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Der Trotzkopf

Der Trotzkopf

Titel: Der Trotzkopf
Autoren: Emmy von Rhoden
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in ihm auf. Er fand den Gedanken, sie in eine Pension zu geben, heute weniger schrecklich, als gestern. Sie hatte ihm soeben den Beweis gegeben, daß sie auch ihm Widerstand entgegensetzte. Freilich mußte er sich gestehen, daß er durch seine Nachgiebigkeit denselben in ihr groß gezogen hatte. 
    Er ging in das Speisezimmer und trat von dort auf die Veranda, die weinumrankt sich an der Vorderseite des Hauses entlang zog. Seine Frau erwartete ihn dort am gedeckten Frühstückstische. 
    Ganz gegen seine Gewohnheit war er still und einsilbig. »Hattest du Unannehmlichkeiten?« fragte Frau Anne und reichte ihm den Kaffee. 
    »Nein,« entgegnete er, »das nicht.« Er hielt einen Augenblick inne, als ob es ihm schwer würde, weiter zu sprechen, dann fuhr er fort: »Ich möchte dir eine Mitteilung machen, oder richtiger gesagt, dir meinen Entschluß wegen unsres gestrigen Gespräches verkünden. Zum 1. Juli soll Ilse in die Pension.« 
    »Du scherzest,« sagte Anne und sah ihn fragend an. 
    »Es ist mein Ernst,« erwiderte er. »Wirst du im stande sein, bis zu dem Termine alles zu Ilses Abreise einrichten zu können? Wir haben heute den 12. Juni.« 
    »Ja, das würde ich können, lieber Richard; aber verzeihe, mir kommt dein Entschluß etwas übereilt vor. Wird er dich nicht gereuen? Laß Ilse die schönen Sommermonate noch ihre Freiheit genießen und gieb sie erst zum Herbste fort. Der Abschied von der Heimat wird ihr dann weniger schwer werden.« 
    »Nein, keine Aenderung,« sagte er, bei einem längeren Hinausschieben seinen Wankelmut fürchtend, »es bleibt dabei – zum 1. Juli wird sie angemeldet.« 
    Nach einigen Stunden kehrte Ilse wohlgemut mit erhitzten Wangen und über und über mit Heu bestreut zum zweiten Frühstücke zurück. Wie sie war, ohne den Anzug zu wechseln, trat sie höchst vergnügt auf die Veranda. 
    »Da bin ich,« rief sie. »Bin ich lange geblieben? Ich sage dir, Papa, das Heu ist kostbar! Nicht einen Tropfen Regen hat es bekommen. Du wirst deine Freude daran haben. Der Hofmeister meint, so gut hätten wir es seit Jahren nicht gehabt.« 
    »Laß das Heu jetzt, Ilse,« entgegnete Herr Macket, »und höre zu, was ich dir sagen werde.« 
    Er sagte es ziemlich ernst, es wurde ihm nicht leicht, von seinem Plane zu sprechen – sie war so ahnungslos, ja sie nahm gar keine Notiz von seiner Stimmung. Ihr Augenmerk war auf den wohlbesetzten Frühstückstisch gerichtet, sie war sehr hungrig von der Fahrt. 
    »Soll ich dir Frühstück schneiden?« fragte Frau Anne freundlich, aber Ilse lehnte es ab. 
    »Ich will es schon selbst thun,« sagte sie, nahm das Messer und schnitt sich ein tüchtiges Stück Schwarzbrot ab. Die Butter strich sie fast fingerdick darauf. Nachdem sie ein dickes Stück Wurst zugelangt hatte, fing sie an, wohlgemut zu essen. Bald von dem Brote, bald von der Wurst, die sie in der Hand hielt, einen Bissen nehmend. Höchst ungeniert lehnte sie dabei hintenüber in einem Sessel und schlug die Füße übereinander. Es schmeckte ihr köstlich. 
    »Ich denke, du wolltest mir etwas sagen, Papachen!« rief sie mit vollem Munde, »nun schieß los, ich bin ordentlich neugierig darauf.« 
    Er zögerte etwas mit der Antwort, noch war es Zeit, noch konnte er seinen Entschluß zurücknehmen – einen Augenblick überlegte er und es fehlte nicht viel, so hätte er es wirklich gethan, aber die Schwäche ging vorüber und so ruhig wie es ihm möglich war, teilte er Ilse seinen Beschluß mit. 
    Wenn er erwartet hatte, daß sie sich stürmisch widersetzen würde, so hatte er geirrt. Zwar blieb ihr buchstäblich der Bissen im Munde stecken vor Ueberraschung und Schreck, aber ihr Auge flog zur Mutter hinüber und sie unterdrückte den Sturm, der in ihr tobte. Um keinen Preis sollte diese erfahren, wie furchtbar es ihr war, die Heimat, den Vater vor allem, zu verlassen, sie, die doch sicherlich nur allein die Anstifterin dieses Planes war, denn der Papa – nein! Nimmermehr würde er sie von sich gegeben haben! 
    »Nun, du schweigst?« fragte Herr Macket, »du hast vielleicht selbst schon die Notwendigkeit eingesehen, daß du noch tüchtig lernen mußt, mein Kind, denn mit deinen Kenntnissen hapert es noch überall, nicht wahr?« 
    »Gar nichts habe ich eingesehen!« platzte Ilse heraus, »du selbst hast mir ja oft genug gesagt, ein Mädchen brauche nicht so viel zu lernen, das allzu viele Studieren mache es erst recht dumm! Ja, das hast du gesagt, Papa, und nun sprichst du mit einemmal
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