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Die Herren von Hermiston

Titel: Die Herren von Hermiston
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Gartenschlauch gesäubert hatte.
    Wir besaßen ein paar vorzügliche, aus Neuseeland eingeführte Pferde, zahlreiche gewöhnliche Inselponies, eine genügende Anzahl Kühe, um ständig mit Milch und Butter versorgt zu sein, und einen Überfluß an tropischen Früchten und Gemüsen. Der vierzehntägliche Dampferdienst brachte uns ferner Speiseeis, frische Austern und weitere Vorräte aus den Kolonien und San Francisco. In Apia waren ein guter Bäcker und ein guter Metzger ansässig; Fische konnte man am Strande kaufen, Aale und Süßwasser-Garneelen lebten im Überfluß in unseren Flüssen. Wildtauben konnten wir von unserer Hintertür aus schießen, und die Hühner und Eier aus unserer eigenen Zucht waren vortrefflich. Ohne großen Aufwand lebten wir daher recht behaglich.
    Gesellschaftlich war Samoa durchaus nicht langweilig. Diplomaten und Beamte, häufig von ihren Familien begleitet, mieteten sich Häuser in der Nachbarschaft von Apia und gaben Gesellschaften, ganz wie in der Heimat. Ich habe es erlebt, daß eine Frage des Vortritts zwischen zwei Beamten gleicher Nationalität, die beide bei einer öffentlichen Versammlung den Ehrenplatz beanspruchten, ganz Apia bis in seine Grundfesten erschütterte. Gepfefferte Berichte wurden nach Hause gesandt, die verschiedenenBehörden als Schiedsrichter angerufen. Mit Recht hat man Apia als »den Kindergarten der Diplomatie« bezeichnet. Außer den Festen der Eingeborenen fanden Teegesellschaften, abendliche Empfänge, Diners, private und öffentliche Bälle, Schnitzeljagden, Polo- und Tennisturniere und Picknicks statt. Mein Mann nahm an all diesen Vergnügungen teil; ja das eine Mal war er zweiter Sieger bei einer Schnitzeljagd über sehr schwieriges Gelände. Da er als Kind ständig krank gewesen war, hatte er nie tanzen gelernt. Sich den öffentlichen Bällen in Apia, die fast von der ganzen Bevölkerung besucht wurden, fernhalten hieß jedoch sich in den Verdacht des Hochmuts bringen; andererseits war es langweilig, den ganzen Abend nur Zuschauer zu sein. So lernte mein Mann in seinem einundvierzigsten Lebensjahre noch tanzen, obwohl er sich meines Wissens nach in der Öffentlichkeit höchstens in einer einfachen Quadrille versucht hat.
    Diese gesellschaftlichen Zerstreuungen griffen jedoch nicht wesentlich in meines Mannes literarische Arbeiten ein. Gewöhnlich fing er in den ersten kühlen Morgenstunden, wenn das ganze Haus noch ruhig war, an zu schreiben. Einer der einheimischen Boys war ständig zur Stelle, um die Arbeitszimmerklingel zu beantworten, und schon bei dem ersten Läuten beeilte er sich, Tusitalas Frühstück herzurichten und es ihm im Bett zu servieren. Danach vergingen zum mindesten zwei Stunden, bis der Haushalt auf den Beinen war. Die Vornotizen für »Hermiston« wurden auf kleine Stückchen Papier gekritzelt, um dann im Laufe des Tages meiner Tochter in die Feder diktiert zu werden. Diese Anmerkungen waren nur sehrkurz, denn mein Mann diktierte fast so rasch, als wenn er eine fertige Arbeit vorläse.
    Das Arbeitszimmer war ein kleiner Raum neben der Bibliothek, in Wirklichkeit ein überdachter und auch seitlich geschützter Teil der Veranda. Zwei Fenster gingen vorn auf die See hinaus, das andere auf Mount Vaea, wo mein Mann jetzt begraben liegt. Bücherregale umschlossen den Raum an allen Seiten. Im übrigen bestand die Einrichtung aus einem großen Fichtenholztisch, einem Paar Stühle, einem verschlossenen Gewehrschrank mit sechs Coltschen Repetiergewehren, einem schmalen Bett, auf dem mein Mann bei der Arbeit ruhen konnte, und einem Krankentisch, den man nach Belieben über dem Bett aufzuschlagen vermochte.
    Er arbeitete jedoch nicht ständig. Mitunter spielte er obwohl er nur eine mäßige Technik besaß – auf dem Flageolett, oder aber er versuchte sich in Kompositionen. Er war in der Musik nicht sehr bewandert, allein es amüsierte und interessierte ihn, kleine Übungen zu Papier zu bringen.
    Wenn mein Mann es auch vorzog, seine vorbereitenden Arbeiten am Morgen auszuführen und nachmittags zu diktieren, kannte er doch keine festen Arbeitsstunden. Die Morgen, wie gesagt, waren manchmal auch dem Flageolett, dem Komponieren oder dem Schreiben von Versen geweiht, die der Verfasser indes nie sehr ernst nahm. Und mitunter geschah es auch, daß eine Gesellschaft blumenbekränzter Eingeborener über den Rasenplatz bis dicht vor die Arbeitszimmerfenster getanzt kam oder daß ein Trupp verlegener Matrosen von irgendeinemKriegsschiff sich vor dem
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