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Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)

Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)
Autoren: Peter V. Brett
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sich wie eine Palme im Wind zu verhalten, wuchs Ineveras Nervosität. Ihre Muskeln schmerzen vor Anspannung, und mit jeder Sekunde, die verging, verdoppelte sich ihre Angst. Was sah die Braut des Everam? Sollte sie ihrer Mutter weggenommen und in einen Harem verkauft werden? War sie vielleicht unfruchtbar?
    Endlich fasste Qeva das Mädchen ins Auge. »Wenn du die Würfel in irgendeiner Weise berührst, ist das dein Tod.« Nach dieser Warnung verließ sie den Raum und schnauzte Befehle. Das Geräusch rennender Schritte erklang, als Melan loshetzte.
    Einen Moment später betrat Manvah die Zelle, machte vorsichtig einen Bogen um die Würfel und kniete hinter Inevera nieder. »Was ist passiert?« flüsterte sie.
    Inevera schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Die dama’ting starrte die Würfel an, als sei sie sich nicht sicher, was sie verkünden.«
    »Oder die Prophezeiung gefiel ihr nicht«, murmelte Manvah.
    »Was geschieht jetzt?«, fragte Inevera und spürte die Kälte, die ihr über das Gesicht kroch.
    »Sie holen Damaji’ting Kenevah«, antwortete Manvah, worauf Ineverah erschrocken nach Luft schnappte. »Sie wird das letzte Wort sprechen. Und jetzt bete.«
    Inevera erschauerte, als sie den Kopf senkte. Sie hatte bereits eine fürchterliche Angst vor der dama’ting . Der bloße Gedanke, dass deren Oberste Gebieterin kommen würde, um sie zu prüfen …
    Bitte, Everam, flehte sie, lass mich fruchtbar sein und dem Stamm der Kaji Söhne gebären. Meine Familie könnte die Schande nicht ertragen, wenn ich kha’ting wäre. Erfülle mir diesen einen Wunsch, und ich werde auf ewig deine Dienerin sein.
    Lange knieten sie in dem trüben roten Licht und beteten.
    »Mutter?«, fragte Inevera schließlich.
    »Ja?«
    Inevera würgte an dem Knoten in ihrer Kehle. »Wirst du mich auch noch liebhaben, wenn ich unfruchtbar bin?« Ihre Stimme versagte. Sie wollte nicht weinen, aber sie ertappte sich dabei, wie sie Tränen fortblinzelte.
    Im nächsten Moment schloss Manvah sie in die Arme. »Du bist meine Tochter. Ich würde dich selbst dann noch lieben, wenn du die Sonne auslöschen würdest.«

    Nachdem sie endlos lange gewartet hatten, kam Qeva zurück, gefolgt von einer anderen Braut des Everam – diese war älter, magerer, und machte einen klugen, scharfsinnigen Eindruck. Sie trug die weiße Tracht der dama’ting , ihr Schleier und die Kopfbedeckung hingegen bestanden aus schwarzer Seide. Damaji’ting Kenevah, die mächtigste Frau in ganz Krasia.
    Die Damaji’ting blickte auf die beiden Frauen, die sich eng umschlungen hielten. Hastig fuhren Inevera und ihre Mutter auseinander, wischten sich die Augen und fielen wieder auf die Knie. Ohne ein Wort zu sagen, begab sich die Damaji’ting zu den Würfeln. Viele Minuten lang studierte sie das Muster.
    Schließlich knurrte Kenevah: »Nimm sie mit.«
    Inevera stieß einen leisen Schrei aus, als Qeva zu ihr marschierte, sie beim Arm packte und sie auf die Füße riss. Verzweifelt blickte sie ihre Mutter an und sah, dass sich Manvahs Augen vor Furcht weiteten. »Mutter!«
    Manvah warf sich bäuchlings auf den Boden und umklammerte den Saum von Qevas weißer Robe, als die dama’ting Inevera wegzerrte. »Bitte, dama’ting «, bettelte sie. »Meine Tochter …«
    »Deine Tochter geht dich nichts mehr an«, fiel Kenevah ihr ins Wort, und Qeva trat nach ihr, damit sie den Saum ihres Gewandes losließ. »Sie gehört jetzt Everam.«

    »Es muss sich um einen Irrtum handeln«, stammelte Inevera benommen, als Qeva sie mit festem Griff die Straße entlangführte. Sie kam sich eher vor, als würde sie zum Auspeitschen an einen Schandpfahl geschleift, anstatt in einen Palast. Damaji’ting Kenevah und Melan, die nie’dama’ting -Schülerin, begleiteten sie.
    »Die Würfel irren sich nie«, erwiderte Kenevah. »Und du solltest dich glücklich schätzen. Du, die Tochter einer Korbflechterin und eines unbedeutenden Sharum , wirst Everam anverlobt. Begreifst du nicht, welch große Ehre deiner Familie heute widerfährt?«
    »Warum durfte ich mich dann nicht von ihr verabschieden? Nicht einmal von meiner Mutter?« Beantworte niemals eine Frage mit einer Gegenfrage, hatte Manvah ihr eingeschärft, aber im Augenblick war Inevera alles egal.
    »Ein glatter Bruch ist das Beste«, meinte Kenevah. »Deine Familie steht jetzt tief unter dir. Sie ist unwichtig. Während deiner Ausbildung ist es dir nicht erlaubt, sie zu sehen, und wenn du so weit bist, dich der Prüfung zu unterziehen, ob du
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