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Die Feurige Braut Des Highlanders

Die Feurige Braut Des Highlanders

Titel: Die Feurige Braut Des Highlanders
Autoren: Sue-Ellen Welfonder
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Rabe, der hoch über ihr seine Kreise zog.
    Ein prachtvolles Geschöpf, dessen blauschwarze Schwingen in der Sonne schimmerten, als er auf den Luftströmungen dahinglitt, ganz und gar Herr in seinem hohen Reich und unempfänglich für ihren Kummer. Oder vielleicht doch nicht so unbeteiligt, dachte Gelis, nachdem sie ihn ein paar Minuten lang beobachtet hatte, denn wenn sie sich nicht irrte, hatte er sie entdeckt.
    Sie konnte seinen scharfen Blick wahrnehmen.
    Und nicht nur ihn, sondern auch die leichte Wendung seines Kopfes, während er näher geflogen kam, als interessierte ihn der Mensch, den er dort unten sah. Etwas Herausforderndes, Eroberndes lag in seinen rauen Schreien, als er plötzlich, mit gefalteten Schwingen und den scharfen Blick mit unbeirrbarer Entschlossenheit auf sie gerichtet, direkt auf Gelis hinunterstieß.
    Sie schrie auf, duckte sich und hob schützend die Arme über den Kopf, aber vergeblich. Der pfeilschnell fliegende Rabe war schon bei ihr. Sein Schrei gellte in ihren Ohren, als sich seine Schwingen öffneten, um sie zu umfangen, als die schwarzen Federn den Himmel und die Sonnenstrahlen verdeckten, bis Gelis nur noch Dunkel um sich sah.
    »Gott!« Sie fiel auf die Knie, weil die sie umgebende Dunkelheit so undurchdringlich war, dass sie fürchtete, das Augenlicht verloren zu haben.
    »Nein, nein!«, schrie sie, als die Rufe des Vogels ihr jetzt schrill in den Ohren dröhnten. Die kalte Nässe des Seeufers drang durch ihre Röcke, und die glatten Kieselsteine rutschten ihr unter den Füßen weg.
    Nein, die ganze Welt drehte sich, wirbelte um sie herum, während der Rabe sie umarmte, sie festhielt, und seine seidige, fedrige Wärme sich wie etwas seltsam Intimes in dem Wahnsinn anfühlte, der sie ergriffen hatte.
    Gelis zitterte, ihr Körper bebte, und ihre Atem ging schnell und flach. Heilige Mutter Gottes! Die Schwingen des Raben, die sich immer fester um sie schlossen, und die bedrückende Dunkelheit schnitten ihr die Luft ab und verursachten ihr Schwindel.
    Aber dann lockerte der Vogel seine Umklammerung, und seine prächtigen Schwingen gaben Gelis so plötzlich frei, dass sie an dem ersten eisigen Atemzug, der wieder Luft in ihre Lungen brachte, fast erstickte. Sie wollte sich aufrichten, aber ihre Knie zitterten zu stark und ihre vor Kälte tauben Finger glitten kraftlos über die von glitschigen Algen bedeckten Kieselsteine.
    Das Schlimmste jedoch war, dass sie nichts sehen konnte!
    Schwärzeste Dunkelheit umgab sie.
    Dunkelheit und die unnatürliche Stille, die ihr schon vorher auf dem Burghof aufgefallen war.
    Die Stille kroch über sie wie eine kalte Hand, sodass sie eine Gänsehaut bekam, und sie erstickte alle Geräusche bis auf das Rauschen des Blutes in ihren Adern und das wilde Hämmern ihres Herzens.
    Ihre geliebten Berge waren verschwunden, der Loch Duich nur noch eine ferne Erinnerung, die scharfe, feuchte Kälte seiner schmalen Küste kaum noch wahrzunehmen in dieser allumfassenden Dunkelheit. Auch der Rabe war nicht mehr, obwohl seine atemberaubende Schönheit sie immer noch gefangen hielt.
    Sie hatte ihn nicht davonfliegen sehen.
    Sie konnte nicht mehr sehen.
    Von panischer Angst erfasst biss sie sich so hart auf die Lippen, dass sie den metallischen Geschmack von Blut auf der Zunge spürte. Obwohl ihre Beine immer noch zu wacklig für die Anstrengung waren, versuchte Gelis erneut, aufzustehen.
    »Bitte«, flehte sie, während der Albtraum, blind zu sein, ihr das Herz zusammenkrampfte. »Ich will nicht ...«
    Sie verlor das Gleichgewicht, als sie aufsprang und ihr Blick auf ein schwaches Licht im Dunkel fiel, ein schmales Band aus schimmerndem Silber, das sich langsam öffnete, um die hoch aufragende Silhouette eines Mannes freizugeben. Er war mit einem Plaid bekleidet und trug ein Schwert. Glattes blauschwarzes Haar fiel ihm bis auf die Schultern, und um den Hals trug er einen goldenen Reif mit eingravierten Runen. Er war ein Fremder, der ihr überraschend vertraut zu sein schien, denn selbst ohne ihn klar zu erkennen, wusste Gelis, dass er sie mit der gleichen Eindringlichkeit beobachtete wie zuvor der Rabe.
    Mit einem unverwandten, durchdringenden Blick, der geradewegs durch sie hindurchging, jeden Widerstand erstickte ...
    ... und ihr Herz für sich forderte.
    »Ihr!«, rief sie mit einer Stimme, die ihr nicht zu gehören schien und die kaum mehr als ein raues Flüstern war. Die Hände auf ihr Herz gelegt starrte Gelis ihn an, und ihre Augen weiteten sich, während sie
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