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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Zerstörung in Gang setzte. So gesehen, hatte er recht.
    »Eilan hat dich geliebt, Gawen. Nach deiner Geburt hätte sie dich ohne weiteres Pflegeeltern übergeben können, aber der Gedanke, sich von dir zu trennen, erschien ihr unerträglich. Deshalb hat sie sich dem Befehl deines Großvaters, des obersten Druiden, widersetzt und dich bei sich behalten. Er hat schließlich unter der Bedingung eingewilligt, daß niemand erfahren würde, daß du ihr Sohn bist.«
    »Das war nicht gerecht!«
    »Gerecht?« Ihre Stimme klang hart. »Im Leben geht es nicht um Gerechtigkeit! Du hast Glück gehabt, Gawen. Danke den Göttern dafür und beklage dich nicht.«
    Er wurde erst rot und dann blaß, erwiderte aber nichts. Cailleans Zorn legte sich so schnell, wie er aufgeflammt war.
    »Jetzt ist das nicht mehr wichtig, denn es ist alles vorbei, und du bist hier.«
    »Aber für dich bin ich nur eine Last«, flüsterte er traurig. »Niemand will mich haben.«
    Sie sah ihn einen Augenblick nachdenklich an. »Ich glaube, du solltest es wissen ... Dein römischer Großvater wollte dich zu sich nehmen und dich zu einem Römer machen.«
    »Warum hast du mich nicht bei ihm gelassen?«
    Caillean lächelte nicht, als sie fragte: »Willst du Römer sein?«
    »Natürlich nicht! Wer will das schon?« rief Gawen und wurde über und über rot. Caillean nickte. Die Druiden, die seine Lehrer waren, hatten dafür gesorgt, daß er Rom haßte. »Aber du hättest es mir sagen sollen! Ich hätte das Recht gehabt, diese Entscheidung selbst zu treffen.«
    »Du bist aus freien Stücken mit mir gekommen«, erwiderte sie streng und mit Nachdruck.
    Sein Trotz brach zusammen. Er ließ den Kopf sinken und starrte auf das Wasser.
    »Das stimmt. Aber ich verstehe nicht, warum du mich mitnehmen wolltest ... «
    »Ach, Gawen ... « Sie konnte seine Zweifel verstehen. »Auch eine Priesterin weiß manchmal nicht immer, welchen Kräften sie gehorchen soll. Ich wollte dich unter anderem bei mir haben, weil du alles bist, was mir von Eilan geblieben ist. Ich habe deine Mutter wie meine eigene Tochter geliebt.« Der Schmerz ließ sie verstummen. Es dauerte eine Weile, bis sie wieder sprechen konnte, doch dann klang ihre Stimme ernst. »Ich habe es aber auch getan, weil ich glaube, dein Schicksal ist mit uns verbunden ... «
    Gawen blickte unverwandt auf das goldene Wasser. Nur das sanfte Klatschen der Wellen am Schilfbewachsenen Ufer war zu hören. Dann sah er sie mit großen Augen an.
    »Also gut. Willst du meine Mutter sein, damit ich wenigstens eine Art Verwandte habe?«
    Caillean blieb stumm. Sie brachte kein Wort über die Lippen.
    Ich sollte es ablehnen, sonst wird er mir eines Tages das Herz brechen ...
    »Ich bin eine Priesterin«, antwortete sie schließlich, »wie deine Mutter es war. Das Gelübde, mit dem wir unser Leben den Göttern weihen, zwingt uns bisweilen, gegen unseren Willen zu handeln ... «
    Sonst wäre ich in Vernemeton geblieben und hätte Eilan beschützen können ...
    »Verstehst du das, Gawen? Kannst du verstehen, daß ich vielleicht einmal etwas tun muß, das dir Schmerz verursacht, auch wenn ich dich liebe?«
    Er nickte zustimmend, und wieder versetzte es ihr einen Stich ins Herz.
    »Stiefmutter ... was soll mit mir dort auf der Insel geschehen?«
    Caillean zögerte einen Augenblick, dann erwiderte sie: »Du bist zu alt, um bei den Frauen zu bleiben. Du wirst bei den jungen Priesterzöglingen und Barden wohnen. Dein Großvater war ein berühmter Sänger. Vielleicht hast du etwas von seiner Begabung geerbt. Würde es dir gefallen, die Kunst der Barden zu erlernen?«
    Gawen schloß kurz die Augen, als sei der Gedanke beängstigend. »Ich weiß nicht ... ich bin noch zu jung ... «
    »Schon gut. Außerdem brauchen die Priester Zeit, um dich kennenzulernen. Du bist wirklich noch sehr jung. Deine Zukunft muß nicht jetzt entschieden werden ... «
    Und wenn es soweit ist, dann werden nicht Cunomaglos und seine Druiden die Entscheidung treffen .
    Ihr Gesicht wirkte so kalt und glatt wie Stein.
    Ich konnte Eilan nicht retten, aber wenigstens ihr Kind werde ich beschützen ...
    Energisch drehte sie sich um. »Auf mich warten viele Pflichten. Ich werde jetzt das Boot rufen und dich auf die Insel bringen. Heute abend, das verspreche ich dir, gibt es für dich ein gutes Abendessen, und dann kannst du schlafen - zufrieden?«
    »Ich muß es wohl sein ... «, flüsterte er und starrte auf seine nackten Füße.
    Die Sonne war am Horizont versunken. Im Westen
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