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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Barbara Goldstein
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halten konnte.
    Ungestüm schob ich ihn zur Seite, drängte an Vitelleschi vorbei und hetzte den Passetto entlang zur Engelsburg.
    Fünf, sechs, sieben Bewaffnete rannten mir entgegen, ließen mich passieren und eilten Ludovico und Cesare zu Hilfe, die Vitelleschi mit ihren Schwertern bedrohten.
    Dann hatte ich den Ausgang des Passettos erreicht, stieß die Bronzetür auf, hastete die Stufen hinab und stürmte hinaus auf den Hof.
    Wo war Alessandra?
    Mein Blick huschte nach rechts zur Wehrmauer am Tiber. Eine Kanonenkugel hatte eine Zinne getroffen, deren Trümmer nun unten auf den Pflastersteinen verstreut lagen. Ein zweites Geschoss war nur zwei Schritte weiter eingeschlagen und hatte eine breite Bresche in die Mauer gerissen.
    Befehle wurden gebrüllt. Bewaffnete eilten über den Hof. Etliche Tote und Verwundete wurden vom Wehrgang die Treppe hinunter in den Hof getragen und dort niedergelegt, damit sich ein Arzt um sie kümmerte.
    Dann sah ich sie!
    Wenige Schritte entfernt beugte sich Alessandra über einen Verwundeten und half ihm behutsam, sich hinzulegen.
    Ihr staubiges Kleid war blutüberströmt! War sie verletzt? Ich rannte los.
    »Sandra, sie haben den Beschuss eingestellt!«, rief ein Mann in Helm und Harnisch von der Mauer. Sie sah zu ihm hinauf. »Ziehen sie ab?«
    »Scheint so! Everso hat eben den Rückzug befohlen!«, erwiderte der Mann, den ich für ihren Cousin Kardinal Colonna hielt. »Wo ist Vitelleschi?«
    »Er ist ...«, begann Alessandra und blickte zum Eingang des Passettos hinüber, wo Cesare in diesem Augenblick den gefesselten Vitelleschi die Stufen zum Hof hinabstieß.
    Dann erkannte sie mich.
    »Niketas«, flüsterte sie und starrte mich an, als traue sie ihren Augen nicht.
    Mein Gott, dieser Blick! Was ging in ihr vor? Ich blieb stehen.
    Da sprang sie auf und flog in meine Arme.
    »Niketas, mein Liebster, du lebst!«, flüsterte sie mit erstickter Stimme. Sie zitterte am ganzen Körper.
    »Und du! Ich hatte solche Angst um dich!«, seufzte ich, überwältigt von der Glückseligkeit, sie wiedergefunden zu haben. Ich umarmte sie und wirbelte sie ungestüm herum.
    Wir küssten uns mit aller Leidenschaft und hielten uns aneinander fest, als fürchteten wir, erneut getrennt zu werden.
    Dann lehnte sie den Kopf an meine Schulter und weinte mit zuckenden Schultern. »Ich bin so glücklich!«, schluchzte sie.
    Cesare ballte ohnmächtig die Fäuste. Schließlich senkte er den Blick und wandte sich resigniert ab. Er hatte alles verloren: Das Herzogtum, das Vitelleschi ihm versprochen hatte. Und Alessandra, die er liebte.
    »Cesare!«
    Er blieb stehen und drehte sich zu mir um.
    »Ich würde mich freuen, wenn du Alessandra und mich nach Florenz begleitest - als Trauzeuge und als Freund.«
    Er zögerte einen Herzschlag lang. Doch dann ergriff er meine ausgestreckte Hand.
    Alessandra küsste mich und flüsterte: »Ich liebe dich!«
    Glaube. Hoffnung. Liebe.
    Die Liebe ist die größte unter diesen drei.
    Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles und hält allem stand.
    Und sie hört niemals auf.

Am selben Abend besuchten Alessandra und ich das angebliche Grab des Petrus in der Basilica di San Pietro, wo sie die Papyrusfragmente des gnostischen Evangeliums verbrannte, die ich in Tayebs Silberamulett nach Rom gebracht hatte.
    Lange betrachtete sie die Papyri in ihrer Hand.
    Alles, was sie seit ihrer Entdeckung in der versunkenen Synagoge in Alexandria erlebt hatte, das Blutvergießen, die Angst, der Hass, der Zorn und die Trauer um mich, kehrte in diesem Augenblick zurück.
    Doch sie lächelte, als sie mich im Schein der mitgebrachten Kerzen anblickte und meine Hand ergriff.
    »Jesus sprach: Selig ist der Mensch, der gelitten hat. Er hat das Leben gefunden‹«, las sie, bevor die Logien in Flammen aufgingen und der duftende Rauch ihr Geheimnis in die Finsternis verwehte.
    Und dann vernichtete sie auch das Fragment, das Jakobus den Gerechten zum Nachfolger seines Bruders machte, zum ersten Pontifex.
    Zum vergessenen Papst.

Dramatis Personae

    Die mit einem * gekennzeichneten Personen sind historisch.

    Alessandra d'Ascoli
    Tochter von Adriana Colonna und Luca d'Ascoli. Florentiner Buchhändlerin.

    Basilios Bessarion*
    (1403-1472) Metropolit von Nikaia, byzantinischer Theologe und Humanist.

    Caedmon of Canterbury
    Benediktinermönch aus Canterbury, Alessandras Sekretär.

    Cesare Orsini
    Condottiere der Kirche, Alessandras Cousin.

    Cosimo de' Medici*
    (1389-1464) Regent von Florenz und Bankier
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