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Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Titel: Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)
Autoren: Gesa Schwartz
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hast. Du darfst nicht erwarten, dass du es mit mir aufnehmen kannst.« Sie schwieg kurz, und ihre Stimme wurde sanfter. »Fordere nicht zu viel von dir. Dein Zweifel lässt dich schwanken.«
    Nando blieb vor ihr stehen. »Nicht er allein. Uns läuft die Zeit davon.«
    Er nahm die Geige entgegen, und als Kaya ihn mit ernster Miene ansah und Noemi wortlos die Hand ausstreckte, um seine Wunde zu heilen, wusste er, dass sie dasselbe dachten wie er. Für gewöhnlich war Katnan eine Fundgrube, wenn es darum ging, Geheimnisse zu lüften, doch abgesehen von Mythen und Legenden waren all ihre Bemühungen, eine Spur des einstigen Engelskriegers Hadros zu finden, bislang erfolglos gewesen. Er war wie vom Erdboden verschluckt, und mit ihm fehlte Nando nicht nur der Schlüssel zu den übrigen Kreisen der Hölle, sondern auch jeder Hinweis auf Bhalvris, das Schwert, das er brauchte, um den Teufel zu bezwingen.
    »Seit Tagen hockt Avartos nun schon zwischen den staubigen Büchern der Bibliothek«, stellte er fest. »Aber bisher haben seine Recherchen uns auch nicht weitergebracht.«
    Noemi schnaubte verächtlich. »Was für eine Überraschung! Er wird nichts erreichen mit seinem Hokuspokus, das habe ich von Anfang an gesagt. Und diese Arroganz! In meinen Adern fließt reinstes Engelsblut, doch ihr seid diesem Licht nicht gewachsen. So ein Unsinn!«
    Nando musste lachen. Die Magie des Lichts war eine mächtige Kraft, aber Noemi hatte noch immer nicht sonderlich viel für die Welt der Engel und ihre Geheimnisse übrig. Abgesehen davon störte es sie ganz gewaltig, dass Avartos sich bei seinen Recherchen jede Hilfe verbat.
    »Ihm scheint nicht klar zu sein, dass er momentan unsere einzige Hoffnung ist«, warf Kaya ein. »Warum sonst schließt er uns von dieser Arbeit aus? Acht Augen sehen mehr als zwei, oder etwa nicht? Selbst wenn sie nicht golden sind.«
    »Vermutlich verliert er hier unten einfach langsam den Verstand«, murmelte Noemi. »Vielleicht ist diese Stadt zu viel für das Kleinhirn eines Engels. Ist euch nicht aufgefallen, wie viel Laskantin er sich in die Venen spritzt? Das kann doch nicht gesund sein.«
    Nando war ebenfalls aufgefallen, dass Avartos, seit sie sich gemeinsam auf den Weg gemacht hatten, immer regelmäßiger zum Laskantin griff, doch er wusste auch, dass dies in den Kreisen der Engel üblich war, und er zweifelte nicht daran, dass sein Freund gute Gründe dafür hatte, die Rote Kraft zu nutzen – Gründe, die nur er kannte. »Avartos ist uns in die Schatten gefolgt«, sagte er daher. »Dieser Schritt war schwer für ihn, wir wissen alle, welchen Weg er vorher gegangen ist. Wir sollten es ihm überlassen, mit welchen Mitteln er der Dunkelheit begegnen will, die ihn nun umgibt. Vergessen wir nicht, dass er ein Engel ist. Vielleicht ist es nicht leicht für ihn, uns zu ertragen.«
    Noemi erwiderte sein Lächeln nicht. »Das gilt umgekehrt genauso.« Sie seufzte leise. »Aber selbst wenn er uns die letzten Male warten ließ und es obendrein auch noch abgestritten hat, sollten wir uns beeilen. Sonst kommen wir zu spät zum Training, und mir steht nicht der Sinn nach drei Extrarunden durch den Schlamm dieser Stadt, nur damit sich Herr Glanz und Glorie besser fühlt.«
    Sie stiegen das schäbige Treppenhaus hinauf. In dieser Stadt hatte Nando immer das Gefühl, auf die Dächer fliehen zu müssen, um dem Gestank ihrer Gassen zu entkommen. Kaum hatten sie das Haus verlassen, schlug ihnen kühlere Luft entgegen. Sie drang aus den Turbinen, die dröhnend an der Höhlendecke hingen, und unter ihnen erstreckte sich Katnan. Einst hieß sie Yryon, die Stadt der Dornen. Sie war von Engeln und Dämonen gemeinsam errichtet worden, doch seither waren die meisten der ehemals herrschaftlichen Gebäude verfallen, und zwischen den mächtigen Türmen, die früher in Schwarzem Feuer gebrannt und die Stärke der Stadt demonstriert hatten, lag ein riesiges Meer heruntergekommener Hütten aus Brettern, Wellblechen und Plastikplanen. Unweigerlich musste Nando bei diesem Anblick an die Favelas Südamerikas denken. Beharrlich waren die Hütten an den Türmen emporgeklettert, und nun sah es aus, als wären große farbige Würfel auf einen Saurierfriedhof geschüttet worden, dessen Skelette schwarz und dornenhaft zwischen ihnen aufragten.
    Ein Schwarm grüner Pelikane rauschte über ihre Köpfe hinweg, und Nando schüttelte den Kopf, als er Noemi über die Häuserdächer folgte, die so dicht zusammenstanden, dass sie von einem zum
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