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Der Seewolf

Der Seewolf

Titel: Der Seewolf
Autoren: Jack London
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auch sehr eigener Prägung. Er war bis kurz vor seinem Tod Mitglied der Socialist Party der Vereinigten Staaten und hatte sich 1901 für diese Partei erfolglos um das Amt des Bürgermeisters von Oakland beworben. Sein literarisches Werk wurde international erfolgreich und in zahlreiche Sprachen übersetzt.

JACK LONDON
     
     
     
    DER SEEWOLF
     
     
     
     
     
    Abenteuer roman
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Ueberreuter
     
     
     
    Scan, Korrektur, Satz und Epub by
    MIR

Zembsch' Werkstatt, München, unter Verwendung einer Illustration von Marek Zawadzki
    Gesetzt nach der neuen Rechtschreibung
    Titel der Originalausgabe »The Sea Wolf«
    Neu bearbeitet von Barbara Dieck
    Copyright © 2002 by Verlag Carl Ueberreuter, Wien
    Druck: Ueberreuter
     
    ISBN 3-8000-2978-2
     

Es war ein Montagmorgen im Januar. Ich hatte das Wochenende bei einem Freund verbracht und befand mich auf der Rückreise durch die Bucht von San Francisco.
    Die Dampffähre Martinez war noch ganz neu, legte erst zum vierten oder fünften Mal die Strecke zwischen Sausalito und San Francisco zurück. Dichter Nebel zog über die Bucht. Ich stand auf dem Oberdeck unterhalb des Lotsenhauses und hing meinen Gedanken nach. Obwohl ich mich allein an Deck draußen in der feuchten Undurchdringlichkeit befand, spürte ich dennoch die Gegenwart des Lotsen und des Kapitäns in dem gläsernen Aufbau.
    Gut, dass es Spezialisten gab, dachte ich. So war es mir möglich, meinen Freund zu besuchen, ohne selbst eine Ahnung von Nebel, Wind, Gezeiten und Navigation zu haben. Stattdessen konnte ich mich mit amerikanischer Literatur befassen und Essays für den »Atlantic« schreiben. Ein behäbiger Mitreisender, so hatte ich erfreut bemerkt, las einen meiner Essays, während er sich sicher über die Bucht schippern ließ.
    Ich wurde jäh aus meinen Gedanken gerissen, als ein rotgesichtiger Matrose die Kajütentür hinter sich zuschmiss und über das Deck gestapft kam. »Bei diesem scheußlichen Wetter wachsen einem ja vorzeitig graue Haare!«, schimpfte er und nickte zum Lotsenhaus hin.
    »Gibt es irgendwelche Probleme?«, fragte ich. »Es scheint doch alles ganz einfach zu sein: Der Kompass gibt die Richtung an und die Entfernung und Geschwindigkeit sind bekannt. Nichts weiter als eine Rechenaufgabe.«
    »Probleme!«, schnauzte er, »Rechenaufgabe! Und wie steht's mit Ebbe und Flut hier in der Golden Gate Bucht? Und die Strömung - was ist mit der, he? Horchen Sie mal: eine Glockenboje ... wir halten genau auf sie zu. - Sehen Sie, sie ändern den Kurs!« Aus dem Nebel ertönte der traurige Schlag einer Glocke und der Lotse drehte hastig am Steuerrad. Jetzt erklang die Glocke nicht mehr voraus, sondern querab. Unser eigenes Nebelhorn gellte heiser.
    »Das ist irgendein Fährboot«, meinte der Matrose zu einem Warnsignal von rechts. »Und das? - Haben Sie das eben gehört? Von Hand geblasen! Vermutlich ein Leichter. Kann der Kerl nicht aufpassen? Jetzt haben wir den Schlamassel!« Das unsichtbare Fährboot gab ein Signal nach dem anderen, während das mundgeblasene Horn wild tutete. Dann erklang ein schrilles, irrsinniges Dröhnen unmittelbar vor uns und zum Anfassen nahe. Auf der Martinez schlug ein Gong. Unsere Schaufelräder stoppten, ihr Pulsschlag verebbte, dann griffen sie wieder. Der schrille Pfeifton drang jetzt eher von querab durch den Nebel und wurde allmählich schwächer, doch unsere Erleichterung hielt nicht lange an.
    »Hallo, da kommt uns jemand in die Quere«, rief mein Gefährte, »und zwar ziemlich schnell! Hört uns wohl nicht, weil der Wind uns entgegenbläst.« »Eine Fähre?«, fragte ich.
    Er nickte. »Da drinnen kriegen sie's schon mit der Angst zu tun.« Der Kapitän hatte Kopf und Schultern ins Freie geschoben und versuchte mit seinen Blicken den Nebel zu durchdringen. Auch mein Gefährte starrte besorgt der unsichtbaren Gefahr entgegen. Dann ging alles sehr schnell. Der Nebel teilte sich und der Bug eines Dampfschiffes tauchte auf. Ich konnte dessen Lotsenhaus erkennen, aus dem ein Mann lehnte. Er trug einen weißen Bart und eine blaue Uniform und wirkte beängstigend kühl und gefasst. Als ob er den genauen Zeitpunkt des Zusammenpralls abschätzen wollte, musterte er uns völlig ruhig und blieb unbeeindruckt von dem wütenden Geschrei unseres Lotsen.
    »Halten Sie sich irgendwo fest!«, brüllte der Matrose mir zu. Doch die beiden Schiffe stießen zusammen, bevor ich seinem Rat folgen konnte. Wir mussten mittschiffs getroffen worden
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