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Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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lag.
    Hatte es den Gürtel eines draufgängerischen spanischen Kapitäns mit spitzenbesetztem Hemd geziert? Hatte er damit Piraten getötet oder es nur aus Eitelkeit getragen? Vielleicht hielt er es mit seiner Hand umklammert, als Wind und Wellen sein Schiff hin und her warfen.
    Und seither hatte niemand mehr sein Gewicht gespürt.
    Sie blickte auf und stellte fest, dass Matthew sie vom Steuerhaus aus beobachtete. Verlegen zog Tate ihre Hand zurück und nahm betont lässig einen Schluck Pepsi.
    »Wir haben auch ein Schwert zu Hause«, sagte sie ruhig. »Sechzehntes Jahrhundert.«
    Dass sie ebenfalls nur den Griff gefunden hatten und dieser obendrein zerbrochen war, behielt sie für sich.
    »Freut mich für euch.« Matthew nahm den Schwertgriff und ließ sich damit auf dem Deck nieder. Seine spontane Einladung bereute er bereits. Es half ihm wenig, sich klar zu machen, dass sie noch sehr jung war. Jedenfalls nicht angesichts des nassen T-Shirts, das jetzt an ihrem Körper klebte, und der glatten, sonnengebräunten Beine, die unglaublich lang wirkten. Und ihre Stimme – halb Whiskey, halb Limonade  – passte nicht zu einem Kind, sondern zu einer erwachsenen Frau.
    Tate zog die Stirn kraus und beobachtete, wie er geduldig den Rost entfernte. So viel Feingefühl hätte sie diesen vernarbten, rauen Händen gar nicht zugetraut.
    »Warum sucht ihr Partner?«
    Er blickte nicht auf. »Ich habe nie behauptet, dass ich einen Partner suche.«
    »Aber dein Onkel –«
    »So ist Buck nun mal.« Matthew zuckte mit den Schultern. »Er kümmert sich ums Geschäft.«
    Tate stützte ihre Ellenbogen auf den Knien ab und legte ihr Kinn auf die Handballen. »Und worum kümmerst du dich?«
    Er blickte hoch, und während seine Hände geduldig weiterarbeiteten, trafen sich ihre Blicke. »Um die Jagd.«
    Das verstand sie nur zu gut. Sie lächelte ihm zu und hatte das Schwert zwischen ihnen offenbar vergessen. »Es ist toll, nicht wahr? Zu überlegen, was dort unten wohl liegt und dass man es entdecken könnte! Wo hast du die Münze gefunden?« Angesichts seines verwirrten Gesichtsausdrucks berührte sie die Silberscheibe an seiner Brust. »Den Peso.«
    »Bei meinem ersten großen Fund«, erzählte er und wünschte, sie würde nicht so verdammt attraktiv und freundlich aussehen. »In Kalifornien. Dort haben wir eine
Weile gelebt. Und du? Warum tauchst du hier, anstatt den Collegejungs den Kopf zu verdrehen?«
    Tate warf den Kopf zurück und gab sich ganz cool. »Jungs sind langweilig«, erklärte sie, glitt von dem Eimer und ließ sich ihm gegenüber auf dem Deck nieder. »Ich stehe auf Herausforderungen.«
    Das Zucken in seinem Magen warnte ihn. »Vorsicht, kleines Mädchen«, murmelte er.
    »Ich bin zwanzig«, verkündete sie mit kühlem Stolz. Zumindest würde sie das gegen Ende des Sommers sein. »Warum lebst du hier draußen und tauchst nach Schätzen, anstatt dir deinen Lebensunterhalt zu verdienen?«
    Jetzt grinste er. »Weil ich gut bin. Wenn du besser wärst als ich, gehörte das Schwert jetzt dir und nicht mir.«
    Anstatt seine Bemerkung einer Antwort zu würdigen, nahm sie noch einen Schluck Pepsi. »Warum ist dein Vater nicht hier? Taucht er nicht mehr?«
    »Könnte man sagen. Er ist tot.«
    »Oh, das tut mir leid.«
    »Seit neun Jahren«, fuhr Matthew fort und säuberte dabei weiter das Schwert. »Wir tauchten gerade vor der australischen Küste.«
    »Ein Unfall?«
    »Nein. Er war zu gut, um zu verunglücken.« Er nahm die Dose, die sie abgestellt hatte, und trank ebenfalls einen Schluck. »Er wurde ermordet.«
    Tate brauchte einen Augenblick, um zu reagieren. Matthew hatte so beiläufig gesprochen, dass sie die Bedeutung seiner Worte nicht gleich registrierte. »Mein Gott, wie –«
    »Ich kann es nicht beweisen.« Er wusste nicht, warum er ihr überhaupt davon erzählte. »Er ging lebend runter, wir holten ihn tot herauf. Gib mir das Tuch dort.«
    »Aber –«
    »Das ist alles«, sagte er und griff selbst nach dem Stück Stoff. »Es bringt nichts, über die Vergangenheit zu grübeln.«
    Tate spürte den Impuls, ihre Hand auf seine zu legen, fürchtete jedoch ernsthaft, dass er sie ihr am Gelenk abbeißen würde. »Aus dem Mund eines Wracktauchers klingt diese Bemerkung ziemlich seltsam.«
    »Kleine, es geht darum, was man heute damit verdienen kann. Und das hier macht keinen üblen Eindruck.«
    Verwirrt blickte Tate auf den Griff. Während Matthew weiter polierte, begann das Fundstück langsam zu glänzen. »Ich glaube,
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