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Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann
Autoren: Mo Hayder
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herunter. Als er sie ergriff, einen Schritt zurücktrat und alle Kraft zusammennahm, ließ ihn etwas innehalten. Eine Gestalt war in sein Blickfeld getreten, die dem Abend in Sekundenschnelle eine andere Färbung verlieh.
    Er ließ die Planke los und sah auf.
    Von irgendeiner Ahnung angelockt, als hätte er Jacks veränderte Einstellung riechen können, war Penderecki im Garten jenseits des Bahndamms aufgetaucht. Er stand am Zaun, in Hosenträgern und die schmutzige Aertex-Weste auf dem Leib, er kaute und kratzte sich am Hinterkopf und beobachtete ihn mit blinzelnden juwelenhellen Augen.
    Jack holte tief Luft und richtete sich auf. Normalerweise wäre er weggegangen, oder, schlimmer noch, er hätte sich in das Spiel hineinziehen lassen. Aber jetzt stand er aufrecht und gelassen da und sah Penderecki offen in die Augen. Beherrscht.
    Keine Züge fuhren vorbei. Kein Geräusch war zu hören. In den Fenstern der Reihenhäuser spiegelten sich die leuchtenden Abendwolken, die über den Bäumen hinzogen. Eine Möwe, die von ihrem Kurs über der Themse abgekommen war, kreiste am Himmel und sah die beiden Männer an. Und dann flackerten Ivan Pendereckis Augen.
    Es war kaum mehr als ein Schatten, aber Jack sah es.
    Es bedeutete, daß er gewonnen hatte.
    Er lächelte. Er lächelte zögernd, und ihm wurde leicht ums Herz. Er trat einen Schritt zurück und riß mit einer einzigen Bewegung die Planke aus der Verankerung. Er trug sie zum Zaun, wartete lange genug, um sicher zu sein, daß Penderecki
immer noch hersah, und schleuderte sie vier Meter oder weiter ins Unterholz. Entlang des »Todespfades«. Des letzten Ortes, an dem er Ewan gesehen hatte.
    Die Planke landete auf dem Boden, sprang zweimal wieder auf, war kurz über den Spitzen der Grashalme und Schlüsselblumen zu sehen, drehte sich noch einmal um sich selbst und blieb, außer Sichtweite, im Gras liegen. Er wischte sich die Hände ab und sah auf.
    Gut!
    Pendereckis Gesichtsaudruck hatte sich verändert.
    Er zögerte einen Moment und klopfte mit den Fingern auf den Zaun, während er die Eidechsenaugen gesenkt hielt und seine Blicke, unbehaglich flackernd, von rechts nach links schossen. Dann schob er plötzlich die Daumen unter seine Hosenträger, spuckte auf den Bahndamm, wischte sich den Mund ab und drückte sich, ohne aufzusehen, vom Zaun ab. Er drehte sich um, sein Rücken war jetzt steif, seine Arme hingen starr zu beiden Seiten hinunter, und ging mit abgezirkelten Schritten direkt zum Haus zurück. Er schloß sorgfältig die Tür hinter sich zu.
    Auf der anderen Seite des Bahndamms wußte Jack, der zum zweiten Mal in seinem Leben einen Cut trug, daß es vorüber war. Er senkte den Kopf und stand, die Finger um den Draht gelegt, am Zaun, und sein Herzschlag beruhigte sich, während um ihn der Abend niedersank.
    Plötzlich ratterte ein Pendlerzug vorbei, der mit Angestellten aus der City besetzt war, die spät aus dem Büro nach Hause fuhren. Erstaunt sah er auf. Als wäre ein Zug das letzte gewesen, was er auf einem Bahndamm erwartete hätte. Er beugte sich vor und beobachtete den gelben Rumpf des Zuges, der in der Ferne verschwand. Als er unter der Brockley Bridge verschwunden war, sah er der kleinen schimmernden Bewegung noch lange nach, bis er nicht mehr wußte, ob er den Himmel, die Abendhitze oder eine Luftspiegelung beobachtete.
    Er ging ins Haus zurück, zog den Anzug aus, duschte sich und fuhr ins Lewisham-Krankenhaus.

DANKSAGUNG
    Mein Dank gilt allen beim AMIP Thornton Heath, vor allem Detective Superintendent D. Reeve, Detective Sergeant Porter und Detective Constable M. Little sowie Dr. Ian West von der Abteilung für forensische Pathologie am St. Thomas und Guy’s, Dr. Elizabeth Wilson und Doug Stowton vom Forensic Science Service und dem Pathologen Ed Friedlander von der University of Health Sciences, Kansas, deren professioneller Rat und deren Unterstützung das Maß ihrer Pflichten weit überstieg.
    Mein besonderer Dank gilt Detective Chief Inspector Steve Gwilliam für seine Geduld und Hilfe.
     
    Für ihre Freundschaft und ihren Glauben an mich danke ich: Jimmy Brooks, Karen Catling, Rilke D, Linda Downing, Jon Fink, Jo Goldsworthy, Jane Gregory, Dave und Deborah Head, Sue und Michael Motley, Doreen Norman, Lisanne Radice und Sam Serafy. Auch Caroline Shanks danke ich, die mir vor Jahren das Leben gerettet hat, ebenso Mairi Hitomi, die dies weiterhin tut, sowie meiner ungewöhnlichen und wunderbaren Familie; den gebildetsten und klügsten Menschen,
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