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Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Titel: Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)
Autoren: Frank Tenner
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handelt sich um den achtundfünfzigjährigen Deutschen Ben D. türkischer Abstammung.
    Bei der Obduktion seien über 2 Promille Alkohol in seinem Blut festgestellt worden.
    Spätestens seit dem Anschlag auf dem Basar hätte ich wissen müssen, dass ich es mit skrupellosen Massenmördern zu tun hatte, egal für wen und aus welchen Motiven heraus sie töteten. Ich hätte den armen Ben Dudzuff nicht in die Geschichte verwickeln dürfen. Er konnte nicht ahnen, wen er verfolgt hatte. Sollte ich endlich die Polizei verständigen? Aber welche konkreten Anhaltspunkte konnte ich bieten? Will Smith war bestimmt unter anderem Namen eingereist, sein Aufenthaltsort unbekannt. Der Mord offenbar geschickt als selbst verschuldeter Unfall getarnt. Nicht einmal das FBI hatte ihn finden können. Und er würde bestimmt davon erfahren, wenn bei einer offiziellen Dienststelle Anzeige gegen ihn erstattet wurde. Nicht nur mein, sondern das Leben meiner gesamten Familie wäre in Gefahr. Die Drohungen bei unserem ersten Gespräch in der Villa waren deutlich und die Anschläge und Morde sprachen eine unmissverständliche Sprache. Um meinen Fehler gut zu machen und wieder aus dem Jagdrevier der Killer zu kommen, würde ich das Jahr 2008 wohl zum vierten Mal durchlaufen müssen. Viermal ein Endspiel einer Europameisterschaft zu verlieren, das war wirklich eine Zumutung. Und viermal derselben Trauerfeier beiwohnen, war alles andere als angenehm. Ich kannte die Abschiedsworte für Tante Martha inzwischen auswendig. Aber noch viel schmerzlicher und meine Kräfte übersteigend, das dritte Mal eine Trauerrede für Jessica halten zu müssen.
    Ich versuchte es mit Galgenhumor. Bei dem Gedanken an den Galgen fiel mir der Tod ein. Keine komplizierte oder unerwartete Assoziation. Vielleicht konnte ich bis Erreichen des Ausgangspunktes oder Endpunktes, oder wie immer man den 24. Dezember 2008 bezeichnen wollte, auch gar nicht sterben. Wenn ich an meine Erkältung und andere gesundheitliche Probleme dachte und an mein vergossenes Blut, erst am Morgen hatte ich mich mit dem Nassrasierer empfindlich geschnitten und benötigte viel Zellstoff, um die Blutung zum Stillstand zu bringen, dann verzichtete ich in dieser Hinsicht lieber auf Experimente, die Geschichte würde nicht merken, wenn ich einige Tage vor Weihnachten das Zeitliche segnete. Ich würde mich ins Unvermeidliche fügen. Die Tage bis zum Heiligen Abend verbrachte ich mit Internetrecherchen, ich wollte mehr über die Anschläge in Bombay in Erfahrung bringen. Es war schon eigenartig, wie lange die Polizei benötigte, um alle Hotels und besetzten Gebäude freizukämpfen. Und wie schnell man nach den ersten Explosionen und Schießereien die Schuldigen bzw. Hintermänner präsentieren konnte.
    Pakistan, der Erzfeind und dessen Geheimdienst sollten in die Anschläge verwickelt sein, denen zweihundert Menschen zum Opfer fielen, weitere dreihundert wurden verletzt. Noch merkwürdiger waren die sich widersprechenden Aussagen von Touristen, die nicht nur von jungen, dunkelhäutigen Männern oder Halbwüchsigen ausgerüstet mit Patronengurten und Maschinenpistolen sprachen, sondern einige der Täter als hellhäutig, uniformiert und eiskalt und routiniert vorgehend beschrieben, vielleicht europäische Söldner. Die Beschreibung des einen, der auch die Befehle gegeben hatte, in einer schicken grünen Uniform, moderne Brille im Gesicht und gezielt und ohne Gefühlsregung schreiende und weglaufende Passanten mit seiner Pistole erschießend, erinnerte mich an Will Smith. Er schien im Dauereinsatz zu sein, am 26. und 27. November noch in Bombay und ab 1. Dezember schon auf Berlin-Tour. Aber zu welchem Zweck? Wollte er auch hier Morde begehen, einen hatte er schon verübt, und den hatte er bestimmt nicht im Voraus geplant gehabt. Ich konnte spekulieren, soviel ich wollte, ich hatte keine Möglichkeit auf seine Spur zu kommen. Zumindest nicht in diesem Jahr, ich würde ihn zurück nach 2007 schicken und die Welt dazu, dann hatte ich zumindest Zeit gewonnen und Ben Dudzuff sein Leben zurück. Wieder einmal kam alles anders.
    Und Ben Dudzuff würde nicht mehr auf diese Erde zurückkehren können. Ein Rädchen im großen Getriebe weniger oder durch ein anderes ersetzt.

34. Kapitel
    Bis gegen 18.00 Uhr verlief der Heilige Abend, wie ich ihn schon zur Genüge kannte. Ich begrüßte alle, sprach über die Bedeutung des Weihnachtsfestes, las die Weihnachtsgeschichte vor, resümierte das verflossene Jahr und kam auch
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