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Der Vampyr

Titel: Der Vampyr
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schüttelte den Kopf.
    »Nein. So dumm bist du nicht, Hexenmeister.«
    »Was willst du damit sagen?«, fragte Andrej.
    »Ihr braucht ein Schiff«, antwortete Abu Dun.
    »Und ich habe eines.«
    »Das ist gar keine schlechte Idee«, sagte Andrej.

    »Wir könnten dich und deine Männer über Bord werfen und mit dem Schiff weiterfahren.« Abu Dun lachte.
    »Sei kein Narr. Selbst wenn ihr es könntet, wie weit würdet ihr kommen, bis ihr auf die ersten Truppen des Sultans trefft? Oder auf die Ungarn - was im Zweifelsfall keinen Unterschied für euch macht?« Er bewegte sich leicht, erstarrte aber sofort wieder, als Andrej den Druck auf die Messerklinge verstärkte.
    »Sei kein Dummkopf, Hexenmeister«, fuhr er fort.
    »Ich schlage dir ein Geschäft vor. Du zahlst mir das, was ich für die Sklaven bekommen hätte, und ich bringe dich und deine Leute sicher nach Hause. Oder zumindest so nahe heran, wie es mir möglich ist.« Beinahe hätte Andrej gelacht.
    »Wie kommst du auf die Idee, das ich dir traue?«
    »Weil du ein kluger Mann bist«, antwortete Abu Dun in einem Ton, der überzeugender klang, als es Andrej lieb war.
    »Ich mache Geschäfte. Mir ist es gleich, wofür ich mein Gold bekomme. Und hundert Passagiere sind angenehmer zu transportie-ren als hundert Sklaven, die man bewachen muss. Außerdem« fügte er mit einem Grinsen hinzu, »hast du im Moment eindeutig die besseren Argumente.« Obwohl er es nicht wollte, übten Abu Duns Worte eine gewisse Anziehungskraft auf Andrej aus. Die Frage, wie er die gut hundert zu Tode erschöpften Gefangenen eigentlich nach Hause bringen sollte, hatte ihn in den letzten Tagen beschäftigt wie keine andere, aber eine wirkliche Antwort hatte er noch nicht gefunden. Natürlich war es grotesk, auch nur mit dem Gedanken zu spielen, das er dem Piraten trauen konnte. Trotzdem fragte er:
    »Und Vater Domenicus? Er wird nicht erfreut sein, wenn er hört, das du ihn verraten hast.« Abu Dun machte ein abfälliges Geräusch:
    »Was geht mich dieser lügnerische Pfaffe an? Er hat mir eine Ladung Sklaven zum Kauf angeboten. Er hat mir nicht gesagt, das sie unter dem Schutz eines leibhaftigen Dämonen stehen. Ist es eine Lüge, einen Lügner zu belügen?«
    »Ist es klug, einem Verräter zu trauen?«, gab Andrej zurück.
    »Ich bin kein Verräter«, antwortete Abu Dun.
    »Ich mache Geschäfte. Aber ich verstehe, das du mir misstraust.
    Ich an deiner Stelle täte es wohl auch. Gut. Dann werde ich dir den Beweis meiner Ehrlichkeit liefern. Sieh zum Bug.« Andrej gehorchte - und sein Herz machte einen erschrockenen Satz in seiner Brust.
    Vor der kurzen Rammspitze des Schiffes waren zwei von Abu Duns Kriegern aufgetaucht, die eine dritte, wesentlich kleinere Gestalt zwischen sich hielten. Es war Frederic.
    »Großer Gott«, murmelte er.
    »Der wird dir jetzt wohl auch nicht mehr helfen«, sagte Abu Dun ruhig.
    »Spielst du Schach, Hexenmeister?« Andrej antwortete nicht, sondern starrte Frederic aus ungläubig aufgerissenen Augen an. Der junge hing schlaff in den Armen eines der Piraten. Er schien be-wußtlos zu sein. Der zweite Pirat hatte seinen Krummsäbel mit beiden Händen ergriffen und suchte mit gespreizten Beinen nach festem Stand; wohl um Frederic mit einem einzigen Hieb zu enthaupten was selbst für einen Deläny den sicheren Tod bedeuten würde. Andrej fragte sich, ob es Zufall war oder Abu Dun ihm die ganze Zeit etwas vorgemacht hatte und er sehr viel mehr über sie wußte, als er zugab.
    »Tätest du es«, fuhr Abu Dun fort, »wüsstest du, das man eine solche Situation ein Patt nennt. Unangenehm, nicht? Wenn du mich tötest, töten sie ihn und wenn sie ihn töten, tötest du mich. jetzt ist die Frage nur, wessen Leben mehr wert ist. Das des jungen oder meines.« Andrejs Gedanken überschlugen sich. Er kannte die Antwort auf Abu Duns Frage. Im Zweifelsfall würden seine Männer vermutlich wenig Rücksicht auf sein Leben nehmen. So etwas wie Piratenehre gab es nur in Legenden. Aber wenn er nachgab, bedeutete das ihrer beider sicheren Tod. Er wußte nicht, was er tun sollte.
    »Ich will es dir leicht machen«, sagte Abu Dun.
    »Lasst den jungen los!« Den letzten Satz hatte er laut gerufen und er bediente sich wohl absichtlich Andrejs Sprache, damit er ihn verstand. Die beiden Männer, die Frederic gepackt hatten, reagierten nicht sofort. Auf ihren Gesichtern erschien ein unwilliger Ausdruck.
    »Ihr sollt ihn loslassen oder ich lasse euch bei lebendigem Leib die Haut abziehen!«,
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