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Die Biene Maja

Die Biene Maja

Titel: Die Biene Maja
Autoren: Waldemar Bonsels
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Reihen ganz neuer Bienenkrieger gegenüber, die noch kein Glied im Kampf gerührt hatten, und meist erlag er schon im ersten Ansturm ihrer Übermacht.
    Aber in die Kampfrufe mischten sich nun schon seit lange das Todesgeschrei der Sterbenden, das Jammern der Verwundeten und ein wildes, schmerzvolles Stöhnen voll Todesangst und Abschiedsweh. Die furchtbaren Stachel der Hornissen hatten in der entsetzlichsten Weise unter den Bienen gewütet. Die wälzenden Haufen der Kämpfenden im Stock ließen eine ganze Bahn von Toten zurück. Die eingeschlossenen Hornissen hatten erkannt, daß ihnen der Ausweg abgeschnitten war, und daß wohl keine von ihnen das Tageslicht wieder erblicken würde. So kämpften sie einen furchtbaren Verzweiflungskampf. Aber langsam erlagen sie doch, eine nach der anderen, denn es trat ein Umstand ein, der den Bienen sehr zugunsten kam, erschöpfte sich auch die Kraft der Riesen nicht so rasch, so erschöpfte sich doch das Gift ihrer Stachel und ihre Stiche wirkten nicht mehr tödlich. Die verwundeten Bienen wußten jetzt, daß sie sich erholen würden, das gab ihnen ein ganz neues Siegesbewußtsein, zu dem der Schmerz um ihre Toten kam, der ihnen höchste Kräfte des Zorns verlieh.
    Langsam wurde es stiller. Die lauten Zurufe der Hornissen vor dem Stock fanden keinen Widerhall mehr bei den eingedrungenen Gefährten.
    »Sie sind alle tot«, sagte die Führerin der Hornissen in grimmigem Schmerz und rief die Kämpfenden vom Tor zurück. Ihre Schar war auf die Hälfte zusammengeschmolzen. Bis zu ihnen hinaus tönte das Dröhnen des zornigen Bienenstocks.
    »Es muß Verrat vorliegen,« sagte die Führerin wieder, »die Bienen waren vorbereitet.«
    Sie hatten sich auf der Blautanne versammelt. Es war langsam immer heller geworden, und das Morgenrot vergoldete schon die Wipfel der Linden. Die Vogelrufe wurden laut, und der Tau fiel. Bleich und vor Kampfeswut zitternd standen die Krieger um ihre Führerin, die innerlich mit sich rang, ob sie ihrer Raublust oder ihrer Klugheit gehorchen sollte. Nein, sie sah ein, es ging nicht an, der ganze Stamm der Ihren war in Gefahr, aufgerieben zu werden. Und mit Widerwillen und vor beleidigtem Ehrgeiz bebend, beschloß sie, einen Boten an die Bienen zu senden, um die Eingeschlossenen zu retten.
    Sie wählte den klügsten ihrer Offiziere, den sie kannte, und rief seinen Namen.
    Ein bedrücktes Schweigen war die Antwort. Er war unter den Eingeschlossenen.
    Da wählte sie einen andern, rasch und angstvoll, plötzlich überkam sie eine Todesangst um die Ihren, die nicht zurückkehrten. Das Toben der Bienenstadt war weithin vernehmbar.
    »Eile dich!« rief sie und gab dem Friedensboten ein weißes Jasminblatt in die Hand, »sonst kommen am Ende noch die Menschen, und wir sind verloren. Sag ihnen, wir würden davonziehen und ihren Stock für immer verschonen, wenn sie die Eingeschlossenen ausliefern würden.«
    Der Bote stürzte davon, schwenkte vor dem Tor sein weißes Blatt und ließ sich am Flugbrett nieder.
    Sofort wurde der Bienenkönigin die Nachricht gebracht, es sei ein Abgesandter da, der verhandeln wollte, und die Herrscherin schickte ihm ihre Adjutanten. Als ihr die Kunde gebracht wurde, ließ sie die Antwort sagen:
    »Wir Bienen liefern die Toten aus, wenn ihr sie mit euch nehmen wollt. Gefangene sind nicht gemacht. Die Euren, die eingedrungen sind, sind alle tot. Euerm Versprechen, nicht wiederzukommen, glauben wir nicht. Ihr könnt wiederkommen, wann ihr wollt, es wird euch niemals besser gehen als heute, und wenn ihr jetzt fortkämpfen wollt, so findet ihr uns bis auf den letzten Mann bereit.«
    Die Führerin der Hornissen erbleichte, als sie diese Kunde vernahm. Mit geballten Fäusten kämpfte sie einen schweren inneren Kampf. Gar zu gern hätte sie dem Wunsch ihrer Krieger Folge geleistet, die um Rache schrien. Aber ihre Vernunft siegte.
    »Wir kommen wieder«, knirschte sie. »Wie konnte uns dies geschehen? Sind wir nicht stärker und mächtiger, als das Volk der Bienen? Noch ist mir jeder Feldzug zu unserm Ruhm geglückt. Wie soll ich nach dieser Niederlage vor unsere Königin treten?« Und wutbebend wiederholte sie: »Woran liegt das, was ist hier geschehen? Das kann nur Verrat sein.«
    Da antwortete eine ältere Hornisse, die als eine Freundin der Königin galt:
    »Wir sind wohl stärker und mächtiger, aber das Volk der Bienen ist einig und treu. Das ist eine große Macht, der niemand widerstehen kann. Keine würde ihr Volk verraten, jede dient zuerst
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