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Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)

Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)

Titel: Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)
Autoren: Stefanie Mohr
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Als Lehrer macht man doch zwei Jahre Referendariat, nicht wahr?«
    Der Mann war von dem
Themenwechsel irritiert, nickte aber zögerlich.
    »Wo haben Sie Ihres absolviert?«
    »Was tut das denn jetzt zur
Sache?«, fragte Leichtle aufgebracht.
    »Oh, eigentlich gar nichts«, gab
Hackenholt unumwunden zu. »Wichtig ist jedoch die Tatsache, dass Herr Lochner
mehrere Jahre bei einer gewissen Margot Kreuzeder zur Untermiete gewohnt hat.
Und die ist ihrerseits Dr. Grubers Schwägerin.« Hackenholt schaute Lochner
scharf an. »Und zusammen mit der Tatsache, dass wir in der Sporttasche im
Keller nicht nur sämtliche Utensilien gefunden haben, die man in einem
Minilabor, wie Sie es vorhin so nett nannten, braucht, sondern auch noch
Blutanhaftungen an der Tasche und den darin befindlichen Kleidungsstücken
nachweisen können, die aller Wahrscheinlichkeit nach von Herrn Dr. Gruber
stammen, finde ich es schon sehr befremdlich, dass Sie ihn nicht erkannt haben
wollen. Sie müssen ihn in der Wohnung Ihrer Vermieterin doch mehrfach getroffen
haben, oder etwa nicht?«
    Lochner war bleicher als
kreidebleich geworden. »Ich … ich habe ihn zuerst wirklich nicht erkannt«,
stammelte er. Dann schloss er die Augen und stützte den Kopf in die Hände.
Schließlich begann er zu erzählen. Durch die Hände klang seine Stimme dumpf und
hohl. »Jonas kam vor knapp einem Monat zu mir. Es war ein Montagabend. Montag,
der Dreizehnte. Er hat mir gesagt, dass er schon seit ein paar Wochen von einer
Bande Jugendlicher erpresst wird und nicht mehr weiter in der Gartenlaube
Pillen produzieren kann. Er war absolut panisch, die Typen hatten ihn kopfüber
in die Regentonne getaucht. Also haben wir beschlossen, dass er das Zeug erst
mal bei mir im Keller unterstellen kann und eine Zeit lang nicht mehr in den
Schrebergarten gehen soll. Zusammen sind wir in die Kolonie gelaufen, um alles
abzuholen. Und das, obwohl es schon zu regnen begonnen hatte. Ich dachte, wir
würden es noch schaffen, bevor es richtig losschüttet. Sobald Jonas das Tor
aufgesperrt hatte, sahen wir einen Lichtschein in der Laube. Natürlich dachten
wir, die Typen wären zurückgekommen, also habe ich mir die erstbeste Stange
geschnappt, die noch in einem der überwucherten Beete steckte. So ein altes, langes, schweres Ding, mit dem man Löcher für Bohnenstangen sticht. Ich bin ins
Haus rein, und da«, Lochner schluckte, »da stand der Penner. Er war genauso
überrascht wie ich, aber er hat mich ganz komisch angeschaut. So als ob er
seinen Augen nicht trauen würde. Plötzlich hat er den Kopf geschüttelt und
gesagt: ›Das hätte ich wirklich nicht von dir gedacht, Michael. Du wolltest
doch immer Lehrer werden und es mit dem Sport zu was bringen, und jetzt
fabrizierst du in dieser Hexenküche illegal Drogen?‹ Dabei hielt er mir ein
paar Pillen hin, die er irgendwo in der Laube gefunden haben musste. Da sind
bei mir die Sicherungen durchgebrannt, und ich habe zugeschlagen.«
    Lochner machte eine Pause. »Die
Stange hatte eine viel größere Wucht, als ich dachte. Er brach zusammen und war
sofort tot. Ich wollte ihn dort liegen lassen und einfach nur Jonas’ Sachen
mitnehmen, aber der Junge wurde total hysterisch und sagte, sein Großvater
würde Schwierigkeiten bekommen, wenn man in der Laube einen erschlagenen Penner
findet. Mittlerweile regnete es so stark, dass die Chancen gut standen, draußen
niemanden mehr zu treffen. Also haben wir den Toten in den Schubkarren gelegt
und sind in den Wald gefahren, wo wir ihn im Dickicht abgeladen haben. Ich
dachte, so schnell würde ihn da keiner finden, und wenn doch, dann wäre es auch
egal, weil uns ja niemand gesehen hatte. Anschließend haben wir Jonas’ Sachen
zusammengepackt, aber es war mehr Zeug, als ich erwartet hatte, und ich mochte
bei dem Regen nicht ein zweites Mal laufen. Ich war sowieso schon von oben bis
unten dreckig und nass und wollte so schnell wie möglich duschen. Also haben
wir nur die Geräte vom Tisch mitgenommen und den ganzen Müll dort gelassen.«
    Wieder machte er eine Pause.
Nach ein paar Augenblicken sah er auf und schaute Hackenholt an. »Ich wollte
den Alten nicht umbringen. Aber als ich seine Stimme erkannte, bin ich
ausgetickt. Ich wusste, dass er seine Entdeckung nicht für sich behalten würde.
Er war früher schon immer jemand, bei dem alles und jedes korrekt sein musste.
Der hat niemanden einfach so mal krankgeschrieben. Nicht mal einen Hustensaft
bekam man von ihm, wenn es nicht unbedingt notwendig
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