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Der Widersacher

Der Widersacher

Titel: Der Widersacher
Autoren: Michael Connelly
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lassen«, sagte Bosch. »Dann kann uns hinterher auch niemand dumm kommen, wenn wir es als Selbstmord einstufen. Nicht der Stadtrat, nicht der Chief, nicht einmal die Presse. Ihr drei teilt also die Stockwerke unter euch auf und geht schön brav von Tür zu Tür.«
    »Die Gäste des Marmont sind lauter Nachteulen«, sagte Glanville. »Die schlafen alle noch.«
    »Umso besser. Das heißt, wir können mit ihnen reden, bevor sie das Hotel verlassen.«
    »Aha, dann dürfen also
wir
alle aus dem Bett holen«, brummte Solomon. »Und was machst
du
in der Zwischenzeit?«
    »Ich werde unten mit dem Geschäftsführer reden. Ich will eine Kopie des Gästebuchs und die Kombination des Zimmersafes. Ich werde sehen, ob sie hier Überwachungskameras haben, und danach werfe ich in der Garage einen Blick in Irvings Auto. Wer weiß, vielleicht hat er im Auto einen Abschiedsbrief hinterlassen. Ihr beide habt es euch ja noch nicht angesehen.«
    »Das hätten wir schon noch gemacht«, antwortete Glanville, spürbar in der Defensive.
    »Und ich mache es jetzt«, sagte Bosch.
    »Die Safekombination, Harry?«, fragte Chu. »Wozu das?«
    »Weil sie uns verraten könnte, ob es Irving war, der sie eingegeben hat.«
    Chu sah ihn verständnislos an. Bosch beschloss, ihm später alles zu erklären.
    »Außerdem hätte ich gern, dass du mal die Leiter draußen hochkletterst, Chu, und dich auf dem Dach umsiehst. Mach das als Erstes, bevor du Klinken putzen gehst.«
    »Alles klar.«
    »Danke.«
    Es war erfreulich, mal kein Gemaule zu hören. Bosch wandte sich wieder Fass und Kiste zu. »Und jetzt kommt der Teil, der euch beiden bestimmt ganz besonderen Spaß machen wird.«
    »Ach, wirklich?«, erwiderte Solomon. »Wer hätte das gedacht?«
    Bosch ging zur Balkontür und winkte beide zu sich. Sie gingen wieder nach draußen, und Bosch streckte den Arm aus und wies auf die Häuser auf dem gegenüberliegenden Hang. Obwohl sie sich im siebten Stock befanden, waren sie auf gleicher Höhe mit mehreren Häusern, deren Fenster sich auf das Chateau Marmont öffneten.
    »Ich möchte, dass ihr sie alle überprüft«, sagte er. »Setzt auch ein paar Streifenpolizisten dafür ein, wenn möglich. Vor allem möchte ich, dass ihr euch überall erkundigt. Vielleicht hat jemand was gesehen.«
    »Meinst du nicht, so jemand würde sich von selbst melden?«, fragte Glanville. »Wenn man jemanden von einem Balkon springen sieht, meldet man das doch.«
    Bosch schaute von den Häusern zu Glanville und wieder zurück zu den Häusern.
    »Vielleicht hat jemand ja was gesehen, bevor er gesprungen ist. Vielleicht hat ihn jemand allein hier draußen auf dem Balkon stehen sehen. Oder vielleicht war er gar nicht allein. Und vielleicht hat jemand gesehen, wie er runtergestoßen oder über die Brüstung geschoben wurde, und hat nun Angst, in die Sache hineingezogen zu werden. Zu viele Vielleichts, um die Sache einfach auf sich beruhen zu lassen, Kiste. Es muss sein.«
    »Kiste ist er. Ich bin Fass.«
    »Entschuldigung. Der Unterschied war nicht zu sehen.«
    Die Geringschätzung in Boschs Stimme war unüberhörbar.

[home]
    6
    A ls Bosch und Chu am Tatort endlich fertig waren, fuhren sie auf dem Laurel Canyon Boulevard über den Berg und ins San Fernando Valley. Unterwegs tauschten sie sich über die Ergebnisse dessen aus, was sie in den letzten zwei Stunden unternommen hatten. Sie begannen damit, dass sich bei der Befragung der Hotelgäste gezeigt hatte, dass niemand irgendetwas gehört oder gesehen hatte, was sich mit Irvings Tod in Zusammenhang bringen ließ. Das fand Bosch erstaunlich. Er war der festen Überzeugung, dass der Aufprall auf dem Gehsteig ein lautes Geräusch erzeugt haben musste, und trotzdem wollte nicht einmal das jemand im Hotel gehört haben.
    »Reine Zeitverschwendung«, sagte Chu.
    Das war es natürlich nicht, wusste Bosch. Es war sehr wohl wichtig, zu wissen, dass Irving nicht geschrien hatte, als er in die Tiefe gestürzt war. Dieser Umstand stützte die zwei Szenarien, die Van Atta erwähnt hatte: Entweder war Irving absichtlich gesprungen, oder er war bewusstlos gewesen, als er in die Tiefe gestürzt war.
    »So etwas ist nie Zeitverschwendung«, sagte Bosch. »Hat einer von euch mit den Gästen in den Bungalows am Pool gesprochen?«
    »Ich nicht. Sie liegen alle auf der anderen Seite des Hotels. Ich dachte nicht, es …«
    »Und Fass und Kiste?«
    »Ich glaube nicht.«
    Bosch zog sein Handy heraus. Er rief Solomon an.
    »Wo bist du gerade?«, fragte
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