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Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
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sicher, ob das als Scherz gemeint war, und wusste nicht recht, was sie darauf sagen sollte. Sie hatte schon von der Tür aus laute Stimmen gehört. »Ich habe Nadel und Seidenfaden«, erklärte sie.
    Einer der anderen lachte. »Wenn man uns überfällt, werdet Ihr mehr als das brauchen. Wie gut versteht Ihr Euch auf die Auferweckung von Toten?«
    »Ich habe es nie versucht«, sagte sie so gleichmütig, wie sie konnte. » Wäre das nicht eher ein Fall für einen Priester?«

    In dem allgemeinen Gelächter, das darauf folgte, hörte sie einen Unterton von Furcht und begann auf die unterschwelligen Signale zu achten, die ihr nicht aufgefallen waren, während sie sich bemüht hatte, ein Haus zu finden und ihre Praxis zu eröffnen.
    »Was für eine Art Priester?«, fragte einer der Männer scharf. »Ein orthodoxer oder ein römischer? Auf welcher Seite steht Ihr?«
    »Auf der orthodoxen«, sagte sie ruhig. Sie hielt es für richtig, auf die Herausforderung einzugehen, denn mit Schweigen würde sie die anderen täuschen.
    »In dem Fall solltet Ihr mit mehr Nachdruck beten«, teilte er ihr mit. »Gott weiß, dass wir das brauchen werden. Nehmt einen Schluck Wein.«
    Während sie ihm ihr Glas hinhielt, spürte sie, dass ihre Hand zitterte. Rasch setzte sie es auf den Tisch. »Danke.« Als es gefüllt war, hob sie es und zwang sich zu lächeln. »Ich trinke auf Eure Gesundheit … vielleicht abgesehen von Nesselfieber oder einem leichten Hautausschlag. Ich verstehe mich darauf, das zu heilen, und es kostet nicht viel.«
    Unter allgemeinem Lachen hoben die Männer ihre Gläser.

KAPİTEL 2
    Einen nach dem anderen suchte Anna ihre Nachbarn auf, stellte sich vor, nannte ihren Beruf und teilte ihnen mit, sie habe sich auf Lungenleiden und Hautkrankheiten spezialisiert, insbesondere Verbrennungen. Dann ging sie wieder. Manche hatten bereits einen Arzt, aber das war ihr von vornherein klar gewesen.

    In den kleinen Läden nahe ihrer Wohnung erwarb sie verschiedene Haushaltsgegenstände, wobei sie darauf achtete, für ihr Geld möglichst gute Qualität zu bekommen. Auch dort stellte sie sich und ihre Fähigkeiten vor. Mit den Ladeninhabern vereinbarte sie, dass diese sie ihren anderen Kunden weiterempfehlen würden, wofür sie im Gegenzug ihren Patienten die Läden empfehlen wollte.
    Am Ende der zweiten Woche hatte sie erst zwei Patienten. Nach der gut besuchten Praxis in Nikaia, die sie von ihrem Vater übernommen hatte, war das sehr wenig. Beides waren so leichte Fälle, dass ein einfacher Kräuteraufguss genügte, um den Juckreiz zu stillen und die Hautrötung abklingen zu lassen.
    Sie bemühte sich, vor ihren beiden Dienern nicht mutlos zu erscheinen, und in der dritten Woche gab es eine Wendung zum Besseren. Sie wurde zu einem Unfall gerufen. Ein älterer Mann war auf der Straße umgerissen worden und hatte sich dabei die Beine stark aufgeschürft. Der Junge, der sie holte, beschrieb die Wunden so anschaulich, dass sie gleich wusste, welche Salben und Tinkturen sie mitnehmen musste, und auch, welche Kräuter, um den Schmerz und den Schock zu lindern. Schon nach einer halben Stunde ging es dem Mann deutlich besser, und da er am nächsten Tag vor allen, denen er begegnete, ihr Können in den höchsten Tönen pries, verdreifachte sich die Zahl ihrer Patienten in wenigen Tagen.
    Jetzt durfte sie ihr eigentliches Vorhaben nicht länger aufschieben; sie musste anfangen, Informationen einzuholen.
    Am naheliegendsten war es, damit bei Bischof Konstantinos zu beginnen, über den Ioustinianos seinen letzten Brief geschickt hatte. Er hatte den Bischof zuvor häufig erwähnt,
betont, wie treu er zum orthodoxen Glauben stehe, wie mutig er den Herrschaftsgelüsten der römischen Kirche Widerstand geleistet und welche Güte er Ioustinianos erwiesen habe, als dieser vor langer Zeit von Nikaia nach Konstantinopel gekommen war. Aus den Briefen des Bruders wusste sie auch, dass Konstantinos Eunuch war, und genau das beunruhigte sie. Sie stand inmitten der vertrauten Gerüche nach Muskat, Moschus, Nelken und Kampfer in ihrer Kräuterkammer und ballte die Fäuste. Auf keinen Fall durfte sie sich gegenüber dem Bischof verraten. Jede ihrer Bewegungen musste sitzen. Jeder noch so geringe Fehler würde seinen Argwohn wecken und ihn veranlassen, sie genau unter die Lupe zu nehmen, wobei sie mit Sicherheit auffliegen würde. Womöglich würde er sogar annehmen, sie habe ihn verspotten wollen.
    Sie fand Leo in der Küche, wo Simonis Weißbrot, frischen
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