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Die Gesichter der Zukunft

Die Gesichter der Zukunft

Titel: Die Gesichter der Zukunft
Autoren: Sam Moskowitz
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Umständen, unter denen ihr hier lebt. Aber die Sache ist die, daß ich im Jahr 2975 auf der Erde lebte. In einer völlig technisierten Gesellschaft. Die ganze Gegend der Ostküste war von einer einzigen gigantischen Stadt überzogen, bis hinauf in die Appalachen. Und anderswo sah es ähnlich aus. Es gab keine Wiesen und Felder, keinen Wald, nichts von Natur. Und die Stadt schob sich mit künstlichen Inseln und Pfeilern aufs Meer hinaus, um mehr Platz für Menschen zu schaffen …«
    »Die Erde, sagtest du?« unterbrach Rollin. »Unsere Erde?«
    »Unsere Erde hier, genau. Wir hatten die Probleme der Raumfahrt gelöst und besaßen Bergwerkssiedlungen, wissenschaftliche Stationen und Niederlassungen auf den anderen Planeten des Sonnensystems. Wir kontrollierten die Atomenergie, hatten die Mechanik der Zeit erforscht, und einer von uns, ein Mann namens Dunbar, hatte das Problem des Zeitreisens gelöst.«
    Conn schwieg und fühlte sich von einer Welle der Hilflosigkeit überrollt. »Ja, Dunbar löste das Problem des Zeitreisens; ich war sein Mitarbeiter. Im April 2975 hatten wir den Apparat im Innern eines Granithügels installiert, auf dem unser Laboratorium stand – desselben Hügels, wo ich unglücklicherweise sechs von euren Leuten tötete. Als Dunbars Assistent war ich der erste, der die Maschine gebrauchte. Er schickte mich tausend Jahre in die Vergangenheit zurück. Ich hatte den Auftrag, spätestens nach einem Jahr zurückzukehren – zu einem Moment, der nur wenige Minuten später als der Zeitpunkt meiner Abreise liegen sollte. Ich hielt mich genau an meine Instruktionen, aber als ich zurückkehrte, war ich hier.«
    »Ich verstehe«, sagte Rollin. Er wanderte ein wenig auf und ab und blieb dann stehen, um geistesabwesend in einem von Conns Büchern zu blättern. »Und ich soll es dir erklären, eh? Nun, ich würde sagen, daß du theoretisch hier nicht existierst.«
    »Was soll das heißen? Glaubst du etwa, ich sei ein Geist?«
    »Ich sagte theoretisch’. Wir sind Vettern, Conn, oder Stiefbrüder. Ich sehe, daß deine Rasse auf technischem Gebiet stark war. Ihr konntet in den Weltraum vordringen und Zeitmaschinen bauen. Das konnten wir nicht, aber auch wir haben unsere Stärke. Logik und Theorie. Und ich habe den Eindruck, daß ihr auf dem Feld einige Schwächen hattet.«
    »Mir gefällt nicht, wie du die Vergangenheitsform gebrauchst«, sagte Conn. »Das hört sich an, als ob meine Welt tot wäre.«
    »Die richtige Bezeichnung dafür ist noch nicht erfunden«, antwortete Rollin. »Laß mich erklären. Du und deine Welt, ihr wart oder seid so real wie wir und unsere Welt hier real sind. Als du 2975 deine Reise durch die Zeit antratest, warst du eine Realität. Im Jahr 1975 warst du eine Realität. Aber nun, zurück im Jahr 2975, bist du eine alternative Realität, die im falschen Bezugssystem existiert. Darum sagte ich, daß du theoretisch hier nicht existierst. Die Zukunft kann niemals die Vergangenheit beeinflussen, ohne Teil der Vergangenheit zu werden – und sich so selbst zu zerstören.«
    »Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz«, sagte Conn. »Kannst du mir das mit einem Beispiel erklären?«
    »Ich will es versuchen«, sagte Rollin. »Ein Mann betritt ein Haus und überlegt, ob er nach oben oder nach unten gehen soll. Er weiß es nicht, aber wenn er nach oben geht, wird er ein Mädchen treffen, das er heiraten wird, und wenn er nach unten geht, wird er einem Mann begegnen, der ihn ermorden wird. Nun, im Moment seines Eintretens gibt es zwei mögliche Zukunftsalternativen für ihn – Ermordung oder Heirat. Seine Entscheidung bestimmt, welche dieser Alternativen er für sich verwirklichen wird, obwohl in der Theorie jede alternative Zukunft mit der anderen koexistieren und in sich selbst real sein kann.«
    »Ich verstehe«, sagte Conn hilflos, »aber …«
    »In dem Moment, wo dieser Mann sich entscheidet«, fuhr Rollin unbeirrbar fort, »und entweder die Treppe hinauf oder hinunter steigt, wird diese Entscheidung Teil der Vergangenheit – derselben Vergangenheit, die die Zukunft beeinflußt und bestimmt. Er kann die Zukunft der Heirat nicht ohne die vergangene Entscheidung haben, nach oben zu gehen. Siehst du?«
    »Ich glaube, ja.«
    »Nun, nehmen wir einmal an, im Augenblick der Entscheidung öffne sich plötzlich der Himmel und ein Kopf erschiene, um zu sagen: John Smith, dies ist dein Enkel, der aus der Zukunft zu dir spricht. Wenn du jetzt nicht nach oben gehst, wirst du Dorris Doe nicht begegnen,
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