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Der schüchterne Junggeselle

Der schüchterne Junggeselle

Titel: Der schüchterne Junggeselle
Autoren: P. G. Wodehouse
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›Hm‹«, wiederholte Mrs. Waddingtons Stimme.
    »Warum?«
    »Was weiß ich? Ich glaube, er hat getrunken.«
    »Lassen Sie mich mit dem Mann reden«, sagte Lord Hunstanton.
    Eine kleine Pause folgte. Dann übernahm eine männliche Stimme Thisbes Rolle.
    »Hi!«
    »Sir?« fragte Ferris.
    »Sie da draußen, na, wie heißen Sie denn nur …«
    »Ich heiße – seit jeher – Ferris, Sir.«
    »Also, Ferris, hören Sie mir zu und nehmen Sie zur Kenntnis, daß ich nicht der Mann bin, mir irgendwelchen dummen Blödsinn oder so etwas gefallen zu lassen. Warum haben Sie auf die Bitte dieser guten, lieben Dame, uns hinauszulassen, ›Hm‹ gesagt? Antworten Sie – ja oder nein.«
    Der Hausmeister stellte sich wieder auf die Zehenspitzen. »Dieser Ausruf sollte Zweifel zum Ausdruck bringen, Euer Lordschaft.«
    »Zweifel? Worüber?«
    »Ob ich einen Weg zu Ihrer Befreiung finden kann, Euer Lordschaft.«
    »Seien Sie kein dummer Idiot. So finster ist es gar nicht.«
    »Ich wollte damit auf die schwierige Lage hinweisen, in der ich mich befinde, Euer Lordschaft.«
    »Was sagt er?« fragte die Stimme Mrs. Waddingtons.
    »Etwas von seiner schwierigen Lage.«
    »Warum ist er in einer schwierigen Lage?«
    »Ja, wenn ich das wüßte.«
    »Lassen Sie mich mit ihm reden.«
    Ferris konnte ein scharrendes Geräusch hören, dann einen schweren Fall und einen Jammerschrei.
    »Ich habe mir ja gleich gedacht, daß der Stuhl zerbricht, wenn Sie sich darauf stellen«, sagte Lord Hunstanton. »Ich hätte zu gern eine kleine Wette gemacht, daß der Stuhl zusammenbricht, wenn Sie sich darauf stellen.«
    »Rollen Sie das Bett unter das Fenster«, erwiderte die unbeugsame Frau neben ihm.
    »Ferris!«
    »Madame?«
    »Was wollen Sie sagen? Warum sind Sie in einer eigentümlichen Situation?«
    »Weil ich Ersatz bin, Madame.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich vertrete das Gesetz, Madame.«
    »Was?« fragte Lord Hunstanton.
    »Das Gesetz«, sagte Mrs. Waddington. »Er sagt, er vertritt das Gesetz.«
    »Lassen Sie mich mit dem Burschen reden!«
    Es folgte wieder eine kleine Pause, die der Hausmeister dazu benutzte, seine schmerzenden Knöchel zu reiben.
    »Hi!«
    »Euer Lordschaft?«
    »Was soll der ganze Blödsinn von Gesetz und Vertreten?«
    »Der Polizist, der hier war, hat mich beauftragt, Euer Lordschaft und Mrs. Waddington zu bewachen und eine Flucht zu verhindern.«
    »Aber Ferris, seien Sie doch nicht noch dümmer, als Sie sein müssen. Nehmen Sie sich zusammen und gebrauchen Sie Ihren Verstand. Sie glauben doch nicht, daß Mrs. Waddington und ich etwas Unrechtes getan haben?«
    »Darüber Überlegungen anzustellen, kommt mir nicht zu, Euer Lordschaft.«
    »Hören Sie, Ferris. Kommen wir auf die praktische Seite der Sache. Wenn der alte Geist der Treue nicht ganz ausgestorben wäre, würden Sie eine solche Kleinigkeit, wie uns herauszulassen, aus purer Freude am Dienst machen, wenn Sie mich verstehen können. Aber da wir nun einmal im Jahrhundert des Geschäfts leben, was kostet die Sache?«
    »Wollen Euer Lordschaft mir damit vorschlagen, daß ich mich bestechen lassen soll? Soll das heißen, daß ich für schnödes Geld das in mich gesetzte Vertrauen enttäuschen soll?«
    »Ja. Wieviel?«
    »Wieviel haben Euer Lordschaft bei sich?«
    »Was sagt er?« fragte Mrs. Waddington.
    »Er fragt, wieviel wir bei uns haben.«
    »Was denn, wieviel?«
    »Geld.«
    »Er will uns Geld abnehmen?«
    »Es scheint so.«
    »Lassen Sie mich mit ihm reden.«
    Mrs. Waddington kam zum Fenster.
    »Ferris.«
    »Madame?«
    »Sie sollten sich schämen.«
    »Jawohl, Madame.«
    »Ihr Benehmen überrascht und empört mich.«
    »Sehr wohl, Madame.«
    »Sie sind von diesem Augenblick an nicht mehr in meinen Diensten.«
    »Wie es Ihnen beliebt, Madame.«
    Mrs. Waddington zog sich zu einer kurzen Beratung mit ihrem Unglücksgefährten zurück.
    »Ferris«, sagte sie, als sie wieder zum Fenster kam.
    »Madame?«
    »Da ist das ganze Geld, das wir da haben – zweihundertfünfzehn Dollar.«
    »Das wird reichlich genügen, Madame.«
    »Dann machen Sie gefälligst rasch und sperren Sie die Tür auf.«
    »Sehr wohl, Madame.«
    Mrs. Waddington wartete wutschnaubend. Die Sekunden verstrichen.
    »Madame.«
    »Na, was ist denn jetzt?«
    »Ich muß Sie zu meinem Bedauern darauf aufmerksam machen«, sagte Ferris respektvoll, »daß der Polizist den Schlüssel mitgenommen hat.«

ACHTZEHNTES KAPITEL
    Es hatte einige Zeit gedauert, bis George Verbindung mit Hempstead bekam, und dann
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