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Die Anderen - Das Erbe erwacht (German Edition)

Die Anderen - Das Erbe erwacht (German Edition)

Titel: Die Anderen - Das Erbe erwacht (German Edition)
Autoren: Chris P. Rolls
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ihn seit Tagen zermürbte. Er sehnte sich verzehrend nach Finn, seiner Nähe, seiner Stimme, seinem Lachen, seinen Augen, seiner Wärme, dem Gefühl, ihm nahe zu sein. Gleichzeitig war der Hass gewachsen, hatte dem Dämon Nahrung gegeben. Finns Attacke hatte den Dämon unvorbereitet getroffen, ihn angreifbar gemacht. Angst war kein Gefühl für einen Dämon. Die Antwort darauf war Raserei. Liebe und Hass, innerer und äußerer Schmerz machten Dave regelrecht wahnsinnig, schienen seinen Kopf, seinen Körper zu zerreißen.
    Der Dämon schrie auf, hieb mit der Faust wuchtig auf den Boden, sodass Erde und Gras hoch geschleudert wurden. Wie rasend gruben sich seine Klauen in das Erdreich. Er tobte, zerfetzte das Gestrüpp ringsum, schlug mit seinem Körper gegen die Bäume und warf sich zu Boden, wühlte sich regelrecht hinein.
    Russell war vor dem wahnsinnig erscheinenden Dämon zurückgewichen, starrte ihn nur fassungslos an. Wie gelähmt sah er der sinnlosen Zerstörung und Raserei zu. Abrupt hörte Dave auf, stand schwer atmend inmitten des Kraters.
    „Er ist mein Schicksal.“ Die Erkenntnis kam langsam, aber unaufhaltsam. Finn war sein Schicksal. Wenn er ihn nicht töten konnte, würde er von Finns Hand sterben. So oder so würde es zu einem Ende kommen.
    Heiße, quälende Sehnsucht erfasste Dave und nun wagte er es endlich, diesem Gefühl einen Namen zu geben. Liebe. Ein menschlicher Begriff, dessen wahre Tragweite er nie hatte ermessen können, dessen Macht er unterschätzt, belächelt, abgetan hatte. Bis ihn der Bann selbst getroffen hatte. Nun war er gefesselt, gefangen.
    Dave stöhnte auf. Er wollte endlich Ruhe haben vor dem Sturm dieser Verwirrungen. Die gewaltige Macht dieses Banns zog ihn unweigerlich zu ihm. Es gab nur einen Ort, an dem er sich sicher gefühlt hatte: bei Finn. Bevor er ihn verlassen, vor ihm geflohen war. Mehr als alles andere, mehr als Nahrung, wollte er Finn wieder berühren, ihn im Arm halten, küssen, seinen warmen Körper erkunden, das Schaudern fühlen, wenn er die empfindliche Haut streichelte. Er wollte das tiefe Stöhnen, die süßen Schreie vernehmen, wenn Finns Lust ihn überwältigte, sein Keuchen hören, ihn schmecken, riechen, ihn ganz um sich fühlen. Verschmolzen, vereint. Die warme Enge, das Gefühl, völlig mit ihm verbunden zu sein, die Lust, die er ihm bereitet hatte. Das wollte Dave.
    Der Dämon wollte Finns Tod. Wollte ebenso sehnsüchtig und verlangend sein Fleisch, sein Blut, seine Energie trinken. Dave konnte den Dämon nicht verdrängen, nicht besiegen, noch verleugnen, denn beides war er.
    Allerdings liebte nur Dave Finn. Der Dämon hasste ihn mit jeder Faser seines Seins. Stöhnend hielt sich Dave den Kopf.
    Er konnte nicht zum Menschen werden, konnte nicht nur Dave sein. Egal wie sehr er es sich wünschte. Er war zu sehr Dämon. Dave erinnerte sich mit schmerzendem Herzen an Finns, vor entsetzter Trauer verzerrtes Gesicht. Der Dämon erinnerte sich an das Entsetzen, den Schmerz, als Finn gegen ihn gekämpft hatte. Und an sein Unvermögen, diese hellbraunen Augen endgültig zum Verlöschen zu bringen.
    Der Dämon vermochte nicht, Finn zu töten, weil Dave ihn liebte und Dave konnte Finn nicht lieben, weil der Dämon ihn hasste, ihn tot sehen wollte.
    Dave schloss die Augen. Was für eine Vorstellung! Er würde wahnsinnig werden; ein verrückter, psychophatischer Dämon, gefangen zwischen Hass und Liebe, Bedürfnissen und Gefühlen. Ein hysterisches Lachen entkam seiner Kehle.
    Nein!
    Das war nicht das Schicksal, welches er erleiden würde, schwor sich Dave grimmig. Noch war er bei Verstand. Vorerst musste er vor allem heilen. Seine Wunden mussten sich schließen und dann ... dann würde er sich Finn stellen müssen. So oder so, es würde enden. Dave erhob sich entschlossen. Mit einem kräftigen Ruck zog er den aufkeuchenden Russell an dessen Hemd zu sich heran.
    „Verschwinde von hier, Russell. Die Jäger haben deine Spur aufgenommen. Sie werden dich töten, wenn du hier in Lüneburg bleibst.“ Dämonische Augen funkelten Russell an. „Dieser Wahnsinn hat nichts mit dir zu tun, also geh! Hau ab! Bring dich in Sicherheit!“
    Russell stockte der Atem, denn er sah es deutlich: den flackernden Wahnsinn in Daves Augen.
    „Dave ...“, begann er, doch der unterbrach ihn sofort. „Dies ist nicht deine Angelegenheit. Es ist mein Schicksal, nur meines alleine! Und wenn ich von seinen Händen sterben muss, dann wird es so sein! Hau endlich ab!“
    Die letzten Worte
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