt hatten, aber ich war Arzt, und es gab bestimmte Kräuter und Heilmittelbestandteile, die ich nur außerhalb der Himmelsebene auftreiben konnte. Die Tieflandwälder von Mekaté waren zwar im Vergleich zur Hochebene nur ein schmaler Streifen, eine kleine Kräuselung zwischen dem Steilhang und dem Meer, aber sie beherbergten eine Vielfalt von Pflanzen, die für einen Kräuterspezialisten sowohl atemberaubend als auch von unschätzbarem Wert waren. Ich reiste daher einmal im Jahr hierher, kaufte entweder Heilmittel in entsprechenden Läden oder sammelte selbst Pflanzen im Wald. Ich versuchte, diese Reisen kurz zu halten: Was ich entlang der Küste von Mekaté sah, brach mir immer wieder das Herz.
    Der Wirt schwafelte weiter. » Ihr Hochländer habt mehr Verstand. Ihr huldigt dem Fellih-Meister nicht, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf und schnaubte bei der Vorstellung, die Selberhirten würden sich mit der Doktrin der Fellih-Gläubigen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher