Die Drachenreiter von Pern 01 - Die Welt der Drachen
Schwelgereien glauben!
Sie ließ sich von solchem Geschwätz nicht beeinflussen. Im Gegenteil, es machte sie wütend. Auch Drachenreiter waren Menschen, und in ihren Adern floß Weyrblut. Es hatte die gleiche Farbe wie normales Blut; sie wusste es, denn sie war oft genug geschlagen worden.
Einen Moment blieb sie stehen und hielt den Atem an. War das die Gefahr, die sie vor ein paar Tagen in der Morgendämmerung gespürt hatte? Die entscheidende Begegnung bei ihrem Kampf um Ruatha?
Nein, die Warnung hatte nichts mit Rache zu tun gehabt.
Der Ascheneimer schlug gegen ihre Schienbeine, als sie mit schlurfenden Schritten durch den niedrigen Korridor zum Stall ging. Fax sollte einen kalten Empfang erleben. Sie hatte kein neues Feuer im Herd entfacht. Ihr Lachen hallte dumpf von den feuchten Wänden wider. Sie stellte Schaufel und Eimer ab und öffnete mühsam die schwere Bronzetür, die zu den neuen Ställen führte.
Der erste von Fax eingesetzte Verwalter hatte sie erbauen lassen, an der Außenseite des Berges. Der Mann war klüger als alle seine Nachfolger gewesen und hatte sehr viel geleistet. Lessa bedauerte aufrichtig, dass es notwendig gewesen war, ihn umzubringen. Aber er hätte ihr Spiel durchschaut, bevor sie es lernte, sich richtig zu tarnen.
Er hätte ihre Rache vereitelt. Wie war sein Name gewesen? Sie wusste es nicht mehr.
Der zweite Mann hatte die nötige Habgier besessen, und es war ihr leicht gefallen, Missverständnisse zwischen ihm und den Handwerkern heraufzubeschwören. Die Leute, die sich allmählich an die geschickte Führung des ersten Verwalters gewöhnt hatten, hassten den neuen Mann, der nur darauf bedacht war, möglichst viel Gewinn in die eigene Tasche zu stecken, bevor Fax dahinter kam. Obendrein hatten sie immer noch nicht vergessen, auf welche Weise die rechtmäßigen Herren von Ruatha ums Leben gekommen waren.
Sie, die einst in ganz Pern berühmt gewesen waren, spielten jetzt eine untergeordnete Rolle und mussten sich eine entwürdigende Behandlung gefallen lassen. Lessa sorgte dafür, dass sich die Lage ständig verschlechterte.
Der Verwalter wurde abgelöst, und seinem Nachfolger erging es nicht besser. Man ertappte ihn dabei, dass er die besten Güter für sich abzweigte. Fax ließ ihn enthaupten, und seine Gebeine lagen immer noch in der Feuersteingrube über dem Wachtturm.
Seitdem hatte sich die ohnehin traurige Lage ständig verschlechtert. Kleine Rückschläge entwickelten sich zu Katastrophen. Dem Verwalter entglitt die Herrschaft, und er rächte sich durch Härte. So wie bei den Tuchwebern, deren Ware immer schäbiger wurde.
Und nun war Fax gekommen.
Mit Drachenreitern! Weshalb Drachenreiter?
Lessa blieb stehen, als ihr diese Frage durch den Kopf schoss, und die schwere Bronzetür schlug schmerzhaft gegen ihre Fersen.
Früher hatte Ruatha oft Drachenreiter beherbergt - aber das schien so weit in der Vergangenheit zu liegen wie die Erzählungen der Harfner. Ihre Erinnerungen waren verschwommen, seit ihr ganzes Denken um Ruatha kreiste. Sie wusste nicht einmal den Namen der Drachenkönigin oder der Weyrherrin. Hier auf der Burg wurde immer seltener von solchen Dingen gesprochen.
Vielleicht wollten die Drachenreiter die Barone dafür zur Rechenschaft ziehen, dass sie soviel Grün auf ihren Burgen wuchern ließen. Nun, auf Ruatha hatte sie dafür gesorgt, dass es nicht verbrannt wurde.
Und sie würde selbst den Drachenreitern die Stirn bieten. Wenn ganz Ruatha den Silberfäden zum Opfer fiel, so war das immer noch besser als die Abhängigkeit von Fax.
Doch gleich darauf erschrak Lessa selbst über die Ungeheuerlichkeit dieses Gedankens.
Als sie die Asche auf den Misthaufen streute, glitt ein Schatten über sie hinweg.
Sie sah auf.
Über die Klippe flog mit voll ausgespannten Schwingen ein Drache. Er drehte mühelos seine Kreise und setzte dann zur Landung an. Ein zweiter folgte ihm und ein dritter… ein ganzes Geschwader in herrlicher Formation.
Der Anblick war überwältigend.
Verspätet klang das Horn vom Wachtturm auf, und in der Küche kreischten entsetzt die Mägde.
Lessa gesellte sich zu ihnen und wurde sofort vom Koch an einen der Spülsteine gestoßen. Sie machte sich daran, die fettigen Bestecke mit Sand abzureiben.
Zwei Hunde waren an den Bratspieß gekettet und drehten ihn langsam herum. Der Koch rieb den zähen Ochsen, den man rasch geschlachtet hatte, mit Gewürzen ein und fluchte über die knappen Vorräte. Getrocknete Früchte von der letzten
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