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Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Titel: Der weite Himmel: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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großartig, da hast du verdammt recht. Montag hältst du es in deinen gierigen kleinen Pfoten. Geh mir nicht auf die Nerven, Ira«, warnte sie ihren Agenten. »Ich bringe dir das Skript, und du handelst die Verträge aus. Aber streng dich gefälligst an. Ich bin nämlich fast pleite.«
    Tess verlagerte den Hörer ein wenig und schürzte die Lippen, während sie sich aus der Brandykaraffe bediente. Sie lauschte immer noch den Versprechungen und Bitten aus Hollywood, als sie Lily und Adam am Fenster vorbeigehen sah.
    Interessant, dachte sie, an ihrem Brandy nippend. Das verhuschte Mäuschen und der edle Wilde.
    Tess hatte einige Nachforschungen angestellt, ehe sie sich auf den Weg nach Montana machte. Sie wußte, daß Adam Wolfchild der Sohn von Jack Mercys dritter und letzter Frau war. Bei der Heirat seiner Mutter mit Mercy war Adam acht Jahre alt gewesen. In seinen Adern floß größtenteils Blackfoot-Blut, aber seine Mutter hatte auch italienische Vorfahren gehabt. Dieser Mann hatte fünfundzwanzig Jahre auf der Mercy Ranch zugebracht und es nur zu einem kleinen Haus und einem Job als Pferdepfleger gebracht.
    Damit würde Tess sich nicht abspeisen lassen.
    Über Lily hatte sie nur in Erfahrung gebracht, daß sie geschieden, kinderlos und häufig von Ort zu Ort gezogen war. Vermutlich, weil ihr Mann sie als eine Art Punchingball benutzt hatte, dachte Tess und unterdrückte einen Anflug von Mitleid. Sie konnte sich keine Gefühlsregungen erlauben. Hier ging es einzig und allein ums Geschäft.
    Lilys Mutter, von Beruf Fotografin, war nach Montana gekommen, um den echten, ursprünglichen Westen zu entdekken. Dabei hatte sie dann auch Jack Mercy entdeckt – viel gebracht hatte es ihr allerdings nicht.
    Dann war da noch Willa. Bei dem Gedanken an sie kniff Tess die Lippen zusammen. Willa war diejenige, die geblieben war, diejenige, die der alte Mistkerl bei sich behalten hatte. Ihr gehörte jetzt wohl die Ranch, vermutete Tess achselzuckend.
Nun, sollte sie damit glücklich werden, sie hatte sie zweifellos verdient. Aber Tess Mercy würde Montana nicht ohne ein hübsches Stück von dem Kuchen – in bar – verlassen.
    Wenn sie aus dem Fenster schaute, konnte sie in der Ferne die endlosen öden Ebenen sehen. Ein Schauer überlief sie, und sie kehrte der Aussicht rasch den Rücken zu. Himmel, wie sie den Rodeo Drive vermißte!
    »Montag, Ira«, fauchte sie in den Hörer, da ihr das Gezeter am anderen Ende der Leitung in den Ohren dröhnte. »Punkt zwölf in deinem Büro, dann kannst du mich gleich zum Lunch ausführen.« Mit diesen Worten knallte sie den Hörer auf die Gabel, ohne sich zu verabschieden.
    Drei Tage allerhöchstens, schwor sie sich und prostete einem Elchkopf mit ihrem Brandy zu. Dann würde sie Dodge verlassen und in die Zivilisation zurückkehren.
     
    »Ich muß dich ja wohl nicht daran erinnern, daß deine Gäste unten auf dich warten, Will.« Bess Pringle stemmte die Hände in die Hüften und schlug denselben Tonfall an, den sie der zehnjährigen Willa gegenüber gebraucht hatte.
    Willa schlüpfte in ihre Jeans – Bess hielt nicht allzuviel von Privatsphäre und hatte nur flüchtig geklopft, ehe sie ins Schlafzimmer gestürmt war – und gab dieselbe Antwort, die sie mit zehn gegeben hätte: »Dann laß es doch!« Sie setzte sich, um ihre Stiefel anzuziehen.
    »Du verhältst dich ausgesprochen unhöflich.«
    »Die Arbeit erledigt sich schließlich nicht von selbst.«
    »Aber du beschäftigst genug Leute, die sich darum kümmern können, du mußt nicht ausgerechnet heute mit anpakken. Du wirst jetzt nirgendwo hingehen, heute nicht. Es gehört sich nicht.«
    Die Frage, was sich gehörte und was nicht, bildete den Grundpfeiler von Bess’ moralischem und gesellschaftlichem Sittenkodex. Sie war eine winzige, vogelähnliche Frau, die nur aus Knochen und Zähnen zu bestehen schien, obwohl sie sich mit dem Appetit eines ausgehungerten Holzfällers durch einen ganzen Berg Pfannkuchen hindurchfuttern konnte und so vernascht war wie eine Achtjährige. Sie war
achtundfünfzig Jahre alt und trug ihr flammendrotes Haar, das sie stets heimlich nachfärbte, zu einem strengen Knoten verschlungen.
    Ihre Stimme klang so rauh wie ein Reibeisen, aber ihr Gesicht war glatt wie das eines jungen Mädchens und mit den moosgrünen Augen und der geraden irischen Nase verblüffend hübsch. Sie hatte kleine, kräftige Hände, denen man ansah, daß sie zupacken konnten, und ein aufbrausendes Temperament.
    Die Hände noch
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